Mit vereinten Kräften erhält das Wahrzeichen des Seligenstädter Klosters ein neues Rad

Eines der drei Wasserräder der Seligenstädter Klostermühle ist am Mittwoch erneuert worden. Der Einbau zog viele neugierige Zuschauer an.
Seligenstadt – Auf dem Platz vor der Klostermühle ist es voll. Zahlreiche geladene Gäste und Zuschauer haben sich am Mittwoch versammelt, um dabei zuzuschauen, wie das neue mittlere Rad der Mühle eingebaut wird. Nach und nach suchen sich die Neugierigen einen Platz an der Mauer, um hinunter auf die fleißigen Hände zu schauen, die das Rad einbauen.
Etwa zweieinhalb Kubikmeter Eiche und Lärche haben Mühlenbauer Ulrich Blümner und sein Mitarbeiter in vier Wochen für das Wasserrad verbaut – zwei Wochen benötigten sie zur Planung. „Das Holz stammt aus einem alten Adelswald“, sagt Blümner, „vom Rittergut von Rundstett“.
Das Wasserrad ist vom Mühlenbauer in seiner Werkstatt in Bismark (Sachsen-Anhalt) zusammengebaut und anschließend wieder in Einzelteile zerlegt worden. So konnten die beiden Handwerker die Teile in den engen Mühlengraben tragen und um den neuen Wellbaum zusammensetzen. Die letzten Stücke werden direkt auf dem Klosterhof geschliffen – Holzkeile, die das Rad halten sollen. Über Leitern gelangt Blümner mit seinem Kollegen in den unteren Teil der Mühle.

Das Mühlrad hat einen Durchmesser von 2,45 Metern und ist 90 Zentimeter breit. Der Wellbaum, der bereits Anfang April eingesetzt wurde, kommt auf eine Länge von 4,8 Metern und eine Breite von 90 Zentimetern, erläutert Mühlenbauer Blümner.
Finanziert wurde der Austausch durch die Zusammenarbeit des Förderkreises Historisches Seligenstadt, der fleißig Spenden sammelte, und den Staatlichen Schlössern und Gärten (SG) Hessen. Eine Summe von stolzen 20 000 Euro konnte der Förderkreis sammeln, die SG verdoppelte den Betrag. „Wir wissen bürgerschaftliches Engagement wie das des Förderkreises sehr zu schätzen, und sind beeindruckt vom unermüdlichen Einsatz für unsere schöne Klosteranlage,“ lässt SG-Direktorin Kirsten Worms, die nicht anwesend sein konnte, ausrichten.

Für Marcel Spahn, Vorsitzender des Förderkreises, zeige die Spendenbereitschaft, wie stark der Zusammenhalt zwischen den Vereinen ist. „Das leben die Vereine hier vor“, betont er. So unterstützt beispielsweise der Verein Klatschmohn die Arbeiten mit einer Spende von 10 000 Euro für das Mühlrad sowie weiteren 5 000 Euro für das Ananashaus. Das Geld stammt aus den Einnahmen vom Zunft- und Handwerkermarkt und wird jedes Jahr für einen guten Zweck gespendet.

Nötig war der Austausch des Rades, da es von einem Pilz befallen war (wir berichteten). Das Wasserrad wurde – nachdem notdürftige Reparaturen nicht mehr halfen – im Dezember vergangenen Jahres demontiert und entsorgt, fasst Spahn die Situation zusammen. „Dabei hat sich herausgestellt, dass auch die Welle des mittleren Wasserrades morsch war.“
Beides ist nun eingebaut und wartet auf den ersten Einsatz beim Schaumahlen, das der Förderkreis veranstaltet. „Das Interesse und die Begeisterung von Kindern und Erwachsenen für die Tradition ist motivierend“, betont Felix Haas, stellvertretender Vorsitzender des Vereins. Dies sei Belohnung für das Engagement, das er und seine Vereinskollegen zeigen. Schließlich drehe sich die Mühle immer – „wenn auch manchmal langsam“, scherzt Spahn. (Von Yvonne Fitzenberger)

Mittelpunkt der Abtei
Mühlen und Wasser waren für Mönche früher unverzichtbar – gerade während der Fastenzeit, in der auf Fleisch verzichtet wurde. Die Mühle aus dem Jahr 1574 ist das älteste Gebäude der Klosteranlage in Seligenstadt, das noch in seiner ursprünglichen Form erhalten ist. 1993/94 wurden die gesamte Mahlanlage sowie die Wasserräder rekonstruiert.
Der Austausch von Mühlrädern ist dabei ein normaler Prozess. Wasserräder in Dauerbetrieb werden circa alle 50 Jahre getauscht. Räder, die länger still stehen, sind anfällig für Pilzbefall. So auch in Seligenstadt. Da der Austausch der anderen Räder auch in einigen Jahren nötig wird, sammelt der Förderkreis Historisches Seligenstadt bereits jetzt Spenden. (Von Yvonne Fitzenberger)