„Turnvater“ Wolfgang Dreyer

Heute vor allem Urgestein des MTV Urberach und weithin bekannter Bürger in Urberach, darüber hinaus aber weltweit agierender Sportler und Trainer, von Schulen bis zu Landeskadern und Olympiamannschaften im Turnen: Das ist Wolfgang Dreyer, 1941 in Bremen geboren, verheiratet mit Hildegard Vetter-Dreyer, Vater von vier Patchwork-Familien-Kindern und immer wieder mal Organisator ganzer Buskarawanen nach Frankfurt.
Urberach - Das bedeutete im letzten Januar drei Busse und viele Privatwagen; im kommenden Jahr werden es vier Busse und 350 Gäste aus Rödermark und Umgebung sein. Das Ziel: „Heartbeat – Feuerwerk der Turnkunst“, Europas erfolgreichste Turnshow, die am 16. Januar 2024 wieder in der Festhalle gastieren wird und zu der Wolfgang Dreyer seit vielen Jahren Fahrten organisiert. Durch seine Beziehungen zum Deutschen Turnerbund kann er alljährlich einen ganzen Block reservieren.
Er hat auch die Organisation in der Hand. Er bewirbt diesen Ausflug, sammelt die Anmeldungen ein und organisiert die Fahrt. Nächstes Jahr sind es vier Busse, die am Festplatz gemeinsam losfahren. „Früher waren es immer so viele, nur in diesem Jahr waren die Besucher etwas vorsichtiger, da waren es nur etwa 220“, schmunzelt Rödermarks „Turnvater“.
Seine Beziehung zum Turnen könnte kaum enger sein: Bis 1968 war er selbst im Leistungsturnen aktiv, in der deutschen Kernmannschaft ebenso wie im erweiterten Olympiakader. Vom Vereinsturnlehrer über eine Ausbildung an der Deutschen Sportschule in Frankfurt zum geprüften Vereinsturnlehrer bis zum hauptamtlichen Landestrainer für Turnen wirkte er in Bremen. Von da wurde er 1974 zum Bundestrainer ans Leistungszentrum nach Frankfurt berufen. Dort wurde er Stützpunkttrainer und Cheftrainer, der die A-Nationalmannschaft auf Weltmeisterschaften und Olympische Spiele vorbereitete und begleitete. Ehrenamtlich wirkte er für die Athleten als Koordinator zur Deutschen Sporthilfe, bildete Trainer aus und leitete auch im Ausland Trainerausbildungen.
„Vor kurzem erst waren wir bei der jungen Familie privat zum Kaffee eingeladen“
Dieses Sportleben zog sich bis ins Private. So kam es auch zu seinem heutigen Wohnort Rödermark. „Meine Frau Hildegard, eine gebürtige Urberacherin, hat mich 1981 aus Moskau mitgebracht, wo die Turnweltmeisterschaften stattfanden. Meine Frau war dank einem glücklichen Zufall als Touristin dahin gekommen, ich war als Bundestrainer da. So lernten wir uns kennen.“ Und so kam er auch zum MTV. Seine Frau spielte da Tennis, er dann ebenso, und bald wurde er schon ehrenamtlicher Abteilungsleiter Turnen.
Von 1999 bis 2004 gelang es ihm, die 1. Bundesligamannschaft der Turner dank der Zusammenarbeit mit dem Bundesleistungszentrum beim MTV zu integrieren. 2004 ging er in den Ruhestand – zumindest offiziell. Denn unter vielem anderem unterstützte er in den letzten Jahren Lehramtsanwärter, Studierende und Oberstufenschüler bei ihren Vorbereitungen auf die praktischen Prüfungen.
Seit 2017 tut er das jeden Samstags beim MTV und donnerstags in der Halle eines ehemaligen Turners in Urberach unter dem Motto „Fitness durch Turnen“. Dazu ist übrigens jeder Bürger eingeladen. Privat macht er noch immer zweimal wöchentlich mit seiner Frau Gymnastik beim MTV.
Seine weithin bekannte Begabung in der Weitergabe turnerischer Fähigkeiten hat ihm auch schon so manche außergewöhnliche Bekanntschaft eingebracht.
So war Eberhard Gienger jahrelang unter seinen Fittichen und steht heute noch in Kontakt mit ihm. Ein anderer Turner, den Dreyer trainierte, ist Thomas Seitel aus Eppertshausen, der Ehemann von Helene Fischer.
Ihn kannte Wolfgang Dreyer schon als Siebenjährigen, als der kleine Thomas von seiner Mutter ins Training gebracht wurde. Später bildete Dreyer ihn im Bundesleistungszentrum aus, bis er nach dem Abitur nach Köln wechselte. „Vor kurzem erst waren wir bei der jungen Familie privat zum Kaffee eingeladen“, erzählt Wolfgang Dreyer nicht ohne Stolz.
Hauptsportarten neben dem Turnen waren für Wolfgang Dreyer immer Tennis und Beachvolleyball, wo er es bis zu Hessenmeisterschaften schaffte.
Wohl nur wenige Rödermärker kennen seine zweite Seite. Dreyer ist gelernter Goldschmied, der mit Lupenblick und feinstem Werkzeug kleine bis winzige Schmuckstücke herstellt. Hier ist Präzision ebenso gefragt wie beim Turnen.
Nach seiner Ausbildung hat er drei Jahre in diesem Beruf gearbeitet, bis er als Zeitsoldat anheuerte, dann haben ihm seine sportlichen Berufungen keine Zeit mehr dafür gelassen.
Doch die Goldschmiedekunst hat ihn stets weiter begleitet und begeistert ihn noch heute. In seinem privaten Seniorendomizil an der Kinzigstraße hat er sich eine kleine Werkstatt eingerichtet, in der er gelegentlich auch für besondere Kunden seine Schätze präsentiert und verkauft.