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Energiekrise bringt Tierschutz an seine Grenzen

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Von: Julia Oppenländer

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Futter und besonders viel Wärme: Das braucht der Katzennachwuchs, sagt Tierheimleiterin Renie Sona.
Futter und besonders viel Wärme: Das braucht der Katzennachwuchs, sagt Tierheimleiterin Renie Sona. © JO

Der Tierschutzverein Seligenstadt und Umgebung ist in Sorge wegen steigender Energie-, Arzt- und Futterkosten. „Die nächsten Monate werden schwer“, so die Tierheimleitung.

Seligenstadt – Die steigenden Energiepreise treiben nicht nur Privatpersonen Sorgenfalten auf die Stirn. Auch der Tierschutzverein Seligenstadt und Umgebung (TSV) schlägt mit Blick auf die bevorstehenden Herbst- und Wintermonate Alarm. Neben explodierenden Energie- und Futterpreisen stellen auch steigende Tierarztkosten das Tierheim vor enorme Herausforderungen. „Ich sehe mit Schrecken auf die nächsten Monate. Unser größtes Problem ist aktuell aber wirklich das Futter“, sagt Tierheimleiterin Renie Sona. „Die Preissteigerung liegt da bei etwa 40 Prozent. Die billigste Dose hat früher etwa 35 Cent gekostet – jetzt 55 Cent. Und das ist im Grunde bei allen Lebensmitteln so.“ Auch das häufig zu wechselnde Katzenstreu sei längst teurer geworden.

Aktuell betreut der Tierschutzverein circa 40 Katzen im Tierheim und auf Pflegestellen. Aber auch freilebende Katzen auf etlichen Futterplätzen wollen weiterhin mit Nahrung versorgt werden. Zudem besteht eine Warteliste für Menschen, die ihre Tiere abgeben wollen – und die nächste Schwemme an Herbstkätzchen steht vor der Tür. „Eine Katze braucht mindestens ein Mal am Tag 200 Gramm Futter – freilebende und tragende noch mehr“, erklärt Sona. Da summieren sich die Kosten schnell.

Der Erweiterungsbau in Seligenstadt hat bereits eine Photovoltaikanlage

Wie es im Bereich der Energiepreise aussieht, müssen Tierheimleitung und Mitarbeiterinnen noch sehen. Das Positive: Für den inzwischen fertiggestellten Erweiterungsbau hat der TSV eine Photovoltaikanlage und eine Wärmepumpe installieren lassen. „Da reicht tagsüber schon ein bisschen Sonne“, freut sich Sona. Die Bestandsgebäude wurden allerdings nicht unter der Maxime von Energieeffizienz und angesagten Heizmethoden errichtet. „Wir müssen davon ausgehen, dass sich unsere Energiekosten in der kommenden Heizperiode deshalb verdreifachen“, sagt sie.

Pläne, die Kosten zu senken, gibt es bereits: Katzenklappen bleiben erst einmal geschlossen und die Türen werden ordentlich isoliert. „Rein, raus geht für die Katzen dann halt nicht mehr“, erklärt die Tierheimleiterin.

Neben den Katzen beherbergt und versorgt der TSV auch Kleintiere. Seit der Corona-Krise ist die Abteilung voll, die Warteliste lang. Das Problem dabei: Auch die Vermittlung ist schwierig geworden. Wenn auf Kleinanzeigen-Portalen im Internet Kaninchen für fünf Euro verkauft werden, könne ein Tierheim eben nicht mithalten.

Auch Grünfutter für Kleintiere wird teurer, so die Seligenstädter Tierheimsleitung

Langohren und Meerschweinchen wollen zudem natürlich weiterhin ihr Grünfutter. Sabine Fuchs, Leiterin der Kleintierabteilung, ist dankbar für die vielen Grünfutterspenden von diversen Supermärkten, muss aber trotzdem aufgrund der hohen Anzahl der Tiere noch Futter hinzukaufen. „Die Preise von Salaten und Gurken haben sich fast verdoppelt und die Futtermenge können wir schlecht reduzieren.“ sagt sie. Auch das Pflücken von Kräutern und Gras aus eigenen Gärten oder in der freien Natur entfällt wegen der Dürre in den vergangenen Monaten. Weil auch die Landwirte wegen der Trockenheit nur ein- statt dreimal mähen konnten, erwarten Experten auch eine Preissteigerung aufgrund fehlenden Angebots auf dem Markt.

Sorgen bereitet Sona und ihren Kolleginnen aber auch die anstehende Anpassung der Gebührenordnung für Tierärzte im Herbst. Dann könnten auch tierärztliche Behandlungen mehr als 100 Prozent in die Höhe schießen. „Wir führen viele Kastrationsaktionen von freilebenden Katzen im Umkreis aus und auch diese werden natürlich um einiges teurer werden“, sagt die Tierheimleiterin. Alleine könne das der Verein kaum überstehen, zumal die Spendengelder aus unterschiedlichen Gründen rückläufig seien.

All diese Faktoren sorgen dafür, dass Tierheime bedroht seien. „Bundesweit fürchten Tierheime und tierheimähnliche Einrichtungen um ihre Existenz. Der TSV Seligenstadt ist zudem als rein ehrenamtlich geführtes Tierheim ein Sonderfall. Wir haben keine Angestellten, sind kein produzierender Betrieb, gelten nicht als systemrelevant, haben keine mächtige Industrie oder finanzstarke Lobby hinter uns“, sagt Vereinsvorsitzender Wido Paskert. „So steht zu befürchten, dass Entlastungspakete und Förderprogramme an uns vorbeigehen werden.“

Tierheim und Stadt Seligenstadt arbeiten gut zusammen

Die Zusammenarbeit des TSV mit der Stadt Seligenstadt klappe allerdings sehr gut. „Wir werden angehört und beachtet“, sagt Paskert. „Wir hoffen sehr darauf, bei der Stadt weiterhin Unterstützung und Hilfe zu erhalten.“

In den kommenden Wochen und Monaten könnten die explodierenden Kosten trotz Unterstützung dazu führen, dass der karitative Tierschutz in Seligenstadt und Umgebung an seine Grenzen komme, so Renie Sona. Der Verein freue sich deshalb über Unterstützung. Wie diese möglich ist, darüber informiert er im Internet auf seiner Website. (Von Julia Oppenländer)

Ein weiteres Problem für den Tierschutz: Die schiere Anzahl der Tiere. Während der Corona-Krise hat sich die Anzahl der Fundkatzen in Seligenstadt auffällig erhöht.

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