Rödermark: Kreuz und Kerze aus zweiter Hand

Es wird ernst: St. Nazarius-Pfarrer Elmar Jung räumt auf und aus! Wenige Wochen vor seinem letzten Arbeitstag in Rödermark, ehe er in den Unruhestand nach Langen geht, versucht der Geistliche mit einem großen Flohmarkt all das, was er nicht mitnehmen kann, zu Geld zu machen.
Rödermark - Nicht etwa für sich, und ausnahmsweise auch nicht für das renovierungsbedürftige Kirchendach oder sein Indien-Hilfswerk. Er möchte möglichst viel Geld sammeln für die Hochwasseropfer in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. „Diese Katastrophe ist so groß, dass wir etwas tun müssen. Und zwar nicht nur in den sensationsreifen ersten Tagen und Wochen, sondern auf lange Zeit“, sagt Elmar Jung. Drum ist sein „Flohmarkt für die Flutopfer“ im Forum St. Nazarius auch den ganzen August über offen. Kontakte will er mit dem Caritasverband Trier aufnehmen, der Projekte organisiert – „gegen das Vergessen“. Das wird bei den Menschen in den Hochwasser-Regionen so schnell nicht passieren, der Rest der Republik geht bestimmt bald wieder in den normalen Trott. Doch der Wiederaufbau wird sich über Jahre hinziehen.
Was jetzt im Gemeindezentrum auf langen Tischreihen angeboten wird und ohne festen Preis gegen eine Spende mitgenommen werden kann, ist so bunt wie ein Kaleidoskop: Das Sortiment reicht vom noch verpackten Puzzleteppich mit ebenso großteils noch verschlossenen Puzzles über Schmuck und CDs bis zu Getränken jeder Art, selbstverständlich originalverpackt. Natürlich fehlen auch die Krippen nicht.
Auffällig sind neben mehreren kleinen zwei schöne, riesengroße und unbenutzte schwarze Laternen etwa – wie will er hier für eine gerechte Bezahlung sorgen? „Es machen immer zwei, drei Frauen Dienst, die hier die rechten Worte und Wege finden werden“, macht sich der Pfarrer keine Sorgen.
„Ich bin am 14. September genau 25 Jahre hier, da hat sich unglaublich vieles angesammelt. Da gilt für mich nur: hergeben, hergeben, hergeben!“ Allein in seiner 16-jährigen Zeit als Schulseelsorger musste er viele Hilfsmittel selbst organisieren. Dann kam er nach Ober-Roden, und hier gab es das alles schon. Sogar die diversen Getränke haben ihre Geschichte: „Früher haben die Leute gesagt: Wenn der Pfarrer seine Kirche gehalten hat, setzt er sich in den Sessel, raucht ein Zigärrchen und trinkt ein Gläschen. Das ist halt heut nicht mehr so, aber die guten Gaben sind noch da.“
Auch höchst originelle Stücke mit sakralem Bezug gibt’s zu entdecken: so etwa den Mainzer Dom als Spardose. Lachender Kommentar des Priesters: „Die Mainzer brauchen das Geld aber derzeit nicht, die Flutopfer brauchen es viel dringender!“ Der gebürtige Rheinhesse hat sich informiert: „Viele haben im Flutgebiet wirklich alles verloren – da müssen wir selber uns die Frage gefallen lassen wie gehen wir mit unserer Umwelt um? Und mit unseren Mitmenschen? Wir legen die Beine hoch und warten, dass Feuerwehr und Katastrophenhilfe das schon regeln werden.“
Und wie geht es mit ihm und seinem bis dahin reduzierten Hausstand weiter? „Am 1. November werde ich im Pfarreienverbund Langen mit seinen fünf Kirchengemeinden und über 10 000 Gemeindegliedern beginnen und dort einen gerade von einer schweren Krankheit genesenden Kollegen unterstützen. Allerdings als Pfarrvikar; ich werde mich also nicht mehr um die Administration kümmern müssen. Das erleichtert mich sehr.“
Voraussichtlich bereits am 19. September wird Elmar Jungs Verabschiedung in Ober-Roden gefeiert. Danach muss er packen und umziehen. Ab 1. November ist der Urberacher Pfarrer Klaus Gaebler als Pfarradministrator allein für St. Gallus- und St. Nazarius-Gemeinde zuständig; die vakante Stelle des Ober-Röder Pfarrers wird im Zuge der Zusammenlegungen im pastoralen Prozess nicht mehr ausgeschrieben.
Einkaufszeiten: Die größte Freude können die Rödermärker dem scheidenden Pfarrer machen, wenn sie seinen Flohmarkt gut und spendabel plündern: „Ich hoffe so sehr, dass ein paar Tausender zusammenkommen!“ Wer das unterstützen möchte, kann dies täglich von 14 bis 17 Uhr und nach den Wochenendgottesdiensten im Forum St. Nazarius in der Heitkämperstraße tun. Es lohnt sich; die Tische werden jeden Tag neu bestückt. (Christine Ziesecke)
