Seligenstädter Verein sucht Deutschlehrer für Geflüchtete

Seit acht Jahren bietet der Arbeitskreis Willkommen in Seligenstadt Deutschkurse für Geflüchtete an. Weil aktuell viele Geflüchtete nach Seligenstadt kommen, fehlen dem Verein Sprachlehrer.
Seligenstadt – „Für mich hat sich die Arbeit immer dann gelohnt, wenn ein Schüler es schafft, ins Berufsleben einzusteigen“, sagt Hanne Auer, Sprachlehrerin beim Arbeitskreis Willkommen in Seligenstadt (AK Willkommen). Seit 2015 bietet der Arbeitskreis Deutschkurse für Geflüchtete an, genauso lange ist auch Hanne Auer schon dabei, heute ist sie für die Organisation der Kurse zuständig.
Aktuell viele neue Geflüchtete in Seligenstadt
Aktuell kämen viele Geflüchtete nach Deutschland – auch nach Seligenstadt, sagt Henning Berz, Sprecher der Lenkungsgruppe im AK Willkommen. Die vorhandenen Sprachlehrer und -helfer reichen da nicht mehr aus. „Wir fahren genau auf der Kante. Wenn eine Person krank wird, muss die Stunde ausfallen“, sagt Berz. Neuzugänge im Sprachlehrer-Team sind also dringend notwendig.
„Sprache ist das Wichtigste, das Menschen, die nach Deutschland kommen, brauchen. Integration beginnt mit Sprache“, erklärt Hanne Auer, wieso sie sich entschieden hat, Sprachkurse zu geben. Anfangs noch in den Privatunterkünften der Geflüchteten, hat der AK Willkommen mittlerweile im „Flidum“ in der Kolpingstraße mehrere eigene Unterrichtsräume zur Verfügung. 14 Gruppen aus etwa vier bis sechs Schülern lernen dort aktuell Deutsch – die Warteliste ist lang.
Integration beginnt mit Sprache.
Wer als Sprachlehrer oder -helfer einsteigen wolle, brauche nicht zwingend einen pädagogischen Hintergrund. „Pensionierte Lehrer für uns zu gewinnen, ist zwar das angestrebte Ziel, aber auch, wer sich gerne mit Sprache befasst und Lust hat, sie anderen nahezubringen, ist willkommen“, sagt Henning Berz. Nach einer Hospitation, bei der sich beide Seiten kennenlernen können, gehen die Neuzugänge zunächst erfahrenen Sprachlehrern als Helfer zur Hand. „Nach einigen Monaten können sie dann auch selbst Kurse leiten. Wenn sie regelmäßig in den Stunden dabei sind, kriegen sie den richtigen Dreh raus“, sagt Berz. Die Zeiten können sie sich selbst einteilen, das Unterrichtsmaterial wird vom AK Willkommen gestellt – auch für die Geflüchteten.
Denn im Gegensatz zu den staatlichen Deutschkursen ist der Kurs beim Arbeitskreis kostenfrei, lediglich ein Pfand für die Kursbücher fällt an. Darüber hinaus benötigen die Geflüchteten keine Zulassung zum Kurs. „Das heißt, so lange sie noch auf die Zulassung für einen staatlichen Kurs warten, können sie schon vom ersten Tag an zu uns kommen. Und wer hierher kommt, um sich ein Leben aufzubauen, kommt auch am ersten Tag“, sagt Berz.
Sprachlehrerin aus Seligenstadt: Menschen helfen, sich zu integrieren
Schüler aus Syrien, Eritrea, Somalia, Afghanistan und der Ukraine habe sie schon unterrichtet, erzählt Hanne Auer. Für sie bedeuten die Kurse ein beidseitiges Lernen, denn als Lehrerin lerne auch sie andere Kulturen kennen. „Ich finde, wann immer jemand einen Beitrag leisten kann, damit sich die Menschen integrieren, sollte man das tun. Und nicht dieses ‘Die sollen wieder nach Hause gehen’-Denken. Die Leute werden nicht wieder nach Hause gehen. Also sollten wir ihnen helfen.“
Dabei sei es nicht nötig – und auch nicht immer von Vorteil – dass die Lehrer die Sprache ihrer Schüler sprechen. „Die Gefahr ist groß, dass man dann in diese Sprache zurückfällt. So dauert es viel länger, bis sich die Schüler eine Basis auf Deutsch aufbauen“, so Auer.
Schüler in Seligenstädter Sprachkursen wollen lernen
Zudem sei die Motivation der Geflüchteten häufig groß, weil sie freiwillig in die Kurse kommen und lernen wollen. „Das ist anders als in der Schule“, sagt die ehemalige Lehrerin. Und auch der Unterricht selbst sei anders: „Es ist ein offener Unterricht. Wir reden viel miteinander, es gibt zwar Tests, aber keine Noten. Sie zeigen eher, woran wir noch arbeiten müssen“, so Auer.
Auch mit Rückschlägen müsse man als Sprachlehrer manchmal umgehen, sagt Auer und denkt an eine ukrainische Schülerin, die gerade in ihre Heimat zurückgekehrt ist. „Ihr Bruder wurde schon zweimal im Krieg verwundet und ihre Eltern haben Angst, beide Kinder zu verlieren“, sagt Hanne Auer. Zwar sei die Situation schwer, aber man müsse sie hinnehmen. „Es gibt noch genug Menschen, denen ich helfen möchte.“ (Von Laura Oehl)
Arbeitskreis Willkommen in Seligenstadt sucht Unterstützer
Neben Sprachlehrern und -helfern sucht der AK Willkommen auch Unterstützung in anderen Bereichen, unter anderem im Büro. Wer sich engagieren möchte oder Fragen hat, kann sich an Hanne Auer (Organisation Sprachkurse) unter der Nummer 06182 / 27655 oder per Mail an flidum@ak-willkommen.org wenden. Weitere Infos gibt es auch unter ak-willkommen.org. (loe)