Altstadt in Seligenstadt: Nachhaltige Heizkonzepte gesucht

Noch heizen Öl und Gas große Teile der Seligenstädter Altstadt. Doch ab 2024 müssen neue Heizapparate zu mindestens 65 Prozent auf erneuerbare Energien setzen.
Seligenstadt – Gleichbedeutend mit dem Aus für klassisch betriebene Gasheizungen, sollten die einmal zu alt oder kaputt sein. „Das hat der Bund so beschlossen“, sagt Reiner Stoll von den Seligenstädter Sozialdemokraten. „Für den historischen Ortskern brauchen wir deshalb neue Ideen.“
Damit die Altstadt-Anwohner künftig nicht im Kalten bibbern müssen, wünscht sich die SPD vom Magistrat, ein von der Fraktion ausgetüfteltes Wärmekonzept zu prüfen. Die Idee: Vielleicht könnten Grundwasserwärmepumpen die Altstadt nachhaltig heizen. Denn: „Viele alternative Wärmeversorgungskonzepte sind praktisch nicht umsetzbar“, heißt es in dem Antrag.
Viele Heizkonzepte sind in der Altstadt von Seligenstadt schwer umsetzbar
Ein Fernwärmenetz etwa sei im „existierenden Leitungswirrwarr der Altstadt nicht zu stemmen“, das Heizen mit Holz vielleicht individuell, aber kaum großflächig möglich. Und auch die Nutzung von Luft-Wasser-Wärmepumpen gestaltet sich schwierig, sagt die SPD. Die Geräte könnten den Energiebedarf der Altbauten nicht effizient decken. Ein weiterer Knackpunkt läge in der Natur der Altstadt selbst: Mit ihren mehr als 200 Einzelkulturdenkmälern ist sie so dicht bebaut, dass es schlichtweg nicht ausreichend Platz gebe, die kühlschrankgroßen, brummenden Außenteile einzeln vor den Gebäuden zu platzieren.
Als potenzielle Lösung schlägt das SPD-Papier deshalb sogenannte Wasser-Wasser-Wärmepumpen vor, auch Grundwasserwärmepumpen genannt. „Sie sind sehr leistungsfähig und haben bei allen Außentemperaturen einen gleichbleibend hohen Wirkungsgrad“, schreibt die Fraktion. Die Kerngeräte nehmen im Gebäudeinneren ähnlich viel Platz ein wie eine Gasheizung.
Nachhaltige Altstadt: Seligenstädter Verein informiert sich über Wärmepumpen
Andreas Felten engagiert sich im Vorstandsteam des Vereins „Lebenswerte Seligenstädter Altstadt“. Er sagt: „Seit Sommer vergangenen Jahres beschäftigt uns das Thema stark. Wir haben einen Vortragsabend abgehalten, uns von Wärmepumpen-Herstellern und Installateuren informieren lassen. Denn es ist schon so, dass es in der Altstadt recht schwierig wird, alternative Energieformen einzusetzen.“ Der Gedanke, das eigene Haus mit einer kompakten Wärmepumpe zu heizen, gefällt ihm. Doch er weiß, dass auch diese Idee mit einem Platz-Problem zu kämpfen hat – und schon wieder könnte die Struktur der Altstadt dazwischenfunken.
Eine Wasser-Wasser-Wärmepumpe funktioniert nämlich nur mit Hilfe zweier kaum sichtbarer Außenbrunnen, die das Grundwasser anzapfen. Die Firma Martin Rüdell Heizungsbau aus Seligenstadt erläutert: „Dabei entnimmt ein Brunnen das Wasser aus dem Boden, pumpt es in den Tauscher, der die Wärme zieht. Über den zweiten Brunnen gelangt das Wasser zurück ins Grundwasser. Allerdings wird es immer schwieriger, für so etwas eine Genehmigung zu bekommen und zu bohren. Dazu muss man zwischen den Brunnen einen gewissen Abstand einhalten.“
Nachhaltige Altstadt in Seligenstadt: SPD fordert Gutachten zu Pumpen-Konzept
An dieser Stelle setzt auch der Antrag der SPD an: Ein Gutachten vonseiten der Stadt ist notwendig. Eignet sich das Grundwasservorkommen, um großflächig Wasserbrunnen zu installieren? Wie müssten die Brunnen aufeinander abgestimmt und verteilt werden, damit möglichst viele Anwohner profitieren können? Den Startschuss für die neue Brunnen-Debatte in Seligenstadt setzt dann die Stadtverordnetenversammlung Anfang Februar. Zudem wird Seligenstadt dieses Jahr 10 Millionen Euro in den Haushalt investieren. (Julius Fastnacht)