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Viele Deutsche verdrängen den Tod

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Die Deutschen haben ein besonderes Verhältnis zum Tod. Höchstens den Österreichern, genau genommen den Wienern, mit ihrem Schmäh von der „schönen Leich“ gestehen viele Deutsche zu, noch morbider zu sein. Eine Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zeigt, wie die Erwachsenen über den Tod, die eigene Trauerfeier sowie den Friedhofszwang denken.

Berlin - Im Verhältnis zum Sterben und den Bestattungsformen hat sich in Deutschland in den letzten Jahrzehnten ein enormer Sinneswandel vollzogen. Eine klassische Beerdigung wünschen sich nur noch 14 Prozent. 35 Prozent nennen dagegen die Feuer-, sieben Prozent eine Seebestattung, fünf Prozent die Körperspende an die Wissenschaft. 13 Prozent ist es angeblich egal, was mit ihnen als Leiche geschieht.

Zudem spricht sich mehr als die Hälfte dafür aus, dass es erlaubt werden sollte, Urnen zu Hause aufzubewahren. Jahrhundertelang war hierzulande die einzig ehrenvolle Bestattungsform die Beerdigung auf dem Friedhof. Erst ab den 1920er Jahren kam die Einäscherung wieder zunehmend auf. Dabei spielte auch Angst vor Wirtschaftskrisen, Inflation und einer womöglich unwürdig ablaufenden Beisetzung im Sarg eine Rolle.

Der Bestattungskultur-Verein Aeternitas in Königswinter berichtet, dass 1960 in der Bundesrepublik erst etwa zehn Prozent der Gestorbenen kremiert wurden. 1993 waren es schon etwa 33 Prozent und heute sind es mehr als 75 Prozent.

Die neue Akzeptanz der Feuerbestattung hatte und hat wohl auch mit einem anderen Menschenbild und einer gewissen Fortschrittsgläubigkeit zu tun. Der Einfluss der großen Religionen auf das Verhalten nach einem Todesfall schwindet jedenfalls: Traditionell verlangen nämlich Christentum, Judentum und Islam, einen intakten Leib zu bestatten, damit im Jenseits Körper und Seele als Einheit weiterleben können.

Vor 300 Jahren klang Johann Sebastian Bachs geistliche Kantate „Ich will den Kreuzstab gerne tragen“ noch arg todessehnsüchtig – in der Hoffnung auf eine Begegnung mit „dem schönsten Jesulein“: „Komm, o Tod, du Schlafes Bruder; Komm und führe mich nur fort; Löse meines Schiffleins Ruder; Bringe mich an sichern Port!“ Heutzutage sind viele Deutsche eher Meister im Verdrängen. 41 Prozent sagen, sie dächten nur „selten“ an den eigenen Tod, 27 Prozent sagen, sie täten dies „gelegentlich“. Acht Prozent behaupten, sich „nie“ gedanklich damit zu beschäftigen.

Gefragt nach der Idee für ihre eigene Beisetzungsfeierlichkeit geben sich die Leute bescheiden. So sagen 21 Prozent, sie wollten überhaupt keine Trauerfeier sich, 34 Prozent wünschen sich eine Totenfeier im engsten Kreis und 25 Prozent eine kleine Leichenfeier für Familie und Freunde. Zwei Prozent wollen es pompös: „so groß wie möglich“.  (dpa)

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