1. Startseite
  2. Region
  3. Rödermark

Rödermark: Mit Kopfwunde über die Datumsgrenze

Erstellt:

Von: Michael Löw

Kommentare

Sieht harmloser aus, als es war: Der Camper hatte nur eine Delle in der Front, die Reisenden landeten im Krankenhaus.
Sieht harmloser aus, als es war: Der Camper hatte nur eine Delle in der Front, die Reisenden landeten im Krankenhaus. © privat

Den 31. Juli 1995 haben Monika und Günter Frey zweimal erlebt – einmal als Unglückstag in Neuseeland und einmal mega-glücklich auf Cook-Island. Das Lehrer-Ehepaar, das viele Jahre in Rödermark unterrichtete, hatte sich zur Silberhochzeit eine Weltreise gegönnt. Sie war nicht der einzige große Urlaub, wohl aber der, der die tiefsten Eindrücke hinterließ.

Rödermark - Generation von Rödermärker Kindern und Jugendlichen kennen die Freys. Monika Frey (heute 72) unterrichte 14 Jahre lang erst an damaligen Rodgauschule Sport und danach an der Trinkbornschule Sport und Religion. Ihr Mann Günter, der Ende Mai seinen 75. Geburtstag feiert, war ebenfalls an der Rodgauschule Lehrer für Sport und Polytechnik. Außerdem trainierte er Handballer aus Ober- und Nieder-Roden, Groß-Bieberau, Fränkisch-Crumbach, Groß-Umstadt und Münster. Dort wohnen die beiden seit vielen Jahren.

Ihre erste Reise hatte Monika und Günter Frey 1990 nach Ägypten geführt. Dort gingen sie mit dem Rucksack auf Tour.

Fünf Jahren später folgte die in jeder Hinsicht unvergessliche Reise um die (halbe) Welt. „Wir befanden uns auf einer Reise ins Glück“, schwärmt Monika Frey von den unbeschwerten ersten drei Wochen. Nach einem Zwischenstopp in Hongkong erkundeten die Silberhochzeiter Australien mit dem Wohnmobil. In Neuseeland waren sie ebenfalls im Camper unterwegs. Aber nur drei Tage, denn für den 31. Juli hatten sie ein Ziel: das Überfliegen der Datumsgrenze.

Auf der letzten Etappe in Neuseeland war den beiden unheimlich zumute; sie kehrten um, bevor sie das Meer erreichten. Von nun an nahm das Unheil seinen Lauf. In der einzigen Kurve einer Straße im Nirgendwo kam ihnen ein Auto entgegen. „Monika, wir fahren nach rechts“, habe ihr Mann geschrien und seinen Arm schützend um sie gelegt.

Das war ihr Glück. Denn Monika Frey hatte den Gurt nicht angelegt und wäre wahrscheinlich durch die Frontscheibe geflogen. So kam sie mit einer bös’ blutenden Kopfwunde davon. Schlimmer als die Schmerzen war die Angst um die beiden jungen Leute im anderen Auto – ein Paar auf Flitterwochen übrigens. Sie schickte ihren Mann sofort rüber. Die Frau kauerte auf dem Beifahrersitz, konnte sich zum Glück aber bewegen. Letztlich kamen alle vier glimpflich davon.

Allerdings war weit und breit erst einmal kein Mensch zu sehen. Dann rannten Maoris, die Ureinwohner Neuseelands, über die Felder und halfen. Eine Frau säuberte Monika Freys Wunde, verband sie notdürftig und sprach – was fast wichtiger war – allen Mut zu. Erst nach einer halben Stunde kam ein Lastwagen vorbei, dessen Fahrer über Funk einen Rettungswagen alarmierte. Der brachte alle vier zusammen ins Krankenhaus.

Im Krankenhaus des Städtchens Whangarei schickte ein Arzt, der in Deutschland studiert hatte, Monika Frey zum Röntgen, eine gottlob überflüssige Vorsichtsmaßnahme. Mit dem Nähen der zehn Zentimeter großen Wunde war’s getan, Monika und Günter Frey übernachteten in einem Schwesternheim neben der Klinik. Auch die Hochzeitsreisenden durften nach ambulanter Behandlung wieder gehen.

Nach einer nicht enden wollenden Nacht brachte ein Taxi die Freys zum Flughafen; es war der 1. August. Auf dem Weg zum Cook-Island passierten sie die Datumsgrenze. Sie landeten wieder am 31. Juli, begrüßt mit Musik und einem Lei, dem Blumenkranz der Südsee.

„Extremer kann man die Datumsgrenze nicht erleben“, schreibt Monika Frey in ihren Reise-Erinnerungen. In Neuseeland standen sie und ihr Mann am 31. Juli 1995 an der Schwelle zum Jenseits. Auf Cook-Island wähnten sie sich am 31. Juli 1995 im Paradies: „Wir erlebten diesen geschenkten Tag wie in Trance, von Schmerzen keine Spur!“

Die Freys feierten daheim in Deutschland einen Dankgottesdienst zur Silberhochzeit. Als der Organist ein Liebeslied der Maoris spielte, flossen unzählige Tränen des Glücks.

Monika und Günter Frey ließen sich das Reisen trotz des Unfalls nie vermiesen: zweimal drei Monate Griechenland, erneut eine Weltreise nach Thailand, die Philippinen, wieder Australien und Hawaii. 2017 waren sie zwei Monate in Neuseeland unterwegs.

Die Familie – genauer gesagt: Schwiegersohn Amin Zaaki – führte die Freys in eine ganz andere Ecke der Welt, nach Afrika. Mittlerweile haben Monika und Günter Frey zusammen mit Tochter Anna und ihrem Mann mehrmals dessen Heimatland Ghana besucht. 2006 gründeten sie den Verein Nima (später Aminu), der Bildungsprogramme fördert. Mehr als 650 Kinder werden Jahr für Jahr unterstützt, rund 250 Mitglieder und Paten spenden. (Michael Löw)

In Queensland/Australien endet der Regenwald kurz vor dem Zaun, an dem Monika und Günter Frey ihre Weltreise genossen. Ein paar hundert Meter hinterm Zaun beginnt der Ozean – „Rainforest meets Reef“, erklärt die pensionierte Lehrerin.
In Queensland/Australien endet der Regenwald kurz vor dem Zaun, an dem Monika und Günter Frey ihre Weltreise genossen. Ein paar hundert Meter hinterm Zaun beginnt der Ozean – „Rainforest meets Reef“, erklärt die pensionierte Lehrerin. © privat

Auch interessant

Kommentare