Haushalt in Seligenstadt: Ausgleich doch noch gelungen

Das Zuwarten hat sich ganz offenkundig gelohnt: Geplant war der Vorjahres-Dezember, doch Seligenstadts Bürgermeister Daniell Bastian (FDP) präsentierte den Etat 2022 erst in der Stadtverordnetenversammlung am Montagabend, konnte in der zweimonatigen Verzugszeit ein Millionen-Loch schließen und kommt somit um allseits gefürchtete Steuererhöhungen herum.
Seligenstadt – Der Etat 2022 hat auf dem Ergebnissektor einen Fehlbedarf von 646 000 Euro (52,3 Millionen Euro Erträge/52,9 Millionen Aufwendungen), im Finanzetat steht ein Zahlungsmittelüberschuss von 1,2 Millionen Euro zu Buche. Da Kämmerer Bastian und sein Team Defizite kompensieren oder noch vermeiden konnten, kommt die Stadt trotz angespannter Lage um Steuererhöhungen und ein gängelndes Haushaltssanierungskonzept herum. Nach zuletzt vier ausgeglichenen Etats (2017 bis 2020), die ausreichend Substanz lieferten, einer defizitären 2021er Bilanz mit deutlichen Corona-Einschusslöchern in Ergebnis- und Finanzetat nun also ein 615 Seiten dickes Nachschlagewerk mit detaillierten Angaben dazu, was im zweiten von der Pandemie überschatteten Jahr geht und was nicht.
Viel Zeit verwendete Bürgermeister Daniell Bastian in seiner Haushaltsrede am Montag darauf, unter Verzicht auf endlose Zahlenkolonnen den Parlamentariern viel lieber den wechselhaften, oft problematischen Weg der Meinungsbildung, mit Herausforderungen und Risiken gepflastert, zum doch noch guten Ende anschaulich zu beschreiben. Unter seinem Motto „Ein wilder Ritt mit Happy End“ löste das Eindampfen eines Fünf- in ein Zwei-Millionen-Defizit in der Verwaltung wohl in der Tat ein Wechselbad der Gefühle sowie die betrübliche Erkenntnis aus, dass letztlich nicht der Ergebnishaushalt das Vorhaben Haushaltsausgleich scheitern lassen könnte - Rücklagen in Millionenhöhe sicherten das ab - sondern der Finanzetat, bei dem Zins und Tilgung sichergestellt werden mussten. Dort fehlten 1,25 Millionen, und der Geldbestand zum Jahresende 2021 reichte nicht aus. Stadtkassen- und Kämmereileiter Bernd Wich senkte also den Daumen nach unten, das Pokerspiel begann: Im Ältestenrat trafen Kämmerer, Verwaltung, Magistrat und Politiker die Übereinkunft, die Einbringung gut zwei Monate zu verschieben, um ein Streichkonzert oder Steuererhöhungen zu vermeiden und auf einen rettenden Überschuss aus dem Vorjahr zu hoffen.
Seligenstadt: Kreisumlage fiel gnädiger aus als befürchtet
Die Happy Hour konnte gleich am 2. Januar eingeläutet werden: Ein vergleichsweise üppiger Liquiditätsüberhang von mehr als 2 Millionen Euro aus 2021 ermöglichte eine (erlaubte) Ersatzdeckung des Defizits samt ordentlicher Tilgung. Dusel hatte die Pokerrunde zudem, weil die Kreisumlage etwas gnädiger ausfiel als befürchtet – um immerhin 410 000 Euro. Und weil das Glück auch mit den Fleißigen ist, fällt die Gewerbesteuer - Stand Anfang Februar - deutlich höher aus als die ohnehin recht mutig eingestellten 9,7 Millionen Euro. Der neue (Rekord-)Ansatz beträgt 10,7 Millionen! „Im Jahr 2022 wird es keine Steuererhöhungen geben, die Haushaltsgenehmigung sollte kein Problem sein und in Kürze erfolgen“, beschied Bastian seiner siebten Etat-Vorlage.
