Tennis zum Ausgleich

Wer sind die Taktgeber der Rödermärker Musikszene? In loser Folge stellen wir markante Köpfe vor, die Chöre und Orchester mit Engagement und Gespür leiten. Heute: Laszlo Szabo, Dirigent des Großen Blasorchesters des MV 06 Urberach.
Urberach – Laszlo Szabo – ein Name, der unter Vielen eine personelle Vorstellung auslöst: ein großer ungarischer Fußballspieler, ein Künstler, ein Schachgroßmeister, ohne „z“ auch eine Schmuckfirma. „Laszlo ist ein sehr üblicher Vorname in Ungarn, und Szabo ist dort so häufig wie hier Meier oder Müller“, erläutert „unser“ Laszlo Szabo, der Dirigent des Großen Blasorchesters MV06 Urberach. Seit gut zehn Jahren schwingt der 45-jährige, in Mainz lebende Berufsmusiker hier den Taktstock.
Noch nie war das so schwierig wie jetzt, da er einige Zeit ganz pausieren musste und nun maximal zehn Musiker und Musikerinnen gleichzeitig im Mehrzweckraum der Halle Urberach zur Probe laden kann, zu denen er auch noch selbst zählt. Dann hat er nur seinen Taktstock dabei, doch im musikalischen Bereich ist er vielfältig. Eigentlich stand im Studium die Klarinette im Mittelpunkt, doch jetzt spielt er selbst hauptsächlich Saxophon.
Die Liebe zur Musik ist familiär angelegt. Schon sein Vater war Berufsmusiker, der kurz vor der Wende aus Ungarn zu einem Orchester nach Westdeutschland kam; Mutter und Schwester folgten ihm. Laszlo blieb in Ungarn, um seinen Abschluss am Konservatorium zu schaffen (das in Ungarn bereits während der Oberstufe absolviert wird). 1996 machte er seine Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule in Mainz. Es folgten Aufbaustudiengänge und Kurse, zuletzt der Masterabschluss für Blasorchester-Dirigenten – der höchste Abschluss, den es in dieser Richtung gibt.
Seit 2001 ist Laszlo Szabo beim 28-köpfigen hessischen Landespolizeiorchester, das einzige, professionelle Blasorchester des Landes Hessen, das er seit 2017 auch leitet, auch wenn er eigentlich nichts von dem an sich hat, was man mit diesem Begriff gefühlt verbindet.
Rund 100 bis 120 Konzerte spielt dieses Orchester im Jahr hessenweit und auf Einladung auch anderswo. Zudem hält er an der Musikhochschule in Mainz Vorlesungen zur Didaktik und Methodik für angehende Dirigenten.
Auch zuhause prägt die Musik das Familienleben. Seine Frau, die er beim Studium kennengelernt hat, spielt vorrangig Querflöte. Seine beiden Kinder, zwölf und zehn Jahre, spielen Klavier, Trompete, Saxophon. Also Hausmusik nicht nur an Heilig Abend? „Natürlich wird bei uns viel musiziert, auch gemeinsam.“
Was würde er sagen, wenn seine Kinder auch Berufsmusiker werden wollten? „Na ja, mein eigener Traum war es immer, aber es ist heutzutage ein sehr harter Job. Die Konkurrenz ist sehr groß und es gibt immer weniger gute Stellen, für die man eben auch sehr gut sein muss. Gerade in diesen Zeiten kann sich ein Verein kaum mehr einen qualifizierten Dirigenten leisten. Das würde ich meinen Kindern zumindest klar sagen.“
Er selbst hält sich als Ausgleich vor allem mit Tennis in Schwung: „Ich war darin sehr gut, aber irgendwann musste ich mich zwischen Musik und Tennis entscheiden...“ Für den Musikverein 06 ging das gut aus.
Warum bringt er selbst als Leiter des Polizeiorchesters immer noch den Urberacher Bläsern die rechten Harmonien bei? „Wir haben ein sehr gutes und freundschaftliches Verhältnis.“ So kommen alle Jahre etwa ein bis zwei Autos voller Urberacher Musikerinnen und Musiker nach Mainz-Großberg, wenn er mit seiner ganzen Familie beim dortigen Martinsumzug mitläuft und mitmusiziert. „Genau so etwas ist zur Zeit auch nötig, um die Kontakte zu halten. Letztes Jahr waren die Proben im Sommer immer noch sehr gut besucht; da haben wir auch eine Online-Challenge gemacht. Inzwischen sind manche Orchestermitglieder durch Omikron doch vorsichtiger geworden.“
Die Probenbelegung funktioniert mit vorheriger Anmeldung, immer Holz- und Blechbläser im Wechsel. Doch es ist schwierig. Das diesjährige Frühjahrskonzert ist schon wieder abgesagt. „Jetzt wollen wir am 15. Mai ein Open-Air-Konzert, vielleicht auf dem Häfnerplatz, präsentieren“, freut sich Vereinsvorsitzender Dieter Steuer. „Aber nur im Freien. Notfalls wird’s verschoben auf den Himmelfahrtstag.“
Laszlo Szabos größter Wunsch derzeit für das Große Blasorchester des Musikvereins 06 in Urberach: „...dass sie alle im Orchester bleiben, dass Junge nachkommen und wir bald wieder gemeinsam unter normalen Umständen Musik erleben und gestalten können!“
Infos im Internet
musikverein-urberach.de
Von Christine Ziesecke