Während Brutzeit: Hundebesitzer und Spaziergänger rücksichtslos
Aktuell herrscht Brutzeit: An einem Info-Stand in Rödermark zeigte sich, dass viele Spaziergänger und Hundebesitzer keine Rücksicht nehmen.
Rödermark – Eines Dauerbrenners, der immer wieder die Diskussionen hochkochen lässt, nahmen sich Vertreter der Stadt, die Ortsgruppe des Naturschutzbundes (NABU), Jägerschaft und Landwirte an. Am Birkenweg klärten sie auf halber Strecke zwischen Bebauung und Kläranlage zwei Stunden lang über das richtige Verhalten in der Brut- und Setzzeit auf. Das Vorhaben, mit Spaziergängern und Hundebesitzern ins Gespräch zu kommen und die Probleme zu erläutern, gelang aber nur bedingt. Die Leute machten offenbar einen weiten Bogen um den weithin erkennbaren Infostand.
Die Aktion lief bereits einige Zeit, da konnte Christian Runkel dann doch zur Tat schreiten. „Darf ich mir mal Ihr Rad ausleihen?“, fragte der Leiter der städtischen Fachabteilung „Öffentliche Ordnung“ ein NABU-Vorstandsmitglied. Ein paar hundert Meter entfernt war ein klassischer Fall zu beobachten: Eine Hundebesitzerin ließ ihren Vierbeiner ohne Leine auf einer Wiese rennen.
Kein Freilauf für Hunde während Brutzeit - bis zu 1000 Euro Strafe möglich
Das Problem, auf das auch die am Infotisch ausliegenden Flyer aufmerksam machten, ist durchaus bekannt – zumindest in der Theorie: Seit Anfang März bis Mitte Juni ziehen die meisten Vögel und Säugetiere ihre Jungen auf. Dabei kommt es immer wieder zu Konflikten mit frei laufenden Hunden und Spaziergängern, die querfeldein laufen, anstatt auf den Wegen zu bleiben. Gibt es zu viele dieser Störungen, gefährdet dies das Überleben des Nachwuchses. Darüber hinaus ist das Betreten von landwirtschaftlichen Produktionsflächen generell nicht erlaubt. Bestnoten gab es nach der Rückkehr von Christian Runkel ein paar Minuten später jedenfalls nur für das geliehene Rad. Die Hundebesitzerin sei in Sachen Anleinpflicht dagegen wenig einsichtig gewesen.

Auf den festen Wegen bleiben und Hunde an die Leine nehmen: Die Umsetzung dieses Gebots kontrollieren Kollegen von Christian Runkel dreimal in der Woche in der Gemarkung. Aufgrund der Größe der Fläche können sie aber immer nur punktuell aktiv werden. Zunächst versuchen’s die Stadtpolizisten mit Ermahnungen. Bei wiederholtem Fehlverhalten verhängen sie ein Bußgeld. Der Rahmen bewegt sich zwischen 40 und 1000 Euro. 200 Euro war die höchste Strafe, die man in Rödermark in diesem Zusammenhang bislang ausgesprochen hat, machte Christian Runkel deutlich, dass seine Leute Ernst machen. Das Problem sei weiterhin groß, weiß er aus Gesprächen mit seinen Kollegen vom Außendienst. „Man kann nur an die Vernunft appellieren.“
Verhalten während Brutzeit: Stadträtin begrüßt Aktion der Interessenvertreter
Die Erste Stadträtin Andrea Schülner, Dezernentin für das Aufgabenfeld „Sicherheit und Ordnung“, war ebenfalls vor Ort: „Es ist gut, dass wir über unsere bewährte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hinaus nun auch diese Art von Live-Erlebnis nutzen, um uns einen Einblick zu verschaffen und mit Menschen auf der Gassi-Tour ins Gespräch zu kommen. So können Hinweise gegeben und Missverständnisse ausgeräumt werden.“
Einige sind dann vernünftig, andere wiegeln ab.
Freilaufende Hunde und „eine gewisse Rücksichtslosigkeit auch anderer Spaziergänger seien schon immer ein Problem gewesen, sagte Jagdpächter Michael Bittner und ist sicher: Das hat sogar noch zugenommen. Im Januar etwa wurde in Waldacker ein junges Reh von einem Hund gerissen. Es war so schwer verletzt, dass ihm der Jäger nur noch den Gnadenschuss geben konnte. Ähnliche Fälle gab es in der Vergangenheit. Auch für die Landwirte ist Fehlverhalten von Hundebesitzern ein großes Ärgernis. Hundekot könne beispielsweise Bakterien enthalten, der bei Rindern zu lebensgefährlichen Erkrankungen des Verdauungstrakts führt. Wenn Leute sich falsch verhalten, versuche er immer, sie freundlich anzusprechen, berichtete Michael Bittner. „Einige sind dann vernünftig, andere wiegeln ab.“ Manche würden jedoch böse und aggressiv.

Die gemeinsame Aktion der Interessenvertreter war im Vorfeld angekündigt worden, wenn auch ohne Angabe der Uhrzeit. Die meisten Gassi-Geher passten ihre Route an. Karola Lerch und Klaus Behnke waren zwei der wenigen, die am Stand Halt machten. Sie sind keine Hundebesitzer, ärgern sich aber bisweilen, wenn diese abseits der Wege unterwegs sind. Wenn sie die dann ansprechen, kämen bisweilen freche Antworten wie: „Ich gehe hier immer lang.“
Nabu wirbt mit Schildern für richtiges Verhalten während der Brutzeit
„Wir kamen untereinander ins Gespräch, was auch nicht schlecht ist. NABU, Jäger und Stadt haben sich gut unterhalten, insofern hat es sich schon gelohnt“, sah der NABU-Vorsitzende Dr. Rüdiger Werner zumindest aus Sicht der Veranstalter einen Erfolg. Außerdem änderte er im Laufe des Nachmittags die Taktik, ging mit ein paar Flyern los und sprach die Hundebesitzer direkt an, um sie zu informieren und mit ihnen zu diskutieren. „Mein Fazit ist: Rumstehen bringt nichts, man muss aktiv auf die Leute zugehen“, meinte Werner später. Für Ende April ist in Urberach eine ähnliche Aktion geplant.
Der NABU stellte auch wieder Schilder auf, auf denen sich die Feldlerche, der auch hier immer seltener zu sehende Vogel des Jahres 2019, direkt an die Zielgruppe wandte: „Hallo liebe Spaziergänger (mit oder ohne Hund), ich würde hier gerne ungestört meine Kinder großziehen. Es wäre deshalb echt nett, wenn ihr für ein paar Wochen nicht über diese Wiese laufen würdet.“
Auch auf Heckenschnitte sollte während der Brutzeit verzichtet werden.