Rödermark: Nicht-Vermissen überwiegt Vermissen

Mehr als 14 Jahre war Roland Kern Bürgermeister von Rödermark. Im Dezember 1994 wurde er zum Nachfolger von Alfons Maurer (CDU) gewählt und war der erste Hauptamtliche ohne schwarzes Parteibuch. Am 30. Juni 2019 endete die dritte Amtszeit der AL-Galionsfigur, die eigentlich eine halbe war – mit Ansage
2017 war er im Alter von 69 Jahren nochmals angetreten, um den Eppertshäuser CDU-Bürgermeister Carsten Helfmann an der Spitze der Rödermark-Verwaltung zu verhindern. Damals knirschte es gewaltig in der schwarz-grünen Koalition, die seit der Kommunalwahl 2011 die Stadt regiert. Doch CDU und Andere Liste rauften sich wieder zusammen, der Koalitionsvertrag gilt bis 2026 und hat damit voraussichtlich eine längere Laufzeit als Kerns gesammelte Amtsperioden.
Heute wird Roland Kern 75.
Herr Kern, darf ich Sie zu ihrem 75. Geburtstag guten Gewissens einen Politrentner nennen? So ganz haben Sie der Politik ja nicht entsagt….
Nein, das dürfen Sie nicht. Schon vor meiner Amtszeit war ich ein politischer Mensch und gedenke dies auch bis zu meinem Lebensende zu bleiben.
Okay, sich für die Partei - pardon, die AL bezeichnet sich ja als Wählervereinigung - zu engagieren, ist eines. Haben Sie Ihren Nachfolger Jörg Rotter hin und wieder angerufen und mit guten Tipps bedacht?
Wir begegnen uns im Stadtleben öfter persönlich als telefonisch. Der amtierende Bürgermeister ist trotz seiner jungen Jahre auch ein alter Polithase.
Was vermissen Sie als Bürgermeister a.D. am meisten?
Das Nicht-Vermissen überwiegt das Vermissen. Aber es gibt schon nette Menschen in der Stadtverwaltung.
Und auf was hätten Sie eigentlich in Ihrer mehr als 14-jährigen Amtszeit am liebsten schon verzichtet?
Auf meine Unordnung.
Bürgermeister von Rödermark zu sein, war für Sie bestimmt ein Job mit 70 oder 80 Arbeitsstunden die Woche. Konnten Sie das einfach in Freizeit umsetzen?
Das ist gut gesagt. Selbstbestimmte Zeit ist ein glücklicher Zustand.
In einem Zeitungs-Interview beim Ausräumen Ihres Büros dachten Sie laut darüber nach, wieder als Anwalt zu arbeiten. Haben Sie’s getan?
Ich habe es getan, aber in sehr reduzierter Form: Hier ein kleiner Beinbruch, dort ein kleiner Freispruch.
Mit 75 hat man noch Pläne, oder?
Ja, natürlich.
Und verraten Sie mir auch welche? Sozusagen als Geburtstagsgeschenk...
Die sind privat. Ätsch! Und dieses „Ätsch!“ betont und wiederholt Roland Kern mit seinem typisch schelmisch hintergründigen Lächeln.
Das Gespräch führte Michael Löw