Mit der Trauer nicht alleine sein: Initiative der evangelischen Kirche

Die evangelische Kirche bietet mit www.trauermitmir.de eine Hilfe beim Umgang mit Verlusten.
Rödermark - „Und jetzt? Trauer mit mir.“ – wer derzeit mit offenen Augen durch die Petrusgemeinde geht, wird vielleicht an der Kirche in Urberach stutzen: Die auffallend türkisfarbene Fahne mit diesem Aufdruck will in diesen dunklen Zeiten zwischen Allerheiligen und dem morgigen Totensonntag ein Zeichen setzen. Ein Zeichen für alle Menschen, die unter Verlusten leiden und mit ihrer Trauer – sei es noch ganz frisch oder vielleicht schon Jahre her – nicht gut umgehen können, deren Leben damit schwer belastet ist. www.trauermitmir.de ist ein Angebot der evangelischen Landeskirche EKHN, sich zu informieren und einen Weg zu suchen, wo und wie man in all seiner Trauer Hilfe erfahren kann.
In einer sogenannten Impulspost, die an evangelische Kirchenmitglieder verschickt wird, landete sie in Papierform in den Briefkästen (und ist in den Gemeindebüros erhältlich), wozu ansonsten der Fahnentext einlädt. www.trauermitmir.de wendet sich aber nicht nur an Trauernde selbst, sondern vor allem an jene Menschen in ihrer Umgebung, die meist nicht wissen, wie sie mit einem tieftraurigen Menschen umgehen sollen.
Rödermark: Nicht mit der Trauer alleine sein
Stand man diesem Verstorbenen und seinen Hinterbliebenen sehr nahe, trauert man also selbst mit, oder möchte man dem Angehörigen helfen? Eine ganz entscheidende Aussage dieser Aktion ist jene: die sinngemäßen Aufforderung „Meld dich!“ allein kann es nicht sein. Ich darf als Mit-Trauernder nicht nur stets ansprechbar sein, ich selbst muss mich melden. Der Trauernde wird sich in den meisten Fällen nicht von sich aus öffnen und an meiner Tür klingeln – er braucht Unterstützung, ich muss an seiner Tür klingeln, ihn zum wiederholten Male zum Essen einladen, ihn abholen, symbolisch gesehen. Werde ich abgewiesen, so probiere ich es später aufs Neue; irgendwann wird der Trauernde so weit sein, Hilfe anzunehmen.
Wohin kann ich mich selbst wenden, wenn ich Hilfe suche? Wohin kann ich mich wenden, wenn ich nicht recht weiß, wie ich helfen kann? Im Gegensatz zu früher, wo Pfarrer zumeist Schwerkranke oder Sterbende begleitet haben und dann schon in der Nähe waren, werden sie heute weitgehend erst über die Pietäten eingeschaltet. Es gibt die Sterbebegleitung oder die Aussegnung, zu der die Angehörigen bitten. Doch diese Fälle werden, wie Rödermarks evangelischer Pfarrer Oliver Mattes bestätigt, immer seltener. Nach dem Tod herrscht zumeist rege Betriebsamkeit bis zum Abend der Beisetzung. Doch dann kommt die Leere.
Trauer-Café in Obertshausen und Jügesheim
Ein begleitetes Trauercafé wie etwa in Obertshausen oder in Jügesheim gibt es derzeit in Rödermark nicht. Es hilft so manchen Trauernden weiter, sich mit Menschen in einer ähnlichen Lebenssituation auszutauschen: Erinnerungen zu teilen, Alltägliches zu besprechen, auch mal lachen zu können. Andere dagegen können sich nicht gut in einer Gruppe öffnen. Dann ist ein Gespräch mit einer nahen Person oder einem Seelsorger angebrachter.
Eine große Hilfe ist es für Trauernde, wenn sie bereits Kontakte aus der letzten Zeit mit dem Sterbenden haben wie etwa mit Helfern einer Hospizgruppe oder Sterbebegleitern. Die Erinnerung bringt Nähe. Dabei gilt großer Dank dem sehr aktiven Palliativ- und Hospizdienst der Johanniter Rodgau.
Für Adressen und Notfallnummern ist auch die vom Seniorenbeirat Rödermark herausgegebene Datei „Medizinische Versorgung und Netzwerke Rödermark“ sehr hilfreich, online oder in gedruckter Form.
Einen guten Beitrag, gerade auch junge Menschen zu sensibilisieren für den Umgang mit dem Tod, bieten etwa auch in ihren Projekttagen die Nell-Breuning-Schule sowie eine Rodgauer Schule an: Wini Schoßer, langjähriger Mitarbeiter beim Palliativ- und Hospizdienst der Johanniter Rodgau, arbeitet an Projekten rund um das Thema Leben und Tod. Von Christine Ziesecke