Holzblasinstrumentenbauer - Gutsje im Saxophon

Holzblasinstrumentenbauer Norbert Zabolitzki repariert und verkauft seit mehr als 30 Jahren Saxophone, Klarinetten und Co. in seiner Werkstatt in Seligenstadt.
Seligenstadt – Wer „Zabos Werkstatt“ in Seligenstadt betritt, wird von Saxophonen in den unterschiedlichsten Arten, Größen und Farben empfangen. Geht man durch die kleine Tür an der Rückwand des Verkaufsraums hindurch, steht man vor Klarinetten und noch mehr Saxophonen, schwarzen Instrumentenkoffern und zwei großen Werkbänken mit einer Vielzahl von Werkzeugen, deren Ordnung wohl nur Norbert Zabolitzki selbst überblickt. „Es gibt ein System dahinter“, sagt der Holzblasinstrumentenbaumeister. „Ich weiß genau, wo ich für welches Teil hingreifen muss.“
Seit mehr als 40 Jahren repariert und verkauft Zabolitzki Holzblasinstrumente – seit 34 Jahren im eigenen Laden an der Kaiser-Karl-Straße. Mitarbeiter hat er keine, einsam fühle er sich in seiner Werkstatt aber trotzdem nicht. „Es kommen immer wieder Kunden, die ein Instrument anspielen möchten, oder es zur Reparatur bringen. Dann hält man auch mal ein Schwätzchen“, erzählt Zabolitzki. „Wenn ich sehe, dass das Problem nicht an einem kaputten Instrument, sondern an der Spielweise liegt, gibt es auch mal eine kurze Saxophon-Lektion im Laden.“ Einfach mal zwei bis drei Stunden in Ruhe an einem Instrument arbeiten zu können, genieße er aber genauso.
Seligenstädter Instrumentenbauer: „Wie Karrosseriebau“
Mehr als 600 Teile sind allein an einem Saxophon verbaut. „Das ist ein bisschen wie Karosseriebau“, schmunzelt Norbert Zabolitzki. Wo das Problem liegt, sieht er häufig schon, wenn die Kunden ihr Instrument zu ihm bringen. „Das lieben die Leute auch, dass sie direkt eine Analyse von mir bekommen.“
Manchmal sind aber auch schwierigere Fälle dabei, erinnert sich der Instrumentenbauer an eine Dame, deren Saxophon nicht mehr so funktionierte, wie es sollte. Nach längerem Suchen dann die Erkenntnis: „Da ist wohl beim Fastnachtsumzug ein Gutsje ins Saxophon geflogen. Das hat dann die Klappen verklebt.“
Am Ende einer jeden Reparatur steht das Anspielen – ein ganz wichtiger Moment, wie Zabolitzki erklärt: „Dabei bekomme ich ein Gefühl, ob es funktioniert oder nicht. Und wenn nicht, folgen die Feinjustierung und die Suche nach dem Grund -– da ist manchmal auch ein gewisser detektivischer Spürsinn gefragt.“

Schon seit der Kindheit als Musiker aktiv
Wie die Instrumente, die er auf seine Werkbank bekommt, klingen sollen, weiß Norbert Zabolitzki genau. Schon als Kind fängt er in der Stadtkapelle Seligenstadt an, Klarinette zu spielen, lernt später auch am Konservatorium in Darmstadt. Bis heute ist Zabolitzki als Musiker aktiv, spielt mehrere Instrumente in verschiedenen Bands. Seine große Leidenschaft, sagt er, sei noch immer die Stadtkapelle, in der er auch mehrere Jahre als Vorsitzender fungierte. „Das Musikmachen gehört einfach zu meinem Leben – zu meinem Beruf, zu meinem Typ.“
Über den Vorschlag eines Freundes kommt Norbert Zabolitzki mit 16 Jahren zum Beruf des Instrumentenbauers. In Gelnhausen beginnt er eine Lehre und merkt vom ersten Tag an, wie viel Spaß ihm die Arbeit bereitet. „Man musste dort richtig ran, aber man hat gelernt, effektiv, gut und genau zu arbeiten“, erinnert er sich. Tugenden, die er sein ganzes Arbeitsleben lang gebraucht habe.
Holzblasinstrumentenbauer ist gut durch die Krisen gekommen
Ein Jahr nach der Meisterprüfung macht Zabolitzki sich in Seligenstadt selbständig. Dass man vom Job als Holzblasinstrumentenbauer leben könne, hätten sich zu seiner Lehrzeit viele nicht vorstellen können. Doch auch in den Krisen der vergangenen Jahre und Monate – von Pandemie bis Energiekrise und Inflation – sei er gut weggekommen.
„Eine Blockflöte oder Noten kaufen die Leute heute nicht mehr im Fachgeschäft“, stellt aber auch Zabolitzki fest. Das lasse er nun auslaufen. Instrumente wie Klarinette und Saxophon wolle er aber weiter verkaufen – und reparieren. Denn: „Wer eine Werkstatt am Laden dabei hat, der steht heute noch gut da“, bekomme er auch von Kollegen zu hören. Letztlich komme es für viele Musiker auch auf Vertrauen zu ihrem Instrumentenbauer an. 150 bis 200 Kilometer Weg nehmen Zabolitzkis Kunden häufig auf sich.
Seligenstädter repariert bis zu 100 Jahre alte Instrumente
Auch, weil Norbert Zabolitzki sich noch den ganz alten Instrumenten annimmt. „Ich mache viele Vintage-Restaurationen aus den 30er- und 40er-Jahren. Da trauen sich viele nicht mehr ran.“ Vor 100 Jahren seien die Instrumente alle noch in Handarbeit entstanden. „Da ist jede Klappe anders“, erklärt Zabolitzki. So muss der Instrumentenbauer manchmal auch einige Teile erst selbst anfertigen, bevor das Instrument wieder fit gemacht werden kann. Gerade liegt eine auseinandergebaute Klarinette aus dem 18. Jahrhundert in einem Regal in seiner Werkstatt. „Da arbeite ich aber eher für mich selbst dran“, sagt Zabolitzki.
Geschätzt wird die Arbeit des Seligenstädters aber nicht nur unter Musikern. Seit einigen Jahren ist Norbert Zabolitzki auch als öffentlich bestellter Gutachter im Einsatz, hilft Gerichten und Versicherungen beispielsweise, den ursprünglichen Wert eines Instruments zu bestimmen.
Es ist die Vielseitigkeit seines Berufs, die Norbert Zabolitzki auch nach mehr als 40 Jahren noch immer dafür brennen lässt. „Der Job ist mit meiner Leidenschaft verbunden“, sagt der Seligenstädter Holzblasinstrumentenbauer. „Ich bin mir jeden Tag bewusst, dass ich den besten Job für mich habe.“ (Von Laura Oehl)