Nachwuchs für Fußball-Schiedsrichter wird dringend gebraucht

Der JFV sucht dringend nach Nachwuchs-Schiedsrichter. Denn kann der Verein keinen stellen, hat das Folgen.
Seligenstadt – Jedes Wochenende leiten rund 80 000 Schiedsrichter Fußballspiele auf deutschen Fußballplätzen. „Ohne die 23. Frau oder den 23. Mann auf dem Spielfeld geht es nämlich nicht“, weiß Stephan Hromatke, F1-Trainer des JFV Seligenstadt – Zellhausen – Klein-Welzheim. „Nur mit einem neutralen Spielleiter kann ein Fußballspiel gerecht durchgeführt werden. Auch wenn es manchmal nicht einfach ist, sich durchzusetzen“, sagt der JFV-Trainer und sucht nach Interessenten für eine Schiedsrichterlaufbahn.
„Derzeit haben wir leider nur einen Schiedsrichter“, bedauert er. „Wir übernehmen als Verein die Kosten für die Ausbildungslehrgänge, die komplette Schiedsrichterausstattung, die Fahrtkosten zu den Spielen und die Spesen“, sagt der Jugendtrainer. „Wenn es absehbar ist, dass ein Fußballer keine große Karriere machen wird, ist es immer noch möglich eine als Schiedsrichter zu machen“, erläutert Hromatke am Rande eines F-Jugend-Tainingsspiels in Klein-Welzheim.
Seligenstadt: „Fairplay“ steht im Vordergrund
An diesem Samstagmorgen übernimmt Fernando Capote, Vater eines Nachwuchskickers und Träger eines Fitness-Trainerscheins, ehrenamtlich die Leitung eines JFV-Trainingsspiels. „Die Kinder lernen beim Fußballspiel den fairen Umgang miteinander. Oft rennen sie in der F-Jugend noch ungestüm ineinander. Erst im Alter von elf Jahren beherrschen sie ihre Motorik besser“, so der 53-Jährige. Beim Pfeifen des Fußballnachwuchses legt er großen Wert auf „Fairplay“ und setzt beim Zusammenprallen der Jungkicker auf „Handshakes“.
Schiedsrichter sammeln nach dem Ausbildungslehrgang zunächst in jüngeren Altersklassen erste Erfahrungen beim Leiten von Fußballspielen. Und das Pfeifen von Spielen der Nachwuchskicker kann mitunter auch nicht ganz einfach sein.
Während am Samstagmorgen die Eltern auf dem Klein-Welzheimer Sportplatz völlig entspannt das Kicken ihrer Kids verfolgen, könne es in urbanen Zentren wie Frankfurt oder Offenbach auch mal deutlich „robuster“ zugehen. Zu ehrgeizige, unentspannte Eltern ließen da unter anderem von der Seitenlinie auch mal unangebrachte Schimpfwörter fallen, weiß Fernando Capote.
„Als Schiedsrichter braucht man einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Und manchmal muss man sich auch, weniger erfreuliche Dinge’ anhören. Hier in unserer ländlich geprägten Region kommt das aber eher selten vor“, hat er festgestellt. Souverän leitet Fernando Capote den morgendlichen Trainingskick, tröstet die Kids, wenn sie beim Kampf um das runde Leder mal wieder ungestüm ineinander gerauscht sind. Oder bindet einem der Nachwuchskicker den offenen Schnürsenkel zu einer Schlaufe zusammen. Und weiter geht’s.
Fußball aus einer anderen Perspektive erleben
„Schiedsrichter erleben den Fußball aus einer ganz anderen Perspektive, sie lernen, Entscheidungen in wenigen Augenblicken zu treffen“, berichtet Jugendtrainer Stephan Hromatke. „Das steigert ihr Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen. Und dadurch verbessert sich auch ihr Umgang mit Kritik abseits des Platzes“, weiß der Jugendtrainer.
„Ein Schiedsrichtermangel ist eindeutig feststellbar“, hat aber auch Günter Kiepfer, Kreisschiedsrichterobmann vom Fußballkreis Offenbach beobachtet. „Aufgrund des Schiedsrichtermangels können viele Spiele im Jugendbereich, im Damenfußball und auch in der C-Liga der Herren teilweise nicht mehr besetzt werden. Bei den Ansetzungen steht es oft, Spitz auf Knopf’. Im ländlichen Bereich Büdingen, Friedberg, Dieburg, Odenwald wird es wirklich schon eng“, berichtet Kiepfer, dass Schiedsrichter im Rhein-Main-Gebiet unter den Schiedsrichtervereinigungen ausgetauscht werden.
Und wenn mal wirklich keine Schiedsrichter entsendet werden kann? „Es ist Vorgabe des Hessischen Fußballverbands, dass beide Vereine sich einigen müssen, wer in der Lage ist ein Spiel zu pfeifen. Dass da eine Mannschaft nicht zufrieden ist, liegt auf der Hand“, sagt der Kreisschiedsrichterobmann. „G- und F-Jugendspiele können wir gar nicht besetzen. In der E-Jugend setzen wir unsere Schiedsrichter-Neulinge ein.“
Seligenstadt: Von erfahrenen Schiedsrichtern lernen
„Im September – im vergangenem Anwärterlehrgang – hatten wir 40 Jungschiedsrichter für Stadt und Kreis Offenbach. Die ersten drei Spiele werden sie im sogenannten „Patensystem“ von erfahrenen Schiedsrichtern begleitet“, sagt Günther Kiepfer und freut sich über jeden Neuschiedsrichter, denn die Fußballvereine müssen ein gewisses Schiedsrichter-Kontingent stellen.
„Für die Jungschiedsrichter machen wir unheimlich viel, etwa bieten wir kostenlose Besuche von Bundesliga- und Nationalmannschaftsspielen oder auch Grillabende an“, erläutert Kiepfer, dass es aktuell in Hessen rund 4 100 Schiedsrichter gibt, davon 290 Aktive in der Schiedsrichtervereinigung Offenbach. „Unser Aushängeschild ist übrigens der erfahrene Bundesligaschiedsrichter Tobias Stieler.“ (Von Holger Hackendahl)