So lange wie möglich selbstständig

Ein junges Unternehmen schaffte es beim Wettbewerb um den hessischen Gründerpreis bis ins Viertelfinale. Die Geschäftsidee: Senioren so lange wie möglich die Selbstständigkeit erhalten.
Urberach – „Betreuung mit Herz“ heißt das junge Unternehmen von Marlena Piontke in der Traminer Straße. Die Urberacherin will mit ihrem Team unter anderem dabei mithelfen, dass Seniorinnen und Senioren möglichst lange in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung leben können. Die im November 2019 gegründete Firma wächst schnell.
Seit Anfang dieses Monats sind neben Marlena Piontke und ihrem Mann Sven sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – darunter auch Teilzeitkräfte – bei „Betreuung mit Herz“ tätig. Dabei hatte Marlena Piontke, die zu diesem Zeitpunkt noch hauptberuflich im Controlling arbeitete, ihr Unternehmen vor zwei Jahren erst einmal als nebenberufliche Tätigkeit gegründet. „Ich habe früher im Bekanntenkreis bei der Betreuung von älteren Menschen ausgeholfen. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Daraus ist jetzt ein Beruf entstanden“, so die Geschäftsfrau. Es kamen schon bald nach der Unternehmensgründung immer mehr Anfragen. „Daher habe ich mich entschieden, das ab Mitte 2020 hauptberuflich zu machen.“ Zuletzt nahmen die Piontkes auch am Wettbewerb um den Hessischen Gründerpreis teil und verpassten die Teilnahme am Halbfinale nur knapp.
Das Unternehmen hat zwei Schwerpunkte. Da ist zum einen die stundenweise Alltagsbegleitung, Betreuung und hauswirtschaftliche Versorgung. Die Mitarbeiter übernehmen beispielsweise Einkäufe und Besorgungen, unternehmen mit ihren Kunden Ausflüge und Spaziergänge oder helfen beim gemeinsamen Kochen. Manche Kunden wünschen sich nur einmal im Monat Unterstützung, andere täglich. Wichtig sei, dass man unterstütze und nicht Aufgaben wegnehme, so Sven Piontke. „Dann geht auch die Aktivität weg. Es geht darum, die Menschen mitzunehmen.“ Medizinische und pflegerische Tätigkeiten gehören nicht zum Angebot.
Mittlerweile bietet „Betreuung mit Herz“ aber auch Rund-um-die-Uhr-Dienste an. Bei einigen Kunden sei nach gewisser Zeit deutlich geworden, dass die Betreuung auf Stundenbasis nicht mehr ausreiche. In diesem Bereich arbeiten Marlena Piontke und ihr Team mit einem polnischen Pflegedienst zusammen, der die Pflege- und Betreuungskräfte vermittelt. Leistungen sind die Alltagsbegleitung, hauswirtschaftliche Unterstützung und Grundpflege. Die Kunden kommen aus einem 15-Kilometer-Umkreis, der Großteil aus Rödermark und Eppertshausen. „Im Bereich der Alltagsbegleitung haben wir dieses Jahr bislang 65 Kunden betreut“, berichtet Sven Piontke. Zusammen mit der Rund-um-die-Uhr-Betreuung leiste das Team rund 700 Stunden Betreuung im Monat. Mit weiter stark steigender Tendenz. „Es gibt keine Woche ohne neue Interessenten“, so Marlena Piontke. Zunächst gibt es einen Kennenlern-Termin vor Ort, bei dem das Angebot vorgestellt wird. Der Großteil der Kunden ist über 80, vereinzelt habe man aber auch jüngere Klienten, die wegen einer Einschränkung Unterstützung benötigen.
Corona bedeutete natürlich auch für „Betreuung mit Herz“ einen deutlichen Mehraufwand – auch finanziell. Im ersten Lockdown hatte man für drei Wochen geschlossen. Längst hat man sich auf die neuen Gegebenheiten eingestellt.
Neu im Team ist übrigens die vier Monate alte Labradorhündin Stella. Angedacht ist, sie als Therapiehündin – die Ausbildung kann ab einem Alter von zwei Jahren beginnen – oder als Begleithund für Demenzkranke zu nutzen. Los geht es aber zunächst einmal mit der Welpenschule.
Von Sascha Eyssen