Muslimische Gemeinde feiert das Ende der Fastenzeit

Seligenstadts muslimische Gemeinde feiert am Samstag das Ende der Fastenzeit Ramadan mit dem Zuckerfest.
Seligenstadt – Zum Fastenbrechen versammeln sich am Samstag zahlreiche gläubige Muslime in der Bait-ul-Hadi Moschee der Ahmadiyya-Gemeinde, Marie-Curie-Straße 2. Auch, wer sonst nicht die Moschee besucht, kommt für das Ende des Ramadan dort zusammen. Vor allem für die jüngeren Gläubigen ist es ein besonderes Fest.
„Das ist ähnlich wie Weihnachten“, sagt Imam Wajahat Ahmad. Familien und Verwandte versammeln sich, kommen zum Gebet zusammen. Und auf die Kinder warten Geschenke – Spielzeug, Geld oder Süßes. „Zwei Mitglieder verteilen nach dem Festgebet Schokolade an die Kinder“, erzählt der Imam.
Die kleinen Gebetsräume der Moschee, die maximal 200 Leute fassen, sind zu den beiden hohen Feiertagen, dem Zucker- und Opferfest, überfüllt. In der Gemeinde kommen nicht nur Muslime aus Seligenstadt zusammen, sondern auch aus Hainburg und Mainhausen. Lässt es das Wetter zu, werden Stühle für Ältere und Beeinträchtigte an die offenen Türen gestellt und der kleine Gemeinschaftsraum mitgenutzt.
Seligenstädter Gemeinde: Fastenzeit fällt mit Ferien zusammen
Wie viele Gläubige dieses Jahr zum Gebet zusammenkommen, kann Ahmad nur schwer einschätzen, denn „in diesem Jahr sind wir gesegnet und die Fastenzeit ist mit den Ferien zusammengefallen“.
Und genau das habe sich auch in der Moschee gezeigt: Der Glaubensort sei sehr belebt, sodass die Angebote der Kinder- und Jugendabteilung der Gemeinde während der Fastenzeit gut besucht wurden. Spielerisch lernen die jungen Muslime, was Ramadan bedeutet, haben die Möglichkeit, aktiv an den Predigten teilzunehmen, und essen nach dem Sonnenuntergang gemeinsam. Die Seligenstädter Gemeinde umfasst circa 200 Mitglieder, darunter viele Kinder und Jugendliche.
Das Interesse – auch, wenn die jüngeren Muslime nicht am Fasten teilnehmen müssen, beziehungsweise aufgrund ihres Alters oder ihrer Gesundheit nicht dürfen – sei groß. „Wir nennen das Kükenfasten“, erläutert Imam Ahmad. Er betreut seit zehn Monaten die Gemeinden im östlichen Teil des Kreises Offenbach – darunter auch Dieburg – und ist aus dem Süden Deutschlands mit seiner Frau und zwei Töchtern nach Rodgau gezogen.
Junge Muslime üben das „Kükenfasten“
Kükenfasten bedeutet, die Kinder stehen gemeinsam mit ihren Eltern vor dem Sonnenaufgang auf, um mit ihnen zu beten und zu frühstücken. „Die meisten Außenstehenden denken, wir essen dann mehr, aber das ist nicht der Sinn am Fasten“, betont der Imam. Schließlich solle das bewusste Hungern Körper und Geist reinigen. „Wenn man zu viel isst, dann fühlt man sich träge und ist müde.“ Auch das gemeinsame Abendessen nach Sonnenuntergang sieht bodenständige Speisen vor. „Wenn man den ganzen Tag hungert, dann ist abends der Appetit eher gering.“
Während die Erwachsenen nun bis nach dem Sonnenuntergang warten müssen, bevor sie etwas essen oder trinken, essen die Kinder zu Mittag und zu Abend. „Sie versuchen aber, in der Zeit dazwischen nichts zu essen.“ Ahmad erinnere sich noch an seine Kindheit. Er habe die Zeit kaum abwarten können. Denn mit dem Ramadan kommt für viele Familien eine Zeit der Beständigkeit und Gemeinsamkeit. Wer sich frei nehmen oder heutzutage im Homeoffice bleiben kann, tut dies und verbringt den Tag mit der Familie. „Viele gehen nach dem Gebet gemeinsam spazieren“, nennt Ahmad ein Beispiel. Viele Kinder vermissen, laut Ahmad, die gemeinsame Zeit während des Ramadans, wenn dieser zu Ende ist.
Ramadan: Wie eine Vorbereitung auf ein Marathon
Aber was bedeutet das Fasten und Fastenbrechen für Muslime? Seligenstadts Imam vergleicht den Ramadan mit dem Training für einen Marathon: Es bereite die Gemeinde auf die kommenden Monate vor. In der Zeit lassen Muslime das vergangene Jahr Revue passieren. Welche Ziele haben sie sich gesetzt? Wie gehen sie mit ihren Mitmenschen um? Wie ist ihr Verhältnis zu ihren Eltern und Kindern? „Das Fasten erlaubt, einen Reset-Knopf zu drücken“, sagt Ahmad. Es würden quasi alle Fehler gelöscht. Man besinne sich auf Wichtigeres als Materielles und tue etwas nicht für sich, sondern für Gott. Dies solle sich dann positiv auf das restliche Jahr, den Marathon, auswirken. (Von Yvonne Fitzenberger)
Fasten und Fastenbrechen
Das Fasten und Fastenbrechen haben einen besonderen Stellenwert im Islam. Das Fastenbrechen, Eid al-Fitr (arabisch), Eid mubarak (türkisch), oder Zuckerfest, ist eines der zwei religiösen Feste, welche Muslime feiern. Das zweite ist das Opferfest, Eid ul-Adha. Fasten dürfen nur gesunde Erwachsene, betont Seligenstadts Imam Wajahat Ahmad. Jugendliche in der Pubertät dürfen – soweit sie gesund sind und nicht ihre Tage haben – das Fasten „testen“, erläutert Ahmad. Spätestens mit dem Erreichen des 18. Lebensjahres ist der Ramadan verpflichtend für jeden gläubigen Muslim. Für die beiden religiösen Hochfeste sind hessische Schulen angehalten, auf Antrag der Eltern gläubige, junge Muslime freizustellen.
Fasten und Fastenbrechen gibt es aber nicht nur im Islam, sondern werden auch in anderen Religionen auf unterschiedliche Art umgesetzt. Neben dem Christentum wird beispielsweise auch im Buddhismus und im Judentum gefastet. Dabei geht es stets darum, sich von Negativem abzuwenden, zu reflektieren und zu Gott zu finden. (Von Yvonne Fitzenberger)