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Stadtverordnete lehnen Sitzungsgeld für Mitglieder des Jugendbeirats ab

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Wahrscheinlich sollen wir dort zurückrudern lernen. Frederick Kubin zum Beschluss der Stadtverordneten, den Jugendbeiratsmitgliedern anstelle eines Sitzungsgeldes Freikarten fürs Schwimmbad zu bewilligen.
Wahrscheinlich sollen wir dort zurückrudern lernen. Frederick Kubin zum Beschluss der Stadtverordneten, den Jugendbeiratsmitgliedern anstelle eines Sitzungsgeldes Freikarten fürs Schwimmbad zu bewilligen. © p

Mitglieder des Seligenstädter Jugendbeirats bekommen für die Teilnahme an Stadtverordneten- oder Ausschusssitzungen auch künftig keine finanzielle Entschädigung.

Seligenstadt –  Einen Antrag der Grünen, der zudem Sitzungsgelder für die Jugendlichen auch bei internen Zusammenkünften im Beirat, dessen Arbeitskreisen oder dem Sprecherteam gefordert hatte, lehnte die Mehrheit in der jüngsten Plenarsitzung ab.

Sehr zur Enttäuschung der Jugendvertreter, die eine – aus ihrer Sicht – gleichberechtigte Behandlung mit den Angehörigen anderer städtischer Gremien bereits im vergangenen Herbst in einem eigenen Antrag gefordert hatten. Ihr Begehren, künftig mit 30 Euro pro Sitzung entschädigt zu werden, scheiterte seinerzeit im Magistrat (wir berichteten), wo der Wunsch nach Änderung der städtischen Entschädigungssatzung laut Bürgermeister Dr. Daniell Bastian (FDP) „auch nicht annähernd“ mehrheitsfähig gewesen sei.

Grundsätzlich habe der Jugendbeirat, der die städtischen Gremien in allen Kinder und Jugendliche betreffenden Fragen beraten soll, dort kein eigenes Antragsrecht, betonte am Dienstag unter anderem Jürgen Kraft (FWS). So stelle die nicht erfolgte Weiterleitung der Eingabe ans Stadtparlament durch den Rathauschef auch kein „Fehlverhalten“ dar. So hatten die Grünen in ihrer Antragsbegründung Bastians Handeln bezeichnet.

Laut Fraktionschefin Natascha Maldener-Kowolik hatte ihre Fraktion danach den Ball aufgenommen, um eine inhaltliche Diskussion zu ermöglichen. Dazu bekam Karsten Fetzer, einer von vier Stellvertretern des Beiratssprechers Frederick Kubin, in der Plenarsitzung auf Beschluss des Präsidiums Rederecht – ein Novum in der Geschichte des Stadtparlaments. Ähnlich den gewählten politischen Vertretern leiste auch der Jugendbeirat zeitintensive Arbeit, betonte Fetzer, sei darüber hinaus Organisator und Ausrichter von Events, verstehe sich als „Mediator zwischen jugendlichen Fantasien und der realen Kommunalpolitik und als Aufklärungs- und Erklärungsorgan der Demokratie“.

Anerkennung dafür zollten in der Sitzung Sprecher sämtlicher Fraktionen. Um Wertschätzung oder Respekt, betonte unter anderem Kraft, gehe es in der Entschädigungssatzung aber nicht: Anderswo, etwa bei der Feuerwehr, dem THW oder Hilfsorganisationen, bekämen ehrenamtlich tätige Jugendliche ja auch kein Geld. Die Arbeit im Beirat sei mit dem Aufwand, den ein Stadtverordneter leisten müsse, nicht zu vergleichen.

Marius Müller (SPD) warf den jungen Beiräten vor, „aus mangelnder Kompromissbereitschaft in die Opferrolle zu springen“: Statt nach dem Scheitern ihrer „Maximalforderung“ – 30 Euro pro Sitzung analog den Stadtverordneten – auf die Fraktionen zuzugehen und um Kompromisse zu ringen, hätten sie die Situation eskaliert. Chancenlose Anträge zu lancieren, sei „Schaufensterpolitik“.

Unmutsäußerungen aus dem Publikum brachte Müller die Bemerkung ein, die Jugendlichen sollten sich um die Entwicklung der Stadt und nicht um die „eigene Brieftasche“ kümmern. Unnötig drastisch, fand der stellvertretende CDU-Fraktionschef Oliver Steidl. Andererseits müsse auch vom Jugendbeirat „Fingerspitzengefühl“ erwartet, über die Entschädigung für Ehrenamtler einmal grundsätzlich gesprochen werden. Respekt und Anerkennung müsse man sich gewöhnlich verdienen, merkte FDP-Fraktionschef René Rock an. Wertschätzung könne nicht eingefordert werden. Davon abgesehen würdigte er den Vorstoß der Jugendlichen als „mutig“ und lud sie ein, mit den Parlamentariern im Dialog zu bleiben.

Anders als die Politiker, die ihre Fraktionsgelder aus der Stadtkasse streng zweckgebunden erhielten und die Verwendung im Detail belegen müssten, habe der Jugendbeirat ein frei verfügbares Budget von 10 000 Euro, merkte der Liberale Philipp Giel an. Dieses zu überprüfen und gegebenenfalls aufzustocken, zeigte sich die Mehrheit von SPD, FDP und FWS bereit. In ihrem Änderungsantrag, bei Stimmenthaltung der Grünen von allen mitgetragen, gestand die Koalition außerdem jedem Jugendbeiratsmitglied eine kostenlose Dauerkarte fürs Freischwimmbad zu.

„Wahrscheinlich sollen wir dort zurückrudern lernen“, kommentierte nach der Sitzung Beiratssprecher Frederick Kubin. Ans Aufgeben dächten die Jugendlichen indessen nicht. Entgegen wiederholten Äußerungen in der Sitzung vergleiche sich der Jugendbeirat auch nicht mit den Stadtverordneten, sondern mit anderen Beratergremien. Für den Ausländerbeirat und die sachkundigen Bürger in Kommissionen sehe die Entschädigungssatzung 30 Euro pro Sitzung vor.

VON OLIVER KLEMT

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