Seligenstädter Stadtteil „Welzem“ in Wort und Bild

Die Stadt Seligenstadt verleiht Kulturpreis 2022 an den Klein-Welzheimer Heimatforscher Raimund Keller
Klein-Welzheim – Er pflegt die Klaa-Welzemer Mundart am Stammtisch mit Freunden, kann sich noch an viele Begebenheiten in seiner Kindheit und Jugend erinnern und ist Klein-Welzheimer durch und durch. Für seine besonderen Leistungen und Verdienste auf dem Gebiet der Heimatpflege erhält Raimund Keller den Kulturpreis 2022 der Einhardstadt Seligenstadt.
Seit zwei Jahrzehnten dokumentiert der 78-Jährige die Entwicklung Klein-Welzheims und führt über den idyllischen Ort am Main ein umfangreiches Bildarchiv. Im Jahr 2018 veröffentlichte Raimund Keller sein erstes Buch „Moi Welzem“. Der 163-seitige heimatliche Bildband, gefüllt mit kleinen Geschichten und vielen Schwarz-Weiß-Fotoaufnahmen, stieß in der Bürgerschaft auf großen Anklang.
Feierstunde im Bürgerhaus
„Mit diesem Werk veranschaulicht Raimund Keller kirchliches, schulisches, sportliches und kulturelles Leben in den Vereinen und Familien bis in die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts“, heißt es aus dem Seligenstädter Rathaus, das ihm die Auszeichnung in einer Feierstunde im Bürgerhaus Klein-Welzheim verleihen wird. In seinen Texten lasse Raimund Keller alte Gebräuche aufleben und erinnere sich an manche Besonderheit, heißt es weiter.
Mit dem Beginn des Vorruhestands verstärkte sich Kellers Heimatliebe. „Ich ging auf die Suche nach alten Bildern und habe Handzettel in die Briefkästen der Häuser eingeworfen.“ So kam Keller nach und nach an viele alte Fotoaufnahmen aus früherer Zeit. „Alles, was historisch über Klein-Welzheim gefunden wird, bringen mir die Leute vorbei, und ich schaue es durch“, sagt Keller.
Er sammelte und archivierte die alten Bilder, brachte Anekdoten und Erinnerungen zu Papier, die er schließlich 2018 in seinem ersten Heimatbuch veröffentlichte. Recherchiert hat Raimund Keller zudem die einstigen Gastwirtschaften im Ort, die Kolonial- und Lebensmittelgeschäfte, die im Laufe der Jahrzehnte immer weniger wurden und schließlich fast ganz verschwanden. Die von ihm zusammengetragenen Fotos präsentiert er außerdem in vielen Vorträgen und Fotoschauen.
Sammelaktion für die Kersch
„Als Kinder sind wir in der Floßgasse schwimmen gegangen“, sagt Keller und behauptet stolz, Anekdoten und Geschichte zu jedem Haus im Ort zu kennen. Gut erinnern kann er sich etwa an die „Sammelaktion für die Kersch“ 1953, als für den Umbau von St. Cyriakus dringend Geld benötigt wurde und er mit Freunden sammeln ging. In Erinnerung sind ihm zudem viele Begebenheiten aus seiner Kindheit in den 1950er Jahren – etwa, als er im Wald mit Freunden spielte oder als es mit der Ziege auf die Weide ging.
Großen Respekt hat er vor der bekannten Hebamme im Ort. „Katharina Weiler, eine Tante von mir, hat über 2000 Kinder auf die Welt gebracht“, erzählt Keller. „Sie war die erste Frau im Ort, die Moped gefahren ist. Sie konnte aber nicht bremsen, hat das Moped stets vorm Seligenstädter Krankenhaus ausrollen lassen.“
Was andernorts Heimat- und Geschichtsvereine erarbeiten, habe Raimund Keller für Klein-Welzheim nahezu alleine geleistet, lobt Seligenstadts Bürgermeister Daniell Bastian seine Arbeit. Dem Beschluss des Seligenstädter Magistrats, ihm den Kulturpreis 2022 anzutragen, war ein Votum der Kulturpreis-Jury vorausgegangen. Die Verleihung der mit 1 500 Euro dotierten Auszeichnung soll im Sommer stattfinden. (Holger Hackendahl)