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„Fast Herzinfarkt bekommen“: Seligenstädterin von Strompreiserhöhung überrascht

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Von: Julia Oppenländer

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Massive Erhöhungen bei Energiepreisen für Verbraucher in ganz Deutschland.
Massive Erhöhungen bei Energiepreisen für Verbraucher in ganz Deutschland. © dpa (Symbolfoto)

Eine Seniorin aus Seligenstadt fühlt sich von den Strompreiserhöhungen ihres Anbieters EAG überrumpelt. Statt monatlich 112 soll sie künftig 236 Euro zahlen.

Seligenstadt – Seit Monaten kennen die Energiepreise nur eine Richtung: nach oben. Nicht nur, dass deutschlandweit deshalb schon dutzende Anbieter Insolvenz anmelden und damit ihre Lieferungen einstellen mussten, diese Entwicklung sorgt vor allem bei den Verbrauchern für Frust, die teilweise von den Erhöhungen überrascht wurden.

So erging es auch einer 83-jährigen Frau aus Seligenstadt (Kreis Offenbach). Schon länger Bestandskundin bei der EAG Energie Abrechnungs- und Service GmbH, erhielt sie Mitte November, Mitte Dezember und zuletzt Mitte Januar drei Infoschreiben des Unternehmens mit den Worten „Vertragsanpassung Strom“. „Jedes Schreiben ist anders gehalten. Es gibt keine Betreffzeile mit dem Wort ‚Preiserhöhung‘ – das ist verwirrend und entspricht auch nicht der Rechtsprechung zu dem Thema, was die Verbraucherzentrale immer wieder anmahnt“, sagt Claudia Ostarek. Ihre Mutter habe die Briefe dann nicht detailliert gelesen, sondern abgeheftet, da sie den unterschiedlich aufgebauten Schreiben auf den ersten Blick nicht entnehmen konnte, welchen Sprengstoff sie enthielten.

Seligenstadt: Strompreiserhöhung erst auf Jahresabrechnung bemerkt

Erst als sie vor Kurzem die Jahresabrechnung für 2021 erhielt, wurden auch der Seligenