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Wenn Angst den Alltag kontrolliert

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Von: Michael Löw

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Jetzt kann sie wieder lachen und unbeschwert ausgehen: Jeannette Kath hat ihre Emetophobie, die Angst vorm Erbrechen, besiegt.
Jetzt kann sie wieder lachen und unbeschwert ausgehen: Jeannette Kath hat ihre Emetophobie, die Angst vorm Erbrechen, besiegt. © Sarah Baumgärtner

Über Jahre hinweg hat Jeannette Kath aus Rödermark-Ober-Roden Kinos, Kneipen und möglichst sogar die Bahn gemieden. Ständig hatte sie Angst, sich übergeben zu müssen. Emetophobie ist der Name einer Störung, die mittlerweile als Krankheit anerkannt ist. Jeannette Kath hat sie auskuriert.

Rödermark – „Es ist zum Kotzen!“ Wie oft spuckt man diesen Satz aus, wenn man sich ärgert? Jeannette Kath jedoch bekam Panikattacken, wenn sie ihn hörte. Selbst das harmlose Wort „abgebrochen“ – normalerweise in Verbindung mit Blumen oder Studium gebraucht – löste ähnliche Reaktionen aus. Die heute 31-Jährige litt lange unter Emetophobie, der Angst vorm Erbrechen.

Wann das Ganze angefangen hat, kann Jeannette Kath heute nicht mehr sagen. „Ängste und Störungen entwickeln sich langsam und ohne dass man es merkt“, stellt sie fest. Richtig klar wurde ihr die Misere, als sie 2016 eine Therapie begann. Bis dahin litt sie unter Panikattacken und Depressionen. Beim Gedanken ans Erbrechen wurde ihr schwindlig. Jeannette Kath ging nicht mehr ins Kino oder ins Restaurant. Lebensmittel, die kurz vorm Verfallsdatum waren, hat sie vorsorglich weggeworfen. Die Menge der trockenen Brötchen und die Masse an Magen-Darm-Tees mag sie nicht mehr zählen. Und wenn sie mal ausging, hatte sie immer einen Notfallplan im Kopf: „Wo im Raum stehen die Mülleimer?“ Die Angst kontrollierte den Alltag.

Vor ungefähr sechs Jahren sagte sie ihrer Emetophobie den Kampf an. „Ich muss was ändern. Ich bin zu jung, um vor mich hin zu gammeln!“ Jeannette Kath fuhr zweigleisig. Einerseits gönnte sie Körper und Seele viel Achtsamkeit, andererseits ging sie trotz mancher Bauchschmerzen aus. Zudem hatte sie Glück, dass Ärzte diese Art von Angststörung nicht belächeln, sondern als Krankheit anerkennen.

Jeannette Kath ist längst sicher: Sie ist geheilt. Weil selbst Therapeuten Emetophobie mit anderen Angststörungen verwechseln, betreibt sie Aufklärungsarbeit. Auf Instagram (@mental_stabil) macht sie Betroffenen Mut und gibt Alltagstipps. In acht Monaten hat sie mehr als 900 Follower gefunden, meist Frauen, die offener mit ihren Problemen umgehen. Deshalb auch der flapsige Untertitel ihres Online-Auftritts „Lassma über Psyche reden!“

Welch schlimme Folgen Emetophobie haben kann, schildert Jeannette Kath an einem Beispiel: Eine Frau hat ihr gebeichtet, dass sie eine Abtreibung in Erwägung zog. So wollte sie vermeiden, sich während der Schwangerschaft zu übergeben. Jeannette Kath ist seit knapp einem Jahr Mutter. Sie hat sich nicht einmal während ihrer Schwangerschaft übergeben. Und vorher auch nicht: Zu groß war die Angst davor...

Wer mit Jeannette Kath Kontakt aufnehmen will, geht auf Instagram oder mailt: hallo@mental-stabil.de (Michael Löw)

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