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Rödermark: Kopftraining mit Luftballons

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Bei den jüngeren Jugendfußballern, wie hier beim KSV Urberach in einem Spiel gegen Altheim, fliegt der Ball nur noch selten auf Kopfhöhe.
Rödermark: Bei den jüngeren Jugendfußballern, wie hier beim KSV Urberach in einem Spiel gegen Altheim, fliegt der Ball nur noch selten auf Kopfhöhe. © Sascha Eyssen

Der Kopfball ist im Fußball mittlerweile ein sensibles Thema. Studien sehen einen Zusammenhang zwischen sich häufig wiederholenden Kopfverletzungen und einem erhöhten Risiko, an Demenz zu erkranken. Dass Nachwuchskicker ans Pendel geschickt werden, um den richtigen Kopfstoß zu erlernen, gilt als nicht mehr zeitgemäß. Rödermarks Fußballvereine lassen speziell in den jüngeren Jahrgängen Vorsicht walten.

Rödermark - „Ja natürlich gab es bei mir noch das klassische Kopfballtraining am Pendel“, erinnert sich Thorsten Mlotek, Jugendleiter bei Germania Ober-Roden, an seine Anfänge in der Jugend der TSG Wattenbach. Der aufgehängte Ball habe zum Training gehört. Wenn auch nur für eine Viertelstunde und auch nicht in jeder Einheit.

Bei der Germania und den vier anderen Rödermärker Fußballvereinen hat das Pendel jedenfalls ausgedient. In den jüngeren Jahrgängen ist der Kopfball kein großes Thema, berichtet Thorsten Mlotek für seinen Club. Auch deshalb, weil der Verband mittlerweile auf spezielle Spielformen setzt, die Kopfballsituationen verhindern.

Die G-Junioren, das sind die Jüngsten bis sechs Jahre, spielen nicht mehr auf zwei größere Tore, sondern Drei gegen Drei auf vier Minitore. Torhüter gibt es beim sogenannten Funino, das aus dem englischen „Fun“ (Spaß) und dem spanischen „Niño“ (Kind) zusammengesetzt ist, auch keine. Die kleinen Spielfelder und die Mini-Tore sollen dazu beitragen, dass der Ball flach gehalten wird. Lange Bälle und Flanken – klassische Aktionen, auf die Kopfbälle folgen – spielen dann erst im höheren Jugendbereich eine Rolle. Thorsten Mlotek sieht Funino, das bald auf die F- und E-Jugend ausgeweitet werden soll, positiv.

Bastian Neumann trainiert die erste Mannschaft der Turnerschaft Ober-Roden und ist auch sportlicher Leiter. Er ist maßgeblich an der Erarbeitung eines neuen Jugendkonzeptes beteiligt. Das widmet sich auch dem Kopfballtraining. Empfohlen wird unter anderem, nicht zu früh mit Kopfballübungen anzufangen und bei den Jüngeren Stoffbälle oder gar Luftballons zu nutzen und nur wenige Wiederholungen zu machen.

Trotz aller Vorsicht sei ein möglichst schonendes Erlernen des Kopfballs wichtig, sagt Neumann. Schließlich werde das spätestens in den älteren Jahrgängen gebraucht. Weil es eben ein solch sensibles Thema ist, sei das Kopfballspiel generell „eine extrem vernachlässigte Technik“ im Jugendbereich, hat der Trainer festgestellt. Da bestehe dann selbst in der Verbandsliga bei einigen Spielern Nachholbedarf.

Bastian Neumann findet es gut, dass die Jüngeren Funino spielen. Sogar mit der ersten Mannschaft hat er es schon einmal zum und mit Spaß ausprobiert.

Emil Husser, der die erste Mannschaft und auch die C-Jugend des KSV Urberach trainiert, gibt dagegen zu, dass er kein Anhänger der neuen Spielform ist. „Wenn ich ehrlich bin, dann finde ich das nicht so toll.“ Der „ganz normale Fußball“ mit zwei Toren und Torhütern ist ihm dann doch lieber. Sonst kämen die Spieler irgendwann in die höheren Jugendteams und würden sich nicht zurechtfinden, befürchtet Husser.

Der FC Viktoria Urberach habe das Kopfballpendel vor etwa 15 Jahren abgeschafft, berichtet Jugendleiter Salvatore Sangiorgio. Unterhalb der D-Junioren werden keine Kopfbälle trainiert, danach gehe es in dosierter Form los. Auch bei der Viktoria greift man manchmal auf Stoffbälle zurück. Da es Kopfbälle im höheren Jugend- und Erwachsenenbereich immer geben wird, ist es wichtig, trotz aller Vorsicht die richtige Haltung, Körperspannung und den richtigen Treffpunkt des Balles mit der Stirn zu schulen.

Funino werde im Verein manchmal kontrovers diskutiert, so Salvatore Sangiorgio. Er persönlich mag die neue Spielform und blickt der wahrscheinlichen Einführung auch bei F- und E-Junioren mit Spannung entgegen.

Harald Gerlach, der bei der Turngemeinde Ober-Roden die jüngsten Fußballer trainiert und Funino gut findet, weil die Kinder öfter am Ball sind, hat ebenfalls keine Kopfballübungen im Programm. Damit wird erst in den älteren Jahrgängen begonnen. Das „Kopfballpendel Marke Eigenbau“, wie sich Gerlach schmunzelnd erinnert, sei jedenfalls nicht mehr im Dienst – anders als zu seiner aktiven Zeit.

Denn Harald Gerlach spielte nicht nur in Ober-Roden. Da sein Vater gute Kontakte zu Kickers Offenbach hatte, durfte er in jungen Jahren auch regelmäßig beim OFC unter Vereinslegende Hermann Nuber trainieren. Der schickte seine Schützlinge zwar auch regelmäßig ans Kopfballpendel. Deutlich stärker eingeprägt hat sich bei Gerlach aber das Konditionstraining beim „Eisernen Hermann“, das unter anderem auch Rudi Völler „genoss“. Da sei das Kopfballpendel im Vergleich die reinste Erholung gewesen. (Sascha Eyßen)

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