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Fragestellung auf Wahlzettel: „Vergackeiert“ oder nicht?

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Ostkreis - Werden die Seligenstädter beim Bürgerentscheid zum dritten Abschnitt der Umgehungsstraße „vergackeiert“ wie weiland die Hainburger mit ihrer Westtangente, weil keiner die verwinkelte Fragestellung auf dem Wahlzettel kapiert? Diese Befürchtung hegt OP-Online-Kommentator „Josef“, verbunden mit der Hoffnung, „dass die Seligenstädter heller sind als einst die Bürger von Hainstadt.“ Von Michael Hofmann

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Die Situation ist verworren, aber nicht undurchschaubar. Parallelen zu Hainburg sind nicht zu übersehen. Die Seligenstädter Wahlberechtigten können am Sonntag, 27. September, nicht nur für einen der drei Landrats-Kandidaten votieren, sie haben beim Bürgerentscheid zum dritten Abschnitt der Umgehungsstraße zudem die Möglichkeit, bei der Verkehrsplanung von Stadt und Land ein wichtiges Wort mitzusprechen. Ähnlich war die Ausgangslage im Oktober 2003 in der Nachbargemeinde Hainburg: „Sind Sie dafür, dass der Beschluss der Gemeindevertretung vom 3. Februar 2003, der den Bau der Westtangente befürwortet, aufgehoben wird?“ lautete die Gretchenfrage. Auch in Hainburg hatte eine Bürgerinitiative den Stein ins Rollen gebracht, die BI West-/Südumfahrung. Sie erhielt Unterstützung von den Oppositionsparteien SPD, BfH, FDP und Grünen. Gemeinsam kippten sie im Bürgerentscheid den mit CDU-Mehrheit gefassten Westtangenten-Beschluss der Gemeindevertretung. Wenige Bürger-Stimmen (51,5:48,5 Prozent) entschieden damals die Streitfrage, die Teilortsumgehung wurde ad acta gelegt, die Planung eingestellt. Hauptsächliche Gründe, so hieß es, waren die fehlende Entlastung der Westtangente sowie die damit verbundene Planung, die Lessingstraße bahnparallel auszubauen. Im Nachgang war tatsächlich seitens der verärgerten CDU von „Panikmache“ und „Verunsicherung“ der Wähler die Rede, aber nicht in Bezug auf die Formulierung der Frage.

Auch in Seligenstadt ist die Ausgangslage klar: Wir haben einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom Dezember 2014, nach dem die von der Oberen Verwaltungsbehörde Hessen Mobil favorisierte Strecke („Bahntrasse“) gebaut werden soll. Und wir haben die Vereinigten Bürgerinitiativen Seligenstadt (VBS), die zwar eine vollständige Umgehung der Stadt wollen, die Bahntrasse aber rundweg ablehnen. Die Bürgerentscheid-Frage am 27. September lautet so: „Sind Sie dafür, dass der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 8. Dezember 2014, der die Variante 3 „Bahntrasse“ als Vorzugsvariante für den dritten Bauabschnitt der Ortsumfahrung Seligenstadt befürwortet, aufgehoben wird?“

Seit wenigen Tagen kursieren zwei Flyer in der Stadt - einer der Vereinigten Bürgerinitiativen und einer der (in diesem Fall) vereinigten Stadtverordnetenfraktionen. Eine nicht unbeträchtliche Verwirrung in der Bevölkerung ist die Folge. Und jetzt kommen wir zum „Vergackeiern“. Stimmt denn das? Kaum, denn die Fragestellung ist inhaltlich nachvollziehbar und zielt auf eine eindeutige Antwort. Sie kann eben nicht banal lauten, wie Kommentator „Josef“ meint, ob wir für den Bau der neuen Umgehungsstraße gemäß Planfeststellungsbeschluss sind. Vorsicht! Wir sind noch in der Entwurfsplanung. Ein Planfeststellungsbeschluss dürfte noch zwei, drei Jahre auf sich warten lassen. Was also haben wir? Den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung auf Umsetzung einer vom Land Hessen empfohlenen und mit hoher Wahrscheinlichkeit gerichtsfesten Trasse. Genau das ist im Flyer der Stadtverordnetenversammlung dargestellt, verbunden mit einigen der Zielsetzungen sowie einer Liste von Ansprechpartnern aus Stadtverordnetenversammlung, Stadtverwaltung und Hessen Mobil.

Dagegen mutet der Flyer der Vereinigten BI den Bürgern allerhand Hintergrundwissen zu: Denn mit dem von ihnen geforderten „Ja“ zum Entscheid wäre nur der Stadtverordnetenbeschluss gekippt, aber noch längst keine Alternativstrecke auf dem Tisch. Bekanntlich hat Hessen Mobil alle anderen Trassenvorschläge abgelehnt, auch die von der BI favorisierte „Vierte Variante/Stehnweg-Variante“. Was nach einer Ablehnung des Parlamentsbeschlusses kommt und ob überhaupt noch etwas kommt, steht dahin. Darüber verliert die BI, die das völlig anders und viel optimistischer sieht, kein Wort, druckt zudem die irritierende Aussage „Ja für mehr Bürgerbeteiligung“ im Flyer ab. Doch darum geht es höchstens am Rande, gleichwohl ist es genau dieses „Ja“, das sich die BI bei der eigentlichen Frage, der Frage des Bürgerentscheids, erhofft.

Beiden Flyern gemein ist der Appell an die Bevölkerung, am Bürgerentscheid teilzunehmen. Wer sich die Problematik nochmal vor Augen führen lassen möchte, dem bieten sich zwei Gelegenheiten: Stadtverordnetenvorsteher Peter Sulzmann hat zu zwei sogenannten Teilbürgerversammlungen eingeladen: am Mittwoch, 23. September, 20 Uhr, im Bürgerhaus Froschhausen und am Donnerstag 24. September, 20 Uhr, im Seligenstädter Riesensaal.

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