Linden sterben in Seligenstadt: Toter Baum auf Freihofplatz, kranker auf Marktplatz

Um die beiden Lindenbäume auf Freihof- und Marktplatz in Seligenstadt steht es schlimm: Der Freihofplatz-Stamm ist abgestorben, der Marktplatz-Patient ohne Überlebenschance.
Seligenstadt – „Linden werden häufig sehr alt, was viele Baumdenkmäler in Deutschland zeigen“, schreiben die Experten vom „Botanischen Garten und des Botanischen Museums“ der Freien Universität Berlin auf ihrer Homepage und zitieren den Volksmund. Der behauptet, dass Linden „300 Jahre kommen, 300 Jahre stehen und 300 Jahre vergehen“.
Nun, dieser Zug ist für die beiden bekanntesten Seligenstädter Linden auf dem Freihof- und dem Marktplatz längst abgefahren. Um beide steht es schlimm, vor allem beim Baum auf dem Freihof sind keine Vitalfunktionen mehr erkennbar. Seine Totengräber sind freilich nicht etwa die üblichen Verdächtigen, also Schädlinge wie der Lindenprachtkäfer, die Lindenspinnmilbe oder die Lindenblattwespe. Nein, ein externer Sachverständiger hat die Linde nach offensichtlichen letztjährigen Schädigungen untersucht und kam zu einem ernüchternden Ergebnis: Laut Gutachten ist die Linde am Freihofplatz bereits abgestorben und muss gefällt werden.
Mehrere Faktoren, wie vor allem Platzmangel durch einen rundherum liegenden Betonring, der keine Entfaltung der Wurzeln zuließ, sowie Bodenverdichtung und Salzeintrag sind zu nennen. Damit, so Erster Stadtrat Michael Gerheim, werde die Stadt „eingeholt von den Fehlern der Vergangenheit.“ Hinzu kommen als Beschleuniger die trockenen, heißen Sommer der vergangenen Jahre. Die Fällung der Linde ist noch in der laufenden Woche vorgesehen. Da der Baum Anfang der 1990er Jahre gepflanzt worden sein soll, wurde er nur etwa 30 Jahre alt, also nichts mit 300!

Eine Nachpflanzung ist nach Angaben Gerheims erst im Herbst möglich, „da zuvor umfangreiche Tiefbaumaßnahmen notwendig sind. Der Betonring wird entfernt, um künftig einen größeren Wurzelraum zu ermöglichen. Auch wird die Baumscheibe vergrößert und zusätzlich mit Stauden bepflanzt.
Diese Baumaßnahmen auf dem hochfrequentierten Freihof, die viel Lärm und Dreck verursachen, sind im Spätherbst vorgesehen, um den Außengastronomiebetrieb nicht zu stören, so Gerheim weiter, der die gesamten Kosten mit etwa 20 000 Euro angibt.
Die Freihofplatz-Linde ist indes nicht das einzige Sorgenkind in der Stadtmitte: Zwar geht es der Marktplatz-Linde nicht so schlecht wie ihrer Schwester, doch auch bei ihr scheinen die Jahresringe gezählt.
Der Baum, ebenfalls Anfang der 1990er Jahre gepflanzt, ist nun nicht die erste Marktplatz-Linde, doch auch seine Wurzel ist so eingeengt, dass sie sich nicht entfalten kann. Betrüblich: Selbst der Versuch mit Gerätschaft für Auflockerung zu sorgen, dürfte die Wurzeln irreparabel schädigen. Da sei nichts zu machen, sagt Gerheim achselzuckend.
Nicht zum Besten bestellt war es mit der Gesundheit der Marktplatzlinde schon im Sommer 2019. Welke Blätter, lichte Krone und Äste, die abgesägt werden mussten, riefen besorgte Bürger auf den Plan. Damalige Vermutung: Die Linde bekommt in diesen heißen trockenen Tagen einfach zu wenig Wasser. Die zweite Vermutung: Der schlechte Zustand des Baumes ist auf den heißen Vorjahressommer zurückzuführen, in dem die Linde ebenfalls nicht ausreichend bewässert wurde. Nach damaligen Angaben Gerheims stand der Patient bereits auf der Behandlungsliste des städtischen Bauhofs...
Einen kleinen Trost hält der Stadtrat angesichts der beiden Linden-Opfer bereit: „Insgesamt steigt die Zahl unserer Stadtbäume.“ (Von Michael Hofmann)