Rödermark: Mindestens 100 000 Euro Lohnlücke

Tiefes Durchatmen und eine unbändige Freude waren beim ersten Schülerinnen- und Schülerkonzert in der Musikschule Rödermark darüber zu spüren, dass es endlich wieder öffentlich losgeht – ein langsames Erwachen aus dem Dornröschenschlaf.
Rödermark - Aber zugleich ist Leiter Benno Eckmann tief besorgt: „Zwar haben wir in der Corona-Zeit vier großartige neue Lehrkräfte holen können. Doch da geht es uns wie auch den anderen Lehrkräften gegenüber: Wir können sie eigentlich nicht adäquat bezahlen. In den letzten Monaten haben sich alle Kosten, vor allem auch die Lebenshaltung, dramatisch gesteigert, doch wir haben keine höheren Zuschüsse zu erwarten.“
Und er rechnet: „Wir bräuchten rund 100 000 bis 150 000 Euro mehr, um noch mehr Lehrkräfte anstellen zu können und die derzeitigen Dozentinnen und Dozenten einigermaßen angemessen entlohnen zu können. Fast alle unsere Musiker haben ein langes Studium hinter sich, haben selbst viel investiert in sechs oder sieben Jahre Ausbildung und bleiben vielfach nur hier, weil hier eine sehr gute Stimmung im Haus herrscht. Doch davon können zuhause keine Rechnungen bezahlt werden!“ Der 63-Jährige selbst geht in absehbarer Zeit in Rente und fordert von der Stadt Sicherheit für die Musikschule: „Wenn ihr eine Musikschule wollt, so macht etwas daraus! Ihr habt uns ins Leben gerufen, aber in den letzten 15 Jahren nicht mehr viel dafür getan, während alle Kosten gestiegen sind. Musiker und Musikerinnen haben wertvolle und wichtige Berufe, die die Existenz sichern sollen!“
Derzeit werden 25 Prozent der Kosten durch Zuschüsse von Stadt, Land und Kreis getragen. Die wurden in den vergangenen Jahren allerdings gekürzt. Die restlichen 75 Prozent muss die Musikschule durch Gebühren und Konzerteinnahmen selbst erwirtschaften. Und das nach zwei Jahren Pandemie.
„Uns bliebt leider nichts anderes übrig, als im November voraussichtlich unsere Gebühren um zehn Prozent zu erhöhen“, bedauert der Musikschulleiter zutiefst. Denn er möchte Familien den Musikunterricht nicht durch Preiserhöhungen erschweren oder gar unmöglich machen. „Doch es nutzt nichts: Die Honorare müssen aufgestockt werden, sonst sind wir bald eine Schule ohne Lehrer!“, warnt Eckmann. Die Preise seien auch dann immer noch sehr viel günstiger sein als die Ausbildung bei Privatlehrern.
Stolz ist der Musikschulchef und Violinlehrer, dass die Schule bis auf wenige Corona-Wochen den Einzelunterricht – wenn auch großteils online – fortsetzen konnte und es fast keine Ausfälle gab. „So sind unsere Lehrkräfte auch flexibler geworden und passen sich mehr den Notwendigkeiten an“, fasst Benno Eckmann die Lage zusammen. Die derzeit rund 600 Schüler werden von 32 Lehrkräften unterrichtet. Neu sind die Lehrkräfte für Cello und Kontrabass – zwei Instrumente, die bislang noch nicht abgedeckt waren, sowie zwei weitere teils als Ersatz, teils als Ergänzung der Geigenlehrkräfte und der Spezialisten für Schlagwerke wie etwa das Marimbaphon.
Am Sonntagmittag jedenfalls zeigten einige Schüler, auf welchem musikalischen Stand sie trotz Corona und sonstigen Schwierigkeiten derzeit sind. Adel Bitner und Greta Leroudier verzauberten am Klavier. Hannes Berker, Anton Steinbrenner und Lukas Weinreich brachten ganz unterschiedliche Stücke auf ihren Gitarren zu Gehör. Aufhorchen im wahrsten Wortsinn ließ vor allem Wiebke Wetzlar mit dem „Vogelfänger“ auf der Querflöte. Den krönenden Abschluss bot Nele Berker an der Violine, begleitet von ihrem Vater Benedikt Berker am Klavier. Mit dem ersten Satz des „Concerto a-Moll“ von Antonio Vivaldi wurden die Gäste klangvoll verabschiedet. Und Benno Eckmann bat seine jungen Musizierenden: „Was immer ihr tut: Lasst euch die Freude daran nicht nehmen!“
Wer gerne mal wieder voll eintauchen möchte in die Welt der Musikschule, der ist eingeladen am Sonntag, 12. Juni, ab 15 Uhr nach Bremen oder besser in die Kulturhalle in Ober-Roden, wo die Grundkurse die „Bremer Stadtmusikanten“ auf die Bühnenbretter mitbringen und wieder alle kleinen Besucher mitmachen können. (Christine Ziesecke)