Vor dem Bürgerentscheid: Fakten liegen auf dem Tisch

Seligenstadt - Jahre vor Realisierung eines wie auch immer gearteten dritten Abschnitts der Umgehung werfen die diversen „Kapitäne der Landesstraße“ dieser Tage Nebelkerzen unters Volk. Von Michael Hofmann
Selbsternannte Verwaltungs- und Verfahrensjuristen geben im Vorfeld des Bürgerentscheids am Sonntag, 27. September, seitenweise ihre Einschätzungen zum Besten, sprechen ausgewiesenen Experten und einer Landesbehörde Kompetenz und Seriosität ab. Also kurz: Seligenstadt, wie es leibt und lebt. Zwei Info-Broschüren sind es, die dieser Tage Chaos, Verunsicherung und Irritationen in der Seligenstädter Bevölkerung sowie die seltsamsten Reflexe auslösen. Etwa den, dass die Presse die ermüdende Trassendiskussion samt Gegen- und Protestbewegung, über die sie Ende 2014/Anfang 2015 wochenlang ausführlichst und bis ins Detail berichtet hat, neu aufrollen und nun wieder aufkommende Verschwörungstheorien sowie deren Erwiderungen veröffentlichen soll/muss. Alles unter dem entlarvenden Motto: „Wir stellen die Fakten klar.“
Die Fakten sind klargestellt und das mehrfach: Bürgerversammlungen haben stattgefunden, die Stadtverordnetenversammlung hat getagt, die Presse hat berichtet - und an der Sachlage hat sich nicht ein Jota geändert. Auch nicht an den Positionen der beiden Lager: Die Stadtverordnetenversammlung hat einstimmig beschlossen, dass die von Hessen Mobil favorisierte Trasse, die sogenannte „Bahntrasse“, gebaut werden soll. Diesen Beschluss wollen die Vereinigten Bürgerinitiativen Seligenstadt (VBS), die zwar für eine Umfahrung, aber gegen diese Trasse sind, kippen. Und dazu haben beide umstrittene Flyer unters Volk gebracht, über die wir auch berichtet haben. Das ist alles. Wir sind nun sicher, dass wir im Vorfeld des Bürgerentscheids auf weitere Experten verzichten können, die uns und unseren Lesern die Welt erneut erklären wollen. Wer von beiden Verfahrensgegnern Verwirrung und Chaos gesät hat, der soll selbst Rede und Antwort stehen - in einer der beiden noch anstehenden Teilbürgerversammlungen, die am 23. September im Bürgerhaus Froschhausen und am 24. September im Riesen (jeweils 20 Uhr) angesetzt sind und über die wir natürlich auch berichten werden.
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Weil der Bürgerentscheid eine Wahl ist und so behandelt wird, werden wir uns auch wie bei Wahlen verhalten: Wir halten die Leserbriefspalten frei von Trassen-befürwortern und -gegnern, von Tiraden und gegenseitigen Beschuldigungen, von Lobbyistenforderungen und Besserwisserallüren. Das ist ein Gebot der Fairness. Anmerken möchten wir lediglich, dass die Trassen-Festlegung von Hessen Mobil verständlicherweise Verärgerung bei denjenigen Bürgern hervorruft, die in der Nähe der Bahntrasse wohnen oder ihre Gärten/Flächen verlieren könnten. Man kann auch sauer darüber sein, dass die Unnachgiebigkeit der Behörde („Diese Variante oder keine“) eine Abwägung/Auswahl gar nicht zulässt. Und die Ankündigung, dass der Bahntrassenverlauf noch an einigen Stellen modifiziert/verbessert werden soll, muss beileibe nicht jeden trösten.
Aber es steht sicher auf einem ganz anderen Blatt, wenn die VBS jetzt versuchen, Hessen Mobil, immerhin eine Landesbehörde mit 3500 Mitarbeitern, als eine Art Juxtruppe hinzustellen, die in der Bürgerversammlung Mitte November 2014 Aussagen getroffen habe, die weit über ihrer Kompetenz lägen. Etwa die, dass ein Nein zur Bahntrasse auf absehbare Zeit auch das Aus für alle Alternativstrecken bedeutet. Das war nun mitnichten eine „politisch zu wertende Aussage“, sondern die Position einer Behörde nach ausführlichen Untersuchungen, die dem Verkehrsminister direkt unterstellt ist. Und wenn Aussagen zutreffen, die die Bürgerinitiativen CDU-Fraktionschef Joachim Bergmann in den Mund legen, nämlich dass Hessen Mobil eine Behörde der Exekutive sei, die man „entsprechend anweisen oder anweisen lassen kann so zu handeln, wie man das möchte“, dann hat eine ganze Reihe von den Herrschaften ganz offensichtlich zu viele Amigo-Filme gesehen.