Letztlich bleibt im Ergebnis-Etat ein Fehlbedarf von knapp 650 000 Euro, der kompensiert werden kann. „Und für das Jahresende prognostiziert die Planung einen Liquiditätsbestand von 3,2 Millionen. Damit halten wir sogar den gesetzlich geforderten Liquiditätspuffer vor. Für 2022 beträgt er 930 000 Euro.“

Zwar gelte aktuell eine vorläufige Haushaltsführung, so Bastian weiter, doch bedeute das keinen Investitionsstopp. Renovierung des Bürgerhauses in Klein-Welzheim (Fortsetzungsmaßnahme), Neuverfugung des Nichtschwimmerbeckens (Verletzungsgefahr) oder die Sanierungsmaßnahmen im ehemaligen Rathaus Froschhausen können weiterlaufen. Zusätzliche Investitionen sind entweder als Fortsetzung zulässig (Straßenmaßnahmen rund um den Bahnhof sowie Einhardstraße und Umgebung) oder sie sind infolge einer rechtlichen Verpflichtung ohnehin geboten (alle Maßnahmen rund um die Kinderbetreuung). Hinzu kommen Förderprojekte wie Hessenkasse (Straßensanierung) und die Wirtschafts-Initiative „Zukunft Innenstadt“.
Kaum Zuwendungen zu Festen und Veranstaltungen in Seligenstadt
Bei den freiwilligen Leistungen beschränke Corona die Stadt viel mehr als die vorläufige Haushaltsführung, sagt Bastian. Zuwendungen zu Festen und Veranstaltungen fallen ohnehin kaum an, und die Vereinsförderung werde turnusmäßig erst zum Jahresende ausgezahlt.
Die Verpflichtungsermächtigungen für künftige Investitionen betragen 6,6 Millionen Euro. Sie sind für neue Feuerwehr-Fahrzeuge, den Neubau einer Kita am Stadion, für die Hessenkassen-Straßenbaumaßnahmen und die Fortsetzung des Buswartehallen-Umbaus gedacht.
Trotz Happy-End-Stimmung nennt Bastian auch die Hauptgründe, die die finanziellen Möglichkeiten der Stadt doch arg einschränken. „Verschlimmert wird dies dadurch, dass es sich um strukturelle Probleme handelt, die wir als Kommune nicht selbst in der Hand haben. Hier sind wir auf die Hilfe von Land und Kreis angewiesen.“ Zuvorderst verweist der Bürgermeister auf die Kinderbetreuung, für die ein Minus von 7,8 Millionen zu Buche steht – Tendenz weiter steigend! Sein wiederholter Appell Richtung Wiesbaden: „Wer eine umfangreiche Kinderbetreuung per Rechtsanspruch ermöglicht, sollte auch den Großteil der Kosten dafür tragen. Es kann nicht angehen, dass am Ende die Kommunen den Löwenanteil stemmen müssen.“ Für die Kinderbetreuung stehen drei wesentliche Projekte auf der Agenda: der Ausbau der Betreuung an der Konrad-Adenauer-Schule (Tranche von 1,3 Millionen Euro an den Kreis), neue Kitas in Stadionnähe und im Westring (zusammen 600 000 Euro Planungskosten).
3,25 Millionen Euro für den Klimaschutz-Maßnahmen in Seligenstadt
Stadtentwicklung: Zur Erschließung eines weiteren Teils des Gewerbegebiets „Südlich der Dudenhöfer Straße“ stellt die Stadt knapp 1,5 Millionen Euro bereit. Zur Finanzierung sollen Grundstücksverkäufe herangezogen werden. 2021 nicht kassenwirksam wurden Restzahlung auf den Kaufpreis des Bahngeländes (650 000 Euro) sowie dessen Erschließung (45 000 Euro). Finanziert wird dies über die Vereinfachte Umlegung.
In einer neuen Haushalts-Tabelle sind alle im Entwurf enthaltenen Maßnahmen mit Bezug zum Klimaschutz ausschließlich für das Haushaltjahr 2022 aufgeführt. „In Summe wenden wir den stolzen Betrag von rund 3,25 Millionen Euro auf. Eine Summe, die ich so nicht erwartet hätte. Ich denke, jetzt kann keiner mehr ernsthaft behaupten, wir täten nichts fürs Klima. Allerdings, mehr geht immer. Das ist dann eine Frage der finanziellen Möglichkeiten“, so der Bürgermeister.