Seligenstädter Gastronom hilft im Katastrophen-Gebiet in der Türkei

Nach der Erdbeben-Katastrophe helfen auch Seligenstädter in der Türkei. Gastronom Kadri Akdag kocht für die Menschen vor Ort.
Adiyaman/Seligenstadt – Knapp eine Woche ist es her, dass große Teile der Türkei und Syriens durch mehrere starke Erbeben zerstört wurden. Fast genauso lang ist auch Kadri Akdag, Inhaber des Hotels und Restaurants „Drei Kronen“, in der Türkei, um zu helfen.
Seligenstädter Gastronom: Hilfe war von vornherein klar
„Es war von vornherein klar, dass ich dort helfe. Ich habe noch nie eine solche Situation erlebt“, sagt Akdag. Zusammen mit insgesamt zehn Helfern hat er in der türkischen Großstadt Adiyaman, etwa 160 Kilometer östlich von Kahramanmaras, einen Lkw-Anhänger gemietet. Darin kochen er und die anderen Helfer nun dreimal am Tag für die Menschen vor Ort.
Viele Gebäude in der Stadt seien eingestürzt, viele Menschen unter den Trümmern begraben. „Die Hälfte der Stadt ist eigentlich weg“, beschreibt Kadri Akdag das Bild. Auch er selbst hat bei den Erdbeben Angehörige verloren, als ein Mehrfamilienhaus eingestürzt ist. Die Kinder hätten überlebt, so Akdag, ihre Eltern – beide Mitte 30 – nicht. „Als die Kinder erfahren haben, dass ihre Eltern tot sind und die Leichen in Decken eingewickelt gesehen haben – diese Schreie gehen mir nicht mehr aus dem Kopf.“
Als die Kinder erfahren haben, dass ihre Eltern tot sind – diese Schreie gehen mir nicht mehr aus dem Kopf.
Wie Kadri Akdag geht es vielen Menschen im Katastrophengebiet, aber auch in Ländern weltweit. Mehr als 35 000 Tote in der Türkei und Syrien wurden bisher bestätigt, weit mehr noch werden befürchtet. Viele Menschen sind auch eine Woche nach den Erdbeben weiterhin vermisst. Die Menschen, die sich bei ihnen mit Mahlzeiten versorgen, seien froh, dass sie etwas zu essen bekommen, sagt Kadri Akdag. „An erster Stelle wollen sie aber ihre Angehörigen finden, bestenfalls lebend.“

Erdbeben-Hilfe aus Seligenstadt: Je mehr als 1 000 Mahlzeiten dreimal am Tag
Mit ihrem Anhänger und einem Transporter sind sie in der Stadt mobil und versuchen, möglichst viele Menschen zu versorgen. Zwischen 1 000 und 1 500 Mahlzeiten geben sie jeweils dreimal am Tag heraus. Gekocht wird auf Gaskochern, Strom gibt es nicht. Die Lebensmittel bekommen sie aus einem nahe gelegenen Ort, der nicht so stark vom Erdbeben betroffen ist.
Parallel zur Verpflegung organisiert Akdag auch andere Hilfen mit und versucht die nächsten Schritte zu klären. „Die Geschichte dieser Stadt ist ausgelöscht, das Hab und Gut der Leute ist ausgelöscht“, sagt er. Dass es soweit kommen konnte, liegt für Akdag auch an der Bauweise der Häuser in vielen Gebieten der Türkei.
„Die Häuser sind nicht erdbebengerecht gebaut“, sagt auch Ergün Kumcu vom Seligenstädter Ausländerbeirat. Das Haus seiner Cousins in Malatya, etwa 140 Kilometer von Adiyaman entfernt, sei erst sechs Monate alt gewesen. Beim zweiten Beben ist es eingestürzt, verletzt wurde zum Glück niemand.
Seligenstädter Ausländerbeirat: Hilfe für Angehörige von Erdbeben-Opfer
Kumcu selbst war während der Erdbeben in Samsun im Norden der Türkei. Über die Nachrichten hat er von dem Unglück erfahren. „Auf dem zentralen Platz in der Stadt hat die Stadtverwaltung gleich angefangen, Hilfe zu organisieren und Helfer zu suchen“, erzählt Kumcu.
Auch er meldete sich und half in den kommenden Tagen, Sachspenden zu sortieren. Spätestens als man nach dem ersten Nachbeben die Tragweite der Katastrophe mitbekommen hatte, sei die Spendenbereitschaft enorm gestiegen. „Die Leute haben von Herzen gespendet“, sagt Kumcu.
Wieder zurück in Seligenstadt geht auch hier die Hilfe weiter: Mit dem Ausländerbeirat unterstützt er bei Hilfsaktionen, delegiert Spenden. Während einige Leute aus Seligenstadt in die Erdbebenregion geflogen sind, um zu helfen und Angehörige zu suchen, sind auch in der Einhardstadt Menschen auf Hilfe angewiesen. „Manche haben ihre halbe Familie verloren“, so Kumcu. Einige von ihnen bekommen psychologische Unterstützung. „Es ist wichtig“, sagt er, „dass die Leute jetzt über ihre Verluste reden und trauern können.“ (Von Laura Oehl)