Abräumverfahren in Hessischen Mainauen: Klein-Welzheimer wehrt sich weiter gegen Naturschutzbehörde

Der Klein-Welzheimer Oliver Lahrem wehrt sich schon länger gegen ein Abräumverfahren für seinen Garten und appelliert auch an andere Betroffene, vor der Unteren Naturschutzbehörde nicht klein beizugeben. Mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde will er ein Zeichen setzen.
Klein-Welzheim – Zivilcourage ist ein Begriff, der im Gespräch mit Oliver Lahrem immer wieder fällt. Der 51-jährige Klein-Welzheimer hat mit großem Interesse die Berichte unserer Zeitung über die von der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) eingeleiteten Abräumverfahren zu illegalen Gärten in Dreieich verfolgt. Die emotionale Belastung für die Kleingärtner kann er nachfühlen. Seit mehr als zwei Jahren streitet er, wie bereits vergangenen Oktober berichtet, mit der UNB um die Erhaltung einer Gartenhütte. Klein beigeben will er nicht, vielmehr ein Zeichen setzen: Gegen die Behördenleitung hat er jetzt eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht. Lahrem ist der Meinung, diese habe mit Vorsatz die Unwahrheit gesagt und Beweise unterschlagen.
Rückblick: Nach vorangegangenem Schriftwechsel mit der Unteren Naturschutzbehörde erhält Lahrem 2020 einen Abräumvertrag für das Häuschen, das seit den Sechzigern in seinem Garten hinter seinem Wohnhaus am Sandweg am Landschaftsschutzgebiet Hessische Mainauen steht. „Eingriff in Natur und Landschaft“ lautet die Begründung, zudem gibt der Behördenleiter an, es liege keine Baugenehmigung für die Gartenhütte vor. Kreissprecherin Ursula Luh begründet diese Behauptung schließlich mit einem Fehler innerhalb der Kreisverwaltung: Die UNB habe die Dokumente bei der Kreisbauaufsicht unter veralteter Ziffer angefragt.

Oliver Lahrem zweifelt die Aufrichtigkeit der Behördenleitung an. Aktuell, rund acht Monate später, hat der Klein-Welzheimer noch immer keine Gewissheit, ob das von seinen Eltern errichtete Gartenhaus stehen bleiben darf. Er wehrt sich mit Hilfe eines Anwalts gegen eine Ortsbegehung, die die UNB nun per Duldungsverfügung durchsetzen wolle. „Es ist doch alles geklärt, die Unterlagen liegen vor. Die Hütte wurde genehmigt und liegt nicht mal in den Mainauen“, begründet Lahrem seine Weigerung. „Wir halten das für Machtspielchen.“
Kreissprecherin Luh erläutert: „Prinzipiell finden Ortsbegehungen statt, um die tatsächlichen Zustände vor Ort zu sichten und anschließend eine rechtssichere Entscheidung treffen zu können.“ Auf den Einzelfall könne man nicht näher eingehen, da es sich um ein laufendes Verfahren handele.
Den Eingang der Dienstaufsichtsbeschwerde bestätigt Luh. Oliver Lahrem bekräftigt seine Entscheidung: „Der Bürger muss sich nicht alles gefallen lassen.“ Er appelliert an Betroffene, sich nicht so einfach abspeisen zu lassen. Dabei sei ihm klar, dass er mit dem Rückhalt der IG Mainauen und deren Anwalt eine komfortablere Position habe als etwa die Kleingärtner in Dreieich. „Die Leute müssen sich zusammenschließen“, so sein Rat.
Die Untere Naturschutzbehörde handele unverhältnismäßig und unmoralisch, das zeige auch das Beispiel seines Nachbarn Otto Mock. Der 81-Jährige hat laut Lahrem seinen Garten in den Mainauen schon vor zwei Jahren räumen müssen. Von der UNB habe er die mündliche Zusage erhalten, eine Sitzbank auf dem Grundstück belassen zu können – zum Ausruhen während der Pflege der Obstbäume. Per Brief habe ihn die UNB vor Kurzem aufgefordert, diese nun doch zu entfernen. „Auf die Versprechen ist kein Verlass“, schlussfolgert Lahrem.
Auch in diesem laufenden Verfahren könne der Kreis keine Einzelheiten erklären, erwidert Ursula Luh auf Nachfrage: „Prinzipiell kann es für eine Bank keine offizielle Duldung geben.“ Allerdings halte sich die Behörde an ihr zugesagtes Entgegenkommen den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber.
Bei seinen Recherchen ist Oliver Lahrem auch auf eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes gestoßen, die am 1. März in Kraft getreten ist. Diese benennt in Paragraph 1, Absatz 6, nun explizit „Kleingartenanlagen“ als Freiräume, die dem Schutz der Vorschrift unterfallen: „Freiräume im besiedelten und siedlungsnahen Bereich einschließlich ihrer Bestandteile, wie (...) Kleingartenanlagen (...), sind zu erhalten und dort, wo sie nicht in ausreichendem Maße und hinreichender Qualität vorhanden sind, neu zu schaffen oder zu entwickeln.“ Die Gärten im Landschaftsschutzgebiet Hessische Mainauen liegen allerdings im Außenbereich, was eigentlich freie Landschaft bedeute, und fielen nicht unter die im Gesetz aufgeführten Kleingärtenanlagen, erklärt Luh. „Kleingartenanlagen sind genehmigte und planungsrechtlich abgesicherte Bereiche.“
Lahrem wundert sich dennoch, warum sich die Behörde nicht zumindest am Gesetz orientiert: „Dass die Gärten in den Klein-Welzheimer Mainauen keine Kleingartenanlagen sind, ist klar, sind diese doch zu zerstreut. Man kann diese jedoch dulden. Die Besitzer der Schrebergärten in den Kleingartenanlagen müssen selbst tätig werden, damit diese, wenn notwendig, legalisiert werden – das neue Gesetz ist eine Basis dafür!“
Der Nutzen von Kleingärten für Natur und Insekten steht für Oliver Lahrem, der selbst jahrelang als Landschaftsgärtner tätig war, außer Frage. Mit seinem Gang an die Öffentlichkeit will er nicht nur seinen Nachbarn Otto Mock unterstützen, sondern andere ermutigen, im Zweifel noch mal bei der Behörde nachzuhaken. Der Kreis indes versichert, nach Veröffentlichung unseres Artikels im Oktober weitere Verfahren auf Verwaltungsfehler überprüft zu haben. Es seien keine festgestellt worden. (Von Franziska Jäger)