Rödermark: Ärger im Seniorenbeirat

Nur 27 von mehr als 8 000 Rödermärkern über 60 haben bei der Wahl des Seniorenbeirats mitgemacht. Angesichts dieses Minimal-Interesses ging es bei der ersten Sitzung heiß her.
Rödermark – Rödermärker Seniorinnen und Senioren sind in der glücklichen Lage, in den städtischen Gremien mit einem Beirat (der nicht überall selbstverständlich ist) vertreten zu sein – eigentlich. Tatsächlich ist dieser Seniorenbeirat, der gerade seine vierte Amtszeit beginnt, anscheinend zu wenig bekannt oder zu wenig beliebt.
Darauf deutet das Ergebnis der letzten Seniorenbeiratswahl hin: Aus 14 Kandidaten, die sogar noch am Tag der Wahl nachnominiert werden konnten, wurden bei zwei Stadtteil-Wahlterminen in geheimer Wahl zehn Vertreter für vier Jahre gewählt.
In Rödermark lebten am Wahltermin Mitte November 8 302 Stimmberechtigte im Alter von 60 und mehr Jahren. Abgegeben wurden gerade mal 27 Stimmen – peinlich bis blamabel, da sind sich alle Beteiligten einig.
Das Interesse war noch nie riesig gewesen. Bei der Premiere 2008 hatten von 5 979 Wahlberechtigten wenigstens noch 271 ihre Stimme abgegeben. Das entsprach einer Beteiligung von 4,5 Prozent im Gegensatz zu 0,3 Prozent im Spätherbst 2021.
Bei der konstituierenden Sitzung, zu der der Magistrat eingeladen hatte, diskutierten beide Seiten dieses Ergebnis teilweise laut und emotional. Im Mehrzweckraum der Halle Urberach trafen sich neun der zehn gewählten Mitglieder unter der Leitung von Bürgermeister Jörg Rotter und Erster Stadträtin Andrea Schülner.
Aufgrund des denkwürdig schlechten Wahlergebnisses machte der Bürgermeister einen Vorschlag zur effektiveren Arbeit des Gremiums: Die mit wenigen Stimmen Gewählten könnten in eine Kommission mit Mitgliedern des Magistrats als gemeinsames „Hilfsorgan“ in Sachen Seniorenarbeit eingegliedert werden. Doch der vermeintliche Lösungsweg erregte bei den Gewählten starken Widerspruch, am deutlichsten formuliert vom bisherigen Vorsitzenden Bernd Koop. Er warf Magistrat, Parlament und Verwaltung vor, zu wenig beachtet, unzureichend mit Informationen versorgt zu werden und viel zu wenig in die tatsächliche Arbeit mit eingebunden zu werden. „Wir werden nicht wahrgenommen, weil wir viel zu wenig in der Öffentlichkeit bekannt sind“, schimpfte der vielfältig engagierte Koop. Bei ersten Besprechungen seien Vertreter eingeladen worden, danach aber werde ohne sie weiter gearbeitet: „Der Magistrat hat den Seniorenbeirat nur geduldet, aber nicht mit einbezogen!“
Bürgermeister Rotter hielt eine mindestens ebenso kräftige Gegenrede. Die „grotesken Anschuldigungen“ hätten ihn massiv getroffen und enttäuscht, schließlich habe Rödermark den Beirat freiwillig eingeführt: „Keine Stadt im Kreis Offenbach macht darum so einen Aufwand wie wir!“
Die anschließenden, in bedeutend gemäßigterem Ton gehaltenen Wortmeldungen bezogen sich weitgehend auf die schwache Werbekampagne vor den Wahlen, den schwierigen Termin mitten im Corona-Monat November und die Frage, ob das Gremium vor allem von den „jüngeren Alten“ zu wenig wahrgenommen werde, weil man sich nicht zu den Senioren gehörig fühlt.
Bürgermeister Rotter erwähnte als Gegenbeispiel die gelungene Wahl des Ausländerbeirats, dessen Vertreter mit einem Zuschuss die Wahl selbst in die Hand genommen und sehr zufriedenstellend durchgeführt hatten. Solch eigene Initiativen habe er bei den Senioren nicht erkannt. Stadtverordnetenvorsteher Sven Sulzmann erläuterte bei der Sitzung, dass die aus dem Publikum heraus vorgeschlagene Briefwahl bislang nicht möglich sei, da am Wahltag bis kurz vor der Stimmabgabe noch Kandidaten vorgeschlagen und ernannt werden können. „Dazu müssen wir erst die Grundlage ändern.“
Bei einer kurzen und durchaus ruhigen Wahl wurde der neue Beirat konstituiert. Nachdem Bernd Koop nicht mehr kandidierte, leiten nun Thomas Paeschke (der als Kandidat die Urberacher Wahlberechtigten vertrat) sowie Hannelore Frehe für die Ober-Röder Seniorinnen und Senioren den vierten Seniorenbeirat der Stadt Rödermark. In den nächsten vier Jahren ist Zeit genug, sich neue Wege und Möglichkeiten zu überlegen, das durchaus sinnvolle Gremium bekannter, beliebter und damit effektiver zu machen. (Christine Ziesecke)

