Miss-Germany-Wahl: Elisa Simon aus Seligenstadt spricht über ihre Angststörung

Bei der Miss-Germany-Wahl ist weit mehr gefordert, als nur gutes Aussehen: Elisa Simon aus Seligenstadt zeigt, dass man auch Mut beweisen muss.
Seligenstadt - Im Bikini müssen sich die Kandidatinnen der Miss-Germany-Wahl seit 2019 nicht mehr präsentieren. „Sonst hätte ich mich wahrscheinlich nicht beworben“, sagt Elisa Simon. Die 20-jährige Seligenstädterin will keine Schönheitskönigin werden. Das erklärt sie auch den Skeptikern, die den Wettbewerb für oberflächlichen Quatsch halten.
Größe, Gewicht, Aussehen stellen nach Angaben des Veranstalters der Miss-Germany-Wahl keine Beschränkungen mehr für eine Bewerbung dar. Die Teilnehmerinnen müssen lediglich zwischen 18 und 39 Jahren alt sein und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Dafür strotzt die Internetpräsenz der Miss-Wahl nur so vor Begriffen wie Persönlichkeit, Authentizität, Visionen und Vielfalt. Da werden Leitfiguren gesucht. Frauen, die sich gegenseitig inspirieren und bestärken.
Seligenstädterin will über Tabuthema „Angststörung“ aufklären
Ein Konzept, das Elisa Simon aus Seligenstadt überzeugt: Sie will mit dabei sein. Eine Jury wählte sie aus mehr als 12 000 Frauen unter die 160 Kandidatinnen, die per Online-Abstimmung eine Runde weiter ziehen können, in die Top 80. Die Teilnehmerinnen stehen für ganz unterschiedliche Themen. „Missionen“, wie Elisa Simon erklärt.
Ihre Mission dreht sich um einen eigenen Kampf. Er ist verbunden mit Herzrasen, Zittern, Schweißausbrüchen und Atemnot. Die junge Studentin der Online-Kommunikation will über Angststörungen aufklären. Ein Tabuthema, das nur langsam ins öffentliche Bewusstsein rückt. „Aber nur dadurch, dass ich mit Menschen darüber gesprochen habe, geht es mir so gut wie gerade.“
Seligenstadt: Ihre Mutter hilft Elisa Simon bei der Miss-Germany-Wahl
Wichtigste Bezugsperson ist ihre Mutter. Aber auch Freunde wissen Bescheid und haben im Alltag ein Auge auf sie. Simon ist klaustrophobisch, meidet Menschenmengen. „Ganz alltägliche Sachen, wie zum Einkaufen in die Stadt zu gehen, waren lange Zeit nicht machbar allein. Ich hatte das Gefühl, ich werde von allen Seiten beobachtet, und jeder will mir was Böses.“ U-Bahn-Fahren und Partys – ein Graus. „Ich halte mich da am Rand auf, habe die Ausgänge im Blick. Ich habe Angst vor einer Massenpanik und davor, zerquetscht zu werden.“ Dann muss sie raus, irgendwohin, wo sie atmen kann. Mittlerweile fällt es ihr leichter, sich ihren Ängsten zu stellen. Herausfordernde Situationen meistert sie aber „möglichst nicht allein“.
Etwas verträumt und verpeilt sei sie. In einem Büchlein notiert sie sich Erinnerungen, etwa die Daten für die wichtige Online-Abstimmung. Die sind ihr schon wieder entfallen, obwohl sie doch derzeit ordentlich die Werbetrommel für sich rühren müsste.
Elisa Simon kannte Miss-Germany-Wahl zuvor nicht
Bevor sie im Internet auf die Miss-Germany-Wahl stieß, hatte sie noch nie etwas von dem Wettbewerb gehört. „Ich kannte so etwas nur aus den USA.“ Doch je mehr sie sieht und liest, desto beeindruckter ist sie. „Ich wollte Teil von etwas so Tollem, von einem Wandel sein und diese großartigen Frauen kennenlernen.“ Sie bewirbt sich mit einem ausführlichen Motivationsschreiben. Bei der Jury will sie auch mit ihrer Kreativität punkten. Sie singt, spielt Klavier und Gitarre. „Ich komme aus einem Musikerhaushalt.“
Als die Mail mit der Zusage aufploppt, sitzt Elisa gerade vor ihrem PC und zockt ein Videospiel. „Meine Flucht aus der Realität“, sagt sie. Mal mit Geballer, mal mit Lebenssimulationen wie „Die Sims“. Ihr Jubelschrei schallt durchs ganze Haus, sodass es ihre Eltern in den unteren Stockwerken hören. Doch die Freude weicht schnell der Angst. „Ich ging davon aus, eh nicht genommen zu werden. Das hat mich überrumpelt.“
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Elisa Simon aus Seligenstadt ist unter Top 160 Kandidatinnen
Auch mit dem Prozedere hat sie sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht beschäftigt. Die 160 ausgewählten Frauen werden zu einem Kennenlernen mit Fototermin nach Hamburg eingeladen. Elisa Simon geht das alles zu schnell. Der Gedanke daran, viele Menschen treffen und mit ihnen kommunizieren zu müssen, gestylt und fotografiert zu werden, lässt die junge Frau beinahe einknicken. Die Unterzeichnung des Vertrags schiebt sie lange vor sich her. „Mama, ich weiß nicht, ob ich das kann“, spricht sie zuhause über ihre Zweifel. Doch Mama nimmt sie, wie so oft, an die Hand und begleitet sie nach Hamburg.
Heute schwärmt die 20-Jährige mit einem Lächeln im Gesicht: „Da gab es Leute, die mich sofort verstanden, die genau die gleichen Probleme haben.“ Mit ihren persönlichen Geschichten lenken die Frauen sie auch von ihren Ängsten ab. Einige sprechen etwa über sexualisierte Gewalt. Die Studentin merkt schnell: Da kämpft nicht nur jede für sich. „Es ist ein Miteinander, kein Gegeneinander.“
Seligenstädterin hat erste Hürde bei Miss-Germany-Wahl genommen
Gewinnen kann am Ende trotzdem nur eine. Sollte sie im Wettbewerb bleiben, warten noch größere Herausforderungen auf Elisa Simon. Allein der Gedanke, öffentlich vor Publikum oder Jury zu sprechen, wirkt einschüchternd. „Es wird schwer, sich gegen die anderen Frauen durchzusetzen. Aber ich bin froh, dass ich dabei bin und meine Angst überwunden habe. Wieder ein Schritt, den man gemacht hat.“ (Von Franziska Jäger)
Die Top-80-Kandidatinnen werden online bestimmt. Wer Elisa Simon unterstützen möchte, kann dies vom 1. bis 5. November auf missgermany.de tun.
Ganz andere Ziele und Träume als Elisa Simon hat Jan-Niklas Malsy. Der 21-jährige aus Seligenstadt will Priester werden