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Seligenstädter Synagogenplatz verschwindet aus der öffentlichen Wahrnehmung

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Von: Michael Hofmann

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Synagogenplatz an der Frankfurter Straße: Anfang der 2000er Jahre mit viel Engagement als Mahnmal gestaltet.
Synagogenplatz an der Frankfurter Straße: Anfang der 2000er Jahre mit viel Engagement als Mahnmal gestaltet. © Hampe

Der Synagogenplatz ist für Seligenstadt von großer historischer Bedeutung. Doch wird der Platz seit Jahren vernachlässigt. „In seiner gegenwärtigen Gestaltung vermittelt er den Eindruck eines vergessenen Ortes“, kritisiert die SPD und fordert deshalb eine Neugestaltung. 

Seligenstadt – Obwohl engagierte Bürger Anfang der 2000er Jahre mit großem Engagement und viel Geld dem bis dahin zumeist unbeachteten und beliebig wirkenden Platz an der Frankfurter Straße nach und nach die ihm gebührende historische Bedeutung verliehen und ihn als Mahnmal ausgestalteten, ist der Seligenstädter Synagogenplatz im Verlaufe der Jahre dem Anspruch, den die Arbeitsgemeinschaft Stadtbild und die Bürgerinitiative Synagogenplatz noch 2009 formulierten, nie gerecht geworden: „Der Platz lebt jetzt. Er hat ein Gesicht bekommen. Gleichzeitig gibt er etwas von seiner erdrückenden Geschichte preis“.

Das Gegenteil scheint der Fall. Der Platz, der mit dem Pogrom die Erinnerung an eines der dunkelsten Kapitel der Stadtgeschichte wachhalten soll, droht in der öffentlichen Wahrnehmung zu verschwinden. Hundebesitzer wurden schon beobachtet, wie sie Vierbeiner ihr Geschäft auf der Grünfläche erledigen ließen. Ein aktueller Antrag der SPD-Fraktion greift diese Entwicklung nun auf. Unter dem Motto „Aufwertung des Synagogenplatzes“ soll sich der Magistrat mit seiner Restaurierung befassen. In ihrer Begründung betonen die beiden SPD-Fraktionsvorsitzenden Nicole Fuchs und Marius Müller die „erhebliche historische Bedeutung“ des Platzes. Seit seiner letzten Sanierung seien viele Jahre ins Land gegangen, „und die Anlage weist nun erhebliche Gebrauchsspuren auf, die auch nicht mehr im Zuge der normalen Pflege behoben werden können.“ Zu nennen seien etwa die Hinweistafeln, die Begrenzung der Wege, die Beleuchtung, der Zustand der alten Grundmauern. In seiner gegenwärtigen Gestaltung vermittele der Synagogenplatz „den Eindruck eines vergessenen Ortes. Der Respekt vor unserer Geschichte gebietet, diesen Platz in einen hervorragenden Zustand zu bringen und zu erhalten.“

2009 neue Hinweis- und Infotafeln für den Synagogenplatz in Seligenstadt

Erhebliche Gebrauchsspuren: Hinweistafeln und Wegebegrenzungen müssen erneuert werden.
Erhebliche Gebrauchsspuren: Hinweistafeln und Wegebegrenzungen müssen erneuert werden. © Hampe

Im März 2009, wenige Tage vor der Verleihung des Einhard-Preises an die jüdische Schriftstellerin Margot Friedlander, stellten die Arbeitsgemeinschaft Stadtbild und die Bürgerinitiative Synagogenplatz die neuen Hinweis- und Info-Tafeln auf dem umgestalteten Platz an der Frankfurter Straße vor.

Im Verlaufe mehrerer Jahre war der Synagogenplatz zuvor unter der Federführung der AG Stadtbild in der Form eines Mahnmals angelegt worden. Rund 100 000 Euro waren damals nach Angaben von Thomas Laube in Steinarbeiten und Konservierung geflossen. Unter anderem wurde das Originalfundament der Grundmauern wieder sichtbar gemacht. Eine Mauer verweist auf den Grundriss des früheren Gotteshauses, das 1870 bis 1872 errichtet und von den Nazi-Schergen am 10. November 1938 angezündet wurde. Die Tafeln waren Geschenke von Bürgern, die für dieses Projekt gespendet hatten. Die Kombination aus steinernem Synagogen-Grundriss und den funktional angeordneten Info-Tafeln stieß damals auf allgemeines Lob, lieferten sie doch untrügliche Belege für die Untaten. So ist auf einer der Tafeln neben einem erläuternden Text auch ein Grundriss abgebildet. Die Zeichnung dokumentiert, dass zwei Tage vor der Zerstörung der Synagoge eine Grundstücksteilung angeordnet wurde - entlang der Längsmauer des Gotteshauses - untrügliches Zeichen dafür, dass die Zerstörung geplant war.

Dr. Hans Wurzel sowie Fritz und Hildegard Haas von der Bürgerinitiative Syngagogenplatz vertraten damals die Ansicht, auf dem umgestalteten Platz komme die eigentliche Intention klar zum Ausdruck: Der Appell an die Bevölkerung, wachsam zu sein und Toleranz zu üben. Für Bürgermeisterin Dagmar B. Nonn-Adams bot der Synagogenplatz Gelegenheit „ein Stück Geschichte unserer Stadt erinnerbar und erlebbar zu machen.“ (Michael Hofmann)

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