Sonnenbrand bedeutet für Buchen das Ende

Rödermark – Dauerregen und für einen Winter viel zu mild: Hält das die Natur aus? Wir sprachen darüber mit Revierförsterin Gabriele Rutschmann-Becker.
Was macht der viele Regen mit dem Wald? Können die Bäume nach dem verheerenden Hitzesommer jetzt quasi nachtanken oder bringt die Dauerdusche vom Himmel eher Nachteile?
Stark geschädigte Bäume – insbesondere die Buche – regenerieren sich nicht mehr. Deren Absterben kann nicht gestoppt werden, da das Feinwurzelsystem zu stark geschädigt ist und der Pilzbefall am geschwächten Baum zu schnell voranschreitet. Man sieht das bei umgestürzten Bäumen sehr gut. Sehr viele haben nur noch einen sehr kleinen Wurzelballen.
Aber Buchen galten in der Forstwirtschaft doch immer als der Baum schlechthin.
Das stimmt heute leider nicht mehr. Die Buche hat eine dünne Rinde. In den vergangenen Extremsommern hatten wir am Stamm teils wochenlang 40, 45 Grad und andauernde Sonnenbestrahlung. Die Buchen haben Sonnenbrand bekommen. Das konnte nicht gut gegen. Sie sterben massenhaft. Anders sieht es bei Eichen mit ihrer relativ dicken Borke aus. Der Eiche tut der viele Regen derzeit gut. Sie kann als Auengewächs mit wechselnden Wasserständen im Boden viel besser umgehen und sich bei vermehrtem Niederschlag tatsächlich regenerieren. Auch Kiefern packen das.
Wie gefährlich ist es angesichts aufgeweichter Böden für Spaziergänger gerade im Wald?
Grünastbruch, wie wir ihn im Sommer durch die enorme Hitze häufig hatten, ist in den Wintermonaten kein Thema. Dennoch sollten die Waldbesucherinnen und Waldbesucher wachsam sein. Die Gefahr durch herabfallende Äste und umstürzende Bäume ist groß. Wir haben im Bestand leider unglaublich viele abgestorbene Bäume, die aber noch stehen. Das darf man beim Spaziergang auf keinen Fall ignorieren.
Eigentlich wäre jetzt bei Minusgraden Winterruhe für den Wald angesagt, doch es ist dauerhaft so warm wie noch nie zu dieser Jahreszeit. Welche Folgen hat das?
Pflanzen und Bäume kommen durch die viel zu warmen Temperaturen nicht zur Ruhe, die Vegetationsruhe findet nicht mehr ausreichend statt. Bäume sind nicht daran angepasst, ständig zu wachsen, was zusätzlichen Stress für den Wald bedeutet. Das milde Wetter aber verursacht Wachstum. Schauen Sie: Derzeit hat der Hasel bereits Pollen - viel zu früh. Die Pollen fehlen dann im Frühjahr für die Insekten, die darauf als erstes Futter der Saison angewiesen sind.
Explodiert jetzt die Population an Schädlingen, weil es viel zu mild ist?
Nein. Warmes und feuchtes Wetter ist für viele Schadinsekten eher ungünstig, es fördert bei verschiedenen Insekten den Pilzbefall. Andere Arten werden durch starken, lang anhaltenden Frost dezimiert, den wir allerdings schon länger nicht mehr haben. Dies ist insbesondere ein Problem bei der Borkenkäferpopulation, die der Fichte zusetzt. Die Fichte spielt im Rhein-Main-Gebiet inzwischen kaum noch eine Rolle. Die wenigen Fichtenbestände in Rödermark sind den Hitzesommern und damit dem Klima zum Opfer gefallen.

Wie groß ist Ihre Sorge um den Bestand? Gab es zum Beispiel bei hoffnungsvollen Nachpflanzungen dramatische Ausfälle?
Die Sorge um den Wald ist sehr groß, da wir insbesondere bei den Altbuchen extreme Absterbeerscheinungen erleben müssen.
Also alles hoffnungslos?
Nein, auf keinen Fall. Bei den Neuanpflanzungen von Eiche in Rödermark gibt es derzeit kaum Ausfälle. Die letzte Anpflanzung war 2020, da hat es im Sommer zum Glück etwas häufiger geregnet. Die Anpflanzung ist bisher sehr gut durchgekommen. Es hat sich bewährt, verstärkt auf die Eiche zu setzen. Auch in diesem Jahr werden wir wieder ein bis zwei Eichenkulturen anpflanzen. Die Ausfallquote im Bezirk des Forstamts Langen beträgt 20 bis 30 Prozent.
Was macht Ihnen außerdem noch Mut?
Auch mit unseren Naturverjüngungsprojekten mit Kiefern haben wir Erfolge. Dabei bearbeiten wir bestimmte Flächen im Wald speziell, sodass sich die Kiefern aus dem Samen umstehender Bäume entwickeln können. Eine große Rolle dabei spielt, dass die Pflänzchen hierbei von Anfang an den tatsächlichen Boden- und Klimaverhältnissen ausgesetzt sind und sich dadurch hoffentlich sehr gut anpassen. Auch die vier bis fünf Jahre dauernde Nachsorge – die Kulturpflege nach der Anpflanzung – ist sehr wichtig, um Wasserkonkurrenz zu vermeiden. Jedes Jahr werden im Waldwirtschaftsplan Mittel eingestellt, um den klimastabilen Waldumbau voranzutreiben, in der Hoffnung, dass dies zum Erfolg führt.
Ein ganz anderes Thema: Jeder will wegen hoher Gaspreise jetzt am liebsten mit Holz heizen. Gibt es für Privatleute noch welches in Ihrem Revier?
Ja, es wird Brennholz geben, aber nicht in der gewohnten Menge. Nachhaltigkeit ist auch hier das oberste Gebot. Da wir sehr viel Schadholz haben, wird kaum Frischholz geerntet. Wir haben uns mit der Waldbesitzerin, der Stadt, darauf verständigt, kein Frischholz für Brennholz einzuschlagen. Also kann nicht mehr jede Brennholznachfrage bedient werden. Dennoch wird versucht, Brennholz bereitzustellen: kleinere Mengen Polterholz in Stapeln am Wegrand seit Januar, Schlagabraum ab Anfang, Mitte Februar.
Das Gespräch führte
Bernhard Pelka