Resolution: Stadtverordnetenfraktionen ermahnen „Spaziergänger“

Die Politik reagiert auf die seit Wochen anhaltenden sogenannten Montagsspaziergänge in Seligenstadt. In einem gemeinsamen Resolutionsantrag, der die Unterschriften aller Vorsitzenden der Stadtverordnetenfraktionen aus CDU, FDP, FWS, SPD und Grünen trägt, fordern die Volksvertreter, dass die umstrittenen „Spaziergänge“ im Einklang mit den bestehenden Gesetzen und Verordnungen stattfinden müssen.
Seligenstadt – Die Stadtverordnetenversammlung soll demnach in ihrer nächsten Sitzung feststellen, dass sie sich zu Meinungs- und Versammlungsfreiheit als wichtigen Grundrechten und Eckpfeiler einer freiheitlichen Demokratie bekennt, deren Ausübung aber im Einklang mit dem Grundgesetz und dem Rechtsstaat stehen muss. „Den offensichtlichen Versuch einer Umgehung des Versammlungsrechts durch die sogenannten Montagsspaziergänge lehnt die Stadtverordnetenversammlung entschieden ab.
Insbesondere müssen die geplanten Versammlungen unter Nennung eines Versammlungsleiters angemeldet werden. Nur so kann ein ordnungsgemäßer Ablauf ohne Gefährdung sowohl der Demonstrierenden als auch anderer Personen sichergestellt werden. Die Einhaltung möglicher Auflagen und Weisungen der Ordnungsbehörde setzt die Stadtverordnetenversammlung voraus“, so der Antragstext, der inzwischen im parlamentarischen Geschäftsgang ist.
Die freie Meinungsäußerung, so der Entwurf weiter, schütze auch Ansichten, die vom gesellschaftlichen Konsens abweichen, und erlaube Bürgern, ihre Ängste und Haltungen auszudrücken. „Aus diesen Rechten entsteht aber auch eine Verantwortung des/der Einzelnen für die Gesellschaft in der er/sie demonstriert. Sachliche Kritik an der Coronapolitik oder an einer Impfpflicht ist durchaus berechtigt, Sorgen und Nöte verständlich. Es besorgt uns aber, dass diese ,Spaziergänge‘ mehr und mehr als Vorwand genutzt werden, um Verschwörungserzählungen zu verbreiten und demokratische Prozesse zu diskreditieren, Feindbilder zu bedienen und Hass zu schüren.“
Deshalb appelliere die Stadtverordnetenversammlung an alle Demonstrationsteilnehmer, sich deutlich von Personen zu distanzieren, die die Versammlungen dazu nutzen, extremistisches Gedankengut zu verbreiten. Viele missachteten „bewusst die Hygieneregeln und das Abstandsgebot, Auflagen der Ordnungsbehörde sowie der Polizei werden ignoriert. Das ist in der aktuellen pandemischen Lage nicht nur unsolidarisch, sondern gefährdet die Gesundheit aller Bürger“.
Die Stadtverordnetenfraktionen äußern großes Verständnis dafür, dass viele Menschen durch die pandemiebedingten weitreichenden Einschränkungen in ihrem Alltag „sehr gefordert sind und manche dies auch zum Ausdruck bringen möchten. Aber das ist auch ohne die Unterstützung von extremistischer Meinungsmache möglich, die nur den Unmut für sich instrumentalisieren will“.
Wie berichtet, trafen sich auch am vergangenen Montag wieder etwa 250 „Spaziergänger“ zum Zug durch die Stadt, parallel dazu - und als Reaktion darauf - fand auf dem Marktplatz ein angemeldeter ökumenischer Gottesdienst unter Einhaltung der Masken- und Abstandsgebote mit rund 300 Teilnehmern statt, den auch Vertreter aller Fraktionen besuchten. In einer kurzen Ansprache lobte Bürgermeister Bastian den Gottesdienst als „tolles Zeichen in dieser Zeit“, appellierte an die Bürger, sich bei ihren Initiativen an Recht und Gesetz zu halten. (mho)