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Michael Quast spielt Rollen, Chor und Orchester

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Von: Franziska Jäger

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Er spielt, singt und tanzt: „Diese Soloperformance hat auch einen sportlichen Aspekt“, sagt Michael Quast, der am 4. September im Riesensaal auftritt.
Er spielt, singt und tanzt: „Diese Soloperformance hat auch einen sportlichen Aspekt“, sagt Michael Quast, der am 4. September im Riesensaal auftritt. © Privat

Er setzt den Schlusspunkt beim diesjährigen Seligenstadt-Festival in der Einhardstadt: Michael Quast spielt Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“ - und dabei alle Rollen selbst.

Seligenstadt – Mit Jacques Offenbachs Operette „Orpheus in der Unterwelt“ setzt der Frankfurter Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter Michael Quast (63) am Sonntag, 4. September, auf Einladung des Kunstforums den krönenden Schlusspunkt des Seligenstadt-Festivals. In Offenbachs erstem abendfüllendem Stück um den mittelmäßigen Musiker Orpheus und seine lebenslustige Gattin Eurydike führt die turbulente Handlung buchstäblich vom Himmel in die Hölle, wo sich die olympischen Götter völlig enthemmt in den berühmtesten Can-Can der Musikgeschichte stürzen.

Quast spielt alle Rollen plus Chor, Orchester und einem Heer von Tänzerinnen selbst, begleitet von Rhodri Britton am Flügel. Welche Herausforderungen das birgt, was ihn daran reizt und wie er als Kulturschaffender in die Zukunft blickt, verrät er im Interview.

Das Seligenstadt-Festival vereint Musik, Literatur, Comedy, Theater und Film. Was weckt Ihr Interesse?

Die Ausstellung „Prost Mahlzeit – Vom Essen in der Kunst“ interessiert mich und die Veranstaltung „Vom Essen in der Literatur“ (Programm des Kunstforums, Anm. d. Red.). Diese Verbindung finde ich sehr reizvoll – ganz privat und dass man das auch als Künstler verbinden kann, ist großartig!

Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“ begleitet Sie nun schon zwei Jahrzehnte. Proben Sie trotzdem noch akribisch?

Vor jeder Vorstellung gehen Rhodri Britton und ich die Musik durch, wir machen eine sogenannte Anspielprobe. Mehr ist vor Ort nicht nötig. Aber jeder bereitet sich individuell vor, denn schließlich wird Hochleistung von uns verlangt, und da muss man jedes Wort und jede Note präsent haben. Gelegentlich wird die Fassung modifiziert, dann kürze ich. Und der eine oder andere aktuelle Bezug kann durchaus mal hinzukommen.

Aus einer Operette mit Solisten, Chor und Orchester machen Sie eine Ein-Mann-Show. Ist das nicht wahnsinnig anstrengend?

Ja, ich gebe zu, dass diese Soloperformance auch einen sportlichen Aspekt hat: Wie schafft der Mann das? Aber das darf nicht im Vordergrund stehen. Als Solist habe ich die Chance, dass alles ganz genau so abläuft, wie ich es mir vorstelle. Die perfekte Inszenierung. Und wenn etwas schief läuft, gibt es keine Ausreden. Als Solist kann ich auch spontan aufs Publikum reagieren, ohne dass das Timing durcheinander kommt. Ich habe alle Freiheiten.

In wie viele Rollen schlüpfen Sie – und welche steht Ihnen besonders gut?

Auf dem Besetzungszettel stehen 13 Rollen plus Chor und Statisterie plus ein Inspizient. Meine Lieblingsrollen sind zur Zeit Eurydike und Styx. Eurydike spiele ich gerne, weil sie eine selbstbewusste junge Frau ist, die macht, was sie will, dabei auch naiv, egoistisch, ungerecht und mit einer der schönsten Sterbearien, die Jacques Offenbach geschrieben hat. Und der Styx, der „Prinz von Arkadien“, ist eine grandiose Komikerrolle, ein Trottel voller Würde, im Grunde eine tragische Figur.

Ständige Rollenwechsel, keine Kostüme, minimalistisches Bühnenbild – wie behält der Zuschauer da den Überblick?

Wenn die Vorstellung gelingt, dann rollt die komplette Aufführung vor dem inneren Auge des Zuschauers ab. Mein Job ist es, die Fantasie anzuregen, die Figuren durch unterschiedliche Stimmlagen und Sprechweisen möglichst konkret darzustellen. Ich wette, jeder Zuschauer hat sein eigenes Bild im Kopf, seine eigene Inszenierung. Eigentlich müsste man sich danach austauschen, das wäre bestimmt sehr lustig!

Ihre Fliegende Volksbühne in Frankfurt musste coronabedingt zeitweise schließen, Ihr Theaterfestival Barock am Main abgesagt werden. Wie schütteln Sie die Auswirkungen der Pandemie wieder ab?

Inzwischen spielen wir ja wieder und im Fall von Barock am Main mit unvorhersehbar rauschendem Erfolg. Das ist natürlich toll und macht Mut für die kommenden Monate. Beim Wiederanfangen nach zwei Jahren gab es natürlich manche Unsicherheit: Funktioniert noch alles wie zuvor? Wie verhält sich das Publikum? Heute bin ich voller Zuversicht.

Auf welches künftige Projekt freuen Sie sich am meisten?

Jetzt freue ich mich erst mal auf das Gastspiel in Seligenstadt. Es markiert den Arbeitsbeginn nach den Ferien, und dann mit so einem schönen Stück, das ist ideal. Und dann warten jede Menge interessante Produktionen, die in der Volksbühne im Großen Hirschgraben auf die Bühne kommen sollen.

Auf ein Wiedersehen in Seligenstadt?

Sehr gerne! Ich komme immer gern hierher und denke bei der Rückfahrt jedes Mal: Schade, dass ich mir nicht mehr Zeit genommen habe!

Das Gespräch führte Franziska Jäger

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