Neue Ausstellung im Kunstforum: Spaziergang durchs Bilderbuch

Mit einem solchen Andrang haben vermutlich auch die Organisatoren nicht gerechnet. Am Wochenende ist die neue Ausstellung im Kunstforum Seligenstadt eröffnet worden. „Hoch die Pinsel - Wir spazieren durch das Bilderbuch“ zeigt die Werke bekannter, regionaler Illustratoren - für die Eröffnung hat mit Peter Maffay aber auch ein beliebter Promi in der Einhardstadt vorbeigeschaut.
Seligenstadt – Eine sympathische Gruppe hat sich zur Bilderbuchausstellung „Hoch die Pinsel!“ in der Galerie des Seligenstädter Kunstforums eingefunden. Mit den Illustratorinnen Joelle Tourlonias und Alexandra Helm sowie Animations- und Trickfilmspezialist Robert Scheffler und Grafiker/Maler Markus Lefrancois stellen vier ausgezeichnete Künstlerinnen und Künstler Originalentwürfe und Kinderbücher vor.
Dazu gesellten sich zur Eröffnung im Alten Haus am Samstagnachmittag Rockpoet Peter Maffay und Lebensgefährtin Hendrikje Balsmeyer, um innerhalb des Projekts ihr erstes gemeinsames Kinderbuch „Anouk, die nachts auf Reisen geht“ vorzustellen. Das war in einem Gemeinschaftsprojekt mit der Illustratorin Joelle Tourlonias entstanden. Bei ihrer mehrstündigen Signierstunde sorgte das Promi-Paar für lange Schlangen, nur unterbrochen von der fachkundigen Einführung der Kunsthistorikerin Nadine Hochrheins und einer Grußadresse von Bürgermeister Bastian.

Gebürtige Hanauerin Joelle Tourlonias arbeitete mit Peter Maffay und Hendrikje Balsmeyer
Die in Hanau geborene und in Steinheim aufgewachsene Joelle Tourlonias klärte die glückliche Fügung auf: „Frau Balsmeyer, eine absolute Kinderbuchliebhaberin, sprach mich an, da sie meine Kinderbücher kannte. Nach kurzem Zögern ging ich das Projekt an, bei dem es darum ging, das Kinderbuch zu beider gemeinsamer Tochter Anouk zu bebildern.“ Von einem großen Journal bereits zum „Bestseller“ erklärt, besteht das umfangreiche Kinderbuch aus sieben Gutenachtgeschichten „für neugierige Kinder – und für alle die nicht aufhören, an ihre Träume zu glauben“.
Maffay und Balsmeyer dazu: „Anouk ist keine Fantasie-Figur, nur ein kleines bisschen. Zum Zeitpunkt der Entstehung unseres Kinderbuchs war unsere Tochter erst zwei Jahre alt. Sie legt ähnliche Charaktereigenschaften an den Tag wie das Mädchen in den Geschichten. Alle, die dieses Buch lesen, sollen ebenso von Anouks Offenheit und Fröhlichkeit angesteckt werden wie von ihrem Mut und Verständnis für andere. Sie hat das Herz am rechten Fleck. Wir halten die Abenteuer zum Vorlesen und Träumen ideal für Mädchen und Jungen ab fünf Jahren.“
Joelle Tourlonias: Vorbilder sind Mühlheimer Zeichner Klaus Puth und Janosch
Zum Erfolg tragen Tourlonias’ Bilder bei, die dieses Vorlesebuch zum „Lesen, Kuscheln und zur Ruhe kommen“ zur runden Sache machen. Ansonsten arbeitet die sehr erfolgreiche Autorin und Illustratorin gerne mit dem Computer. Als Vorbilder nennt sie den Mühlheimer Zeichner Klaus Puth und Kinderbuchklassiker Janosch. Doch man sieht es an den großen Augen und kantigen Linien ihrer Figuren: Sie geht eigene Wege, auch in humorvollen Selbstbespiegelungen als Schwangere oder junge Mutter.
Ähnlich harmonisch und inspirativ wirkt die gesamte Ausstellung im Alten Haus. Das ist kein Zufall, kennen sich die Künstler doch vom gemeinsamen „Familienzimmer“ im Hotel, das man beim Besuch der jährlichen Kinderbuchmesse Bologna bezieht. Die Gruppe sagt dazu: „Unter uns gibt es keinen Konkurrenzkampf und keinen Neid, es geht familiär zu. Wir verstehen uns prächtig, zwei sind gemeinsam zur Schule gegangen. Unser lenkender Kopf ist der gebürtige Seligenstädter Markus Lefrancois. Wir arbeiten in unterschiedlichen Stilarten, wollen aber das Gleiche: die Welt ein bisschen schöner machen. Dabei kann es auch skurril zugehen oder herzerwärmend poetisch.“
Offenbacherin Alexandra Helm gestaltet lustvolle Suchabenteuer
Die gebürtige Offenbacherin Alexandra Helm, ausgebildet an der Hochschule für Gestaltung, macht dies, indem sie in ihren Bildern oft kleine Sachen versteckt. Ihre Wimmelbilderbücher ermöglichen so lustvolle Suchabenteuer. Angeregt sieht sie sich in ihren fantasiereichen Darstellungen von der Formensprache des Jugendstils. Dabei ist sie offen für alles, was auch ihrer Zusammenarbeit mit Autorin Maite Kelly zugute kam.

Herrlich gemalte und gezeichnete Szenerien, Figuren und Landschaften sieht man in romantischen Illustrationen von Lefrancois, dessen Kunstwelten zu Grimms Märchen, Sagen und Abenteuern Historisches mit meisterhaft Gestaltetem und Kindgemäßem vereint. Er arbeitet am liebsten im alten Stil, mit Papier, Malfarben, Pinsel und Zeichenstift, und erinnert in seinem aufwändigen Illustrationsstil an ganz große Maler und Buchkünstler aus früheren Zeiten. Dabei bleibt der Dozent der Kunsthochschule Kassel immer sehr vielseitig.
Großartig sind auch die Illustrationen und Trickfilm-Animationen des Obertshausener Künstlers Robert Scheffner. Er baut aus verschiedenen Materialien seine Puppen als Prototypen seiner Bilder, Filme und Animationen: „Wichtig sind auch meine Skizzen, die in Buch und Film den Gang der Handlung festlegen. Dazu kommen meine Ideen, welche die Figuren erst lebendig machen.“ Sein enormes Talent beim Formen gebauter, genähter, geschnitzter und beweglicher „Stop-motion-Figuren“ vermittelt er auch als Dozent. Seine Videos sind auf You-Tube-Kanälen zu bewundern, auch die mit ernstem Hintergrund wie der Film „Cornell und der Toaster“, der eine Auszeichnung erhalten hat. (Von Reinhold Gries)