Auf Zeitreise ins 18. Jahrhundert beim Zunft- und Handwerkermarkt

Der Zunft- und Handwerkermarkt hat am vergangenen Wochenende wieder Tausende in die ehemalige Klosteranlage in Seligenstadt gelockt. Der vom gemeinnützigen Verein Klatschmohn ausgerichtete Markt konnte nach Corona-bedingter Pause erstmals wieder stattfinden.
Seligenstadt – Handwerk hat nicht nur „goldenen Boden“ – wie es so schön heißt – sondern auch eine lange Tradition. Dies wurde am Wochenende beim 15. Zunft- und Handwerkermarkt im historisch einmaligen Ambiente der ehemaligen Benediktinerabtei in Seligenstadt einmal mehr deutlich. Ausrichter des bunten, an zwei Tagen von rund 10 000 Menschen besuchten Spektakels ist der gemeinnützige Verein Klatschmohn. Der 2020 von der Stadt Seligenstadt „für besondere Heimatpflege“ ausgezeichnete Verein richtet im zweijährigen Turnus den historischen Markt aus, der die Zeit des blühenden Handwerks und der Zünfte um 1750 widerspiegelt: In einer Zeit der Kaufmannszüge, als vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert hinein Verbände von Kaufleuten mit ihren Pferdefuhrwagen aus allen Himmelsrichtungen zur Frankfurter Messe zogen, um dort ihre Waren feilzubieten.

Der Corona-Pandemie geschuldet fiel das kunterbunte Markttreiben mit der Präsentation traditioneller Handwerkskünste vor zwei Jahren aus, auch 2021 sorgten die Auflagen für eine Absage. „2022 wagen wir’s wieder. Es war alles sehr kurzfristig, doch innerhalb von wenigen Monaten ist es uns gelungen, konkret zu planen“, sagt die stellvertretende Klatschmohn-Vorsitzende Birgit Malsy-Grimm. „2023 wäre das hier alles nicht möglich gewesen. Denn das wäre nahezu zeitgleich mit dem Kaufmannszug, personell wäre das dann nicht zu stemmen.“
Mehr als 100 Handwerker, Gaukler, und Spielleute beim Zunft- und Handwerkermarkt in Seligenstadt
Am Zunft- und Handwerkermarkt, Samstagvormittag mit einem Zunftspiel eröffnet, beteiligten sich mehr als 100 Handwerker, Künstler, Gaukler und Spielleute. Sie präsentierten im besonderen Ambiente des Klosterhofs in historischer Robe ihre handwerklichen Arbeitskünste. Die Besucher konnten sich zwei Tage lang auf eine Zeitreise entlang vieler Stände begeben. Auch viele Seligenstädter Handwerker waren mit ihren Gewerken dabei. Ein Zimmerer erklärte anhand eines Miniaturmodells, wie Fachwerkhäuser gebaut werden, Schieferherzen wurden freudig gehämmert, am Amboss geschmiedet und dazu Lieder gesungen, zudem gezeigt wie Torbögen gemauert wurden.
Mit dabei war auch wieder die „Bruderschaft der freien Zünfte zu Brettheim“, die – aus dem Badischen angereist – anschaulich zeigte, wie Weber aus Flachsfasern Leinen herstellten. „Am Webstuhl wird das Flachsgarn in 444 Fäden eingefädelt und dann mit Webstuhl und Durchziehen des Schiffchen zu Leinen gewebt“, erklärte Weberin Petra Bauer (Bretten), die ebenso wie Ehemann Martin ins selbstgeschneiderte Gewand geschlüpft war. Auch ein Stuhlflechter und ein Küfer (Fassbauer) kamen aus Bretten in den Klosterhof. Sie übten, wie mehr als 100 weitere Handwerker, längst vergessene, einst weit verbreitete Berufe aus.

„Mit dem Besuch sind wir sehr zufrieden. Wir freuen uns sehr, dass unser Zunft- und Handwerkermarkt so gut ankommt“, resümierte Klatschmohn-Vizevorsitzende Birgit Malsy-Grimm über „den guten Draht zu Wettergott Petrus“. Am Freitagabend beim Aufbau habe man noch gebangt. „Erstmals mit von der Partie sind ein keltischer Harfenist im Sommerrefektorium, ein Geigen- und Cembalobauer aus Gelnhausen sowie ein Vergolder und Restaurator.“ Neben dem Eintauchen in die Welt der Handwerkskünste hatten die Besucher auch Spaß an den Auftritten der Spielleute und ihren alten Instrumenten sowie den Vorführungen der Artisten und Gaukler. Zum Abschluss des Marktes am Samstagabend gab es eine atemberaubende Feuershow auf der großen Wiese. Dort wurden den Tag über auch Köstlichkeiten aus Omas Küche zubereitet oder Maafisch der Seligenstädter Fischerzunft kredenzt.