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Trauergruppe für Kinder: „Wir sind nicht eineinhalb Stunden traurig“

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Von: Michael Löw

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Das Krümelmonster und Labrador „Coffy“ helfen Kindern, über den Tod eines Elternteils hinwegzukommen. Die Trauergruppe „Lacrima“ der Johanniter trifft sich alle 14 Tage in der Kita Liebigstraße.
Das Krümelmonster und Labrador „Coffy“ helfen Kindern, über den Tod eines Elternteils hinwegzukommen. Die Trauergruppe „Lacrima“ der Johanniter trifft sich alle 14 Tage in der Kita Liebigstraße. © -

Die Johanniter betreuen in der Kita Liebigstraße Kinder, deren Vater gestorben ist. Profis und Ehrenamtliche begleiten die Gruppe in Rödermark-Urberach.

Rödermark – Wenn Kinder einen Oma oder Opa verlieren, ist das oft ein Schock. Doch wenn Papa und Mama nicht mehr da sind, bricht die Welt für sie zusammen. Unfälle reißen Eltern von Jetzt auf Gleich aus dem Leben, Krankheiten verzehren ihr Leben manchmal über Jahre.

Die Johanniter aus Nieder-Roden versuchen zu helfen, wo Hilfe schwer ud mitunter garnicht möglich ist. Seit knapp einem Jahr gibt es das Kinder-Trauerprojekt „Lacrima“, das sich alle 14 Tage in der Urberacher Kita Liebigstraße trifft. Das nächste Mal am Dienstag, 14. Februar, um 17.30 Uhr.

Acht Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren sowie ihre Mütter werden von Christina Dölle und ihrem Team aus zwölf ehrenamtlichen Helfern betreut. Viel darf die Johanniter-Mitarbeiterin mit Rücksicht auf die Familien nicht sagen, aber eines immerhin: „Es sind überwiegend sehr junge Frauen.“ Die verlieren nicht nur den Partner, sondern auch den Hauptverdiener.

Trauergruppe in Rödermark: „Wir sind nicht eineinhalb Stunden traurig“

Kinder und Mütter werden in Extra-Räumen betreut. So können die Helferinnen und Helfer Trauer altersgerecht auffangen. Die Kinder beginnen jedes Mal mit einem Kerzenritual, dann füllen sie mal Tröstegläser mit Bildern ihres Teddys oder lieben Sprüchen. Ganz wichtig sind persönlich gestaltete Schatzkästchen der Erinnerung mit allem, was Kindern wertvoll und wichtig ist.

Christina Dölles Labrador „Coffy“ ist ein der vierbeinige Trauerbegleiter. Er hat eine Ausbildung zum Therapiehund absolviert. Was heißt das in der Praxis? „Coffy“ hat ein offenes, freundliches und entspanntes Gemüt, auch wenn es hektisch zugeht. „Vor allem aber tut er gut und tröstet“, nennt Christina Dölle seine wichtigsten Aufgaben.

Ruhe und Gespräche sind ein Teil der Arbeit. Das Gegenteil gehört genauso dazu – das Auspowern im Turnraum der städtischen Kita. Dölle: „Wir sind nicht eineinhalb Stunden traurig.“

In Schatzkästchen der Erinnerung packen Kinder, was ihnen wichtig und wertvoll ist.
In Schatzkästchen der Erinnerung packen Kinder, was ihnen wichtig und wertvoll ist. © -

Rödermark: Kinder trauern in Tränenpfützen

Kinder haben ihre eigene Art, mit dem Tod eines lieben Menschen umzugehen. Sie trauern in Tränenpfützen. So schnell wie sie hineinhüpfen, hüpfen sie auch wieder raus. Dann kommen erst Sätze wie „Ich stelle mir den Papa chillend in einer Hängematte im Himmel vor.“ Und im selben Atemzug dreht sich das Kind um und spielt.

Ein Teil der Ehrenamtlichen engagiert sich aus persönlicher Betroffenheit. Ihre Motivation: Sie mussten in ihrer Kindheit ohne Begleitung mit dem Tod von Vater oder Mutter klarkommen. Das bleibt ihren Gruppenkindern jetzt erspart.

Christina Dölle
Christina Dölle © -

Trotz einer zeitintensiven Qualifizierung geraten auch Christina Dölles Leute immer wieder an ihre Grenzen. Wird Trauer zum Trauma, beziehen sie Therapeuten oder Psychologen in ihre Arbeit ein. Wie groß die Ängste sind, zeigt das Zitat eines kleinen Mädchens an der Supermarktkasse: „Mama, musst du jetzt auch sterben, wenn Papa tot ist?“ (Michael Löw)

Früher war’s mal ein ganzes Wochenende, an dem mit Herbstbeginn die Jugendfeuerwehren Rödermark ihr Ausbildungsjahr beschlossen. Seit einiger Zeit ist es nur noch ein Tag, an dem von morgens bis abends das geübt wird, was in den letzten Monaten erlernt wurde, denn die Kinder werden immer jünger.

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