In Rödermark leben Menschen aus 113 Nationen

Seinen 30. Geburtstag feierte das Netzwerk für Flüchtlinge in Rödermark (NFR) mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Es ist wunderbar, dass wir so lange schon aktiv sind, aber es ist traurig, dass wir immer noch gebraucht werden“, war der Tenor, den die Vorsitzende Brigitte Speidel-Frey aber ins Positive zog: „Lasst uns das Leben feiern und die Freundschaft!“
Rödermark - So sah es auch Landrat Oliver Quilling, der beeindruckende Zahlen mitbrachte: 127 Flüchtlinge aus Afghanistan wurden zuletzt dem Landkreis zugewiesen; im vierten Quartal sei wahrscheinlich die doppelte Anzahl zu erwarten. „Es ist nicht traurig, dass es Sie geben muss, sondern einfach schön, dass Sie da sind“, würdigte Quilling. Ganz praktisch bedankte sich Bürgermeister Jörg Rotter beim Verein: Er bat den aus Syrien geflüchteten Karate-Sportler und Olympiateilnehmer Wael Shueb, sich stellvertretend für viele weitere Menschen ins Goldene Buch der Stadt einzutragen.
Der Verein NFR entwickelte sich aus dem vor 30 Jahren gegründeten Asylkreis, der unter anderem von Pfarrer Frithjof Decker und Altbürgermeister Roland Kern gegründet wurde. Wie der Verein war auch die weltoffene Stadt mit Zuwanderern und Flüchtlingen aus 113 Nationen bemüht, zum gelingenden Start ihrer Neuankömmlinge beizutragen.
Vor 30 Jahren, ausgelöst durch die Jugoslawienkriege und neu angesiedelte Spätaussiedler, wurde engagierten Bürgern rund um den damaligen Gemeindepfarrer Decker und den Rechtsanwalt Roland Kern klar: Es muss etwas geschehen. „Es war wichtig, dass sich eine Gruppe aus Anwälten, Sozialarbeitern und Kirchenleuten bildete und wir als Verein offiziell mit den staatlichen Behörden in Kontakt treten konnten.“ Das gilt auch 30 Jahre später nach mehreren Umorganisationen und Namensänderungen.
Wichtigste Aufgaben sind heute die Unterstützung des Deutschlernens, am besten durch Patenschaften und persönliche Kontakte, sowie die Hilfe bei Wohnungs- und Arbeitssuche. Pflichten wie Lebenslauf oder Bewerbungen schreiben sind für die Geflüchteten fast unüberwindbare Hürden. Hier sind ehrenamtliche Helfer unerlässlich.
Zuletzt hatte Corona vieles, aber nicht alles von der Arbeit im Verein umgeworfen. Sowohl die Projekte „Sommer der Frauen“ als auch „Empowerment für Frauen“ konnten dank vielfacher Anstrengung stattfinden. Der Dank der Vorsitzenden galt den zahllosen Helfern, dem Vorstandsteam und den Zivildienstleistenden des Kreises, die sich alle engagiert für ein gutes Einleben der Geflüchteten einsetzen.
Musikalisch umrahmt von der Dreieicher Gruppe „Grenzenlos“ mit bewegenden Liedern, feierte sich das Netzwerk für Flüchtlinge einmal selbst. Abgerundet wurde das Geburtstagsfest durch die informative Broschüre „30 Jahre NFR“, in der neben Zahlen und Fakten auch viele Gespräche mit Gründungsvätern, aktiven Helfern und Geflüchteten zu lesen sind. Das Heft liegt in den beiden Rathäusern und an vielen anderen öffentlichen Stellen aus. Infos: Telefon 06074 61649. (Christine Ziesecke)
