Kritikpunkte von Altmann und Winter: Ein Gastronomie- oder Eventbetrieb sei laut Entwurf auf dem Areal nicht ausdrücklich ausgeschlossen – allerdings befürchte die Nachbarschaft, dass die vornehmlich durch Wohnen geprägte Umgebung nicht vor möglichen Konflikten geschützt sei. Das wiederum werde im Entwurf jedoch explizit festgeschrieben – ebenso wie der Schutzanspruch eines allgemeinen Wohngebiets für die Anwohner.
Denn gleichzeitig rechnen sie dort mit einer regelmäßigen, erheblichen Lärmbelästigung – durch den Geschäftsbetrieb sowie das damit verbundene Umfeld. „Und wenn Investor Karl-Ludwig Toth schon seit Jahren Pläne für eine Gastronomie auf dem Grundstück hat, wie Bürgermeister Daniell Bastian geäußert hat, muss die Stadt sich schon die Frage gefallen lassen, ob ein Investor ihr den Bebauungsplan diktieren kann oder nicht“, so die Anwohner.
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Altmann und Winter rätseln noch über einen weiteren Punkt. Ihnen ist unverständlich, warum der Entwurf zum Bebauungsplan keine Rücksicht auf das Krankenhaus nimmt. Das liege schließlich nur 100 Meter entfernt und mit freier Sicht aufs Nachbargrundstück. Die in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vorgeschriebenen Lärmobergrenzen seien aber nicht mit einem Gastronomie- und Eventbetrieb vereinbar. Dazu komme eine Verschärfung des Parkproblems. Nach ihrer Einschätzung würden die Gäste auch in angrenzenden Straßen parken. Entfernungsbedingt sei nicht davon auszugehen, dass sie den fast am Ende der Eisenbahnstraße gelegenen neuen Parkplatz nutzen, selbst wenn es sich um eine durchaus zumutbare Entfernung handele.
All diese Punkte wollen die Anwohner bei einem für diese Woche (6. bis 10. Dezember) geplanten Treffen mit Bürgermeister Daniell Bastian ansprechen. Auch Investor Toth soll daran teilnehmen. „Grundsätzlich ist aber nicht er unser Verhandlungspartner, sondern die Stadt“, betont Altmann. „Wir werden abwarten, wie die Anwohner-Einwände bewertet werden.“
Erstmeldung vom Mittwoch, 10.11.2021: Seligenstadt – Die Baustelle rund um den Bahnhof in Seligenstadt beschäftigt Verkehrsteilnehmer und Anwohner schon seit Monaten. Doch auch wenn die Arbeiten zur Umgestaltung des Areals irgendwann beendet sind, befürchten Anwohner, dass keine Ruhe einkehrt.
„Die Lärmbelästigung im Bereich des Bahnhofs hat schon in den letzten Jahren immer weiter zugenommen“, sagt Winfried Winter, Anwohner am Seligenstädter Bahnhof, auch mit Blick auf die Eventlocation Einhards. Er und sein Nachbar Erik Altmann befürchten, dass es noch schlimmer wird „und die Gegend regelrecht zur Partymeile verkommt“, heißt es in einem Schreiben, mit dem sie sich an weitere Anwohner gewandt haben.
Gegen den Bebauungsplan, der noch bis zum Freitag (12.11.2021) im Rathaus und Internet eingesehen werden kann, wollen sie deshalb Einspruch erheben. Der Grund: „Herr Toth hat mir persönlich gesagt, dass er da, wo jetzt die Fahrradständer stehen, einen Biergarten etablieren möchte“, sagt Winter. Außerdem habe es mal Pläne gegeben, nach denen im ehemaligen Bahnwärterhäuschen ein Erlebnisrestaurant mit Tanz auf den Tischen bis 3 Uhr nachts eröffnen soll. Er ist überzeugt: Es gibt einen Widerspruch zwischen dem Vorhaben des Investors Karl-Ludwig Toth und dem Bebauungsplan.
Dort heißt es: „Zulässig sind demnach Gewerbebetriebe aller Art, die das Wohnen im Sinne von § 6 BauNVO nicht wesentlich stören [...]. Durch die Einschränkungen der Gewerbenutzung sollen der Bahnhof und das Bahnhofsgelände einen adäquaten Rahmen als Eingangstor in die Stadt bieten und zugleich die vornehmlich durch das Wohnen geprägte Umgebung vor möglichen Konflikten schützen.“
Winter und Altmann rechnen allerdings mit einer regelmäßigen und erheblichen Lärmbelästigung. „Bevor sich das jetzt richtig etabliert, wollen wir Widerspruch einlegen“, sagt Winter.
Bei einem Treffen Ende Oktober, zu dem die beiden eingeladen hatten, hätten viele Nachbarn die Bedenken geteilt. „Wir haben einfach kein Vertrauen in Herrn Toth. Seit sieben Jahren belästigt er unsere Nachbarschaft mit Baulärm, hat es bislang aber noch nicht für nötig gehalten, sich mal persönlich vorzustellen.“ Ein Gespräch mit Seligenstadts Bürgermeister Daniell Bastian habe es im August gegeben. „Eigentlich sollte es bis Ende Oktober ein weiteres Treffen, auch mit Herrn Toth, geben – bislang ist aber nichts passiert“, sagt Winfried Winter.
„Mir ist bekannt, dass es zwischen beiden Parteien in der Vergangenheit schon zu Spannungen gekommen ist“, sagt Bürgermeister Daniell Bastian. „Ein gemeinsames Gespräch ist, soweit ich weiß, auch für Ende November vorgesehen. Ansonsten ist das kein städtisches Thema.“ Anders sieht es da bei den Vorhaben des Investors aus. „Herr Toth hat schon seit vielen Jahren Pläne für eine Gastronomie“, so der Rathauschef. „Er meinte aber, dass sich da bislang nichts ergeben hätte und er das erst mal baulich zurückgestellt hätte.“
Laut Bebauungsplan sei eine Gastronomie dort grundsätzlich aber nicht verboten. „Dann gelten allerdings Lärmgrenzen, sowohl was die Zeit als auch die Lautstärke angeht. Die müssen eingehalten werden, da ist die Stadt in der Verpflichtung.“
Den beiden Anwohnern Winfried Winter und Erik Altmann habe er schon gesagt, dass die Stadt sehr darauf achten werde. „Ich habe Herrn Toth bislang aber als sehr vernünftigen Investor wahrgenommen, der kein Interesse daran hat, dort etwas aufzumachen, wo jedes Wochenende die Polizei dasteht“, sagt Bürgermeister Daniell Bastian.
Bezüglich der zahlreichen Veränderungen am Bahnhof verweist der Rathauschef auf die Grundidee: „Es war ja unser gemeinsames Ziel, den Bahnhofsbereich und damit auch die Bahnhofstraße aufzuwerten und attraktiver zu machen. Aber klar, das geht natürlich mit mehr Leben und im Zweifel auch mit mehr Geräuschentwicklung einher.“
Einen offiziell eingereichten Einspruch der Anwohner gegen den Bebauungsplan nehme die Stadt in die weiteren Planungen mit auf. „Wir setzen uns mit dem Planungsbüro zusammen, gehen jeden Hinweis durch und entscheiden, ob dieser begründet oder nicht ist“, erklärt der Bürgermeister. Diese schriftlichen Begründungen müssen den Stadtverordneten vorgelegt und auch beschlossen werden, „weil sie am Ende auch Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung sein können“, so Bastian weiter. Das passiere alles öffentlich.
Investor Karl-Ludwig Toth selbst konnte sich bislang noch nicht zu den Vorwürfen äußern – aktuell befindet er sich im Urlaub. (Julia Oppenländer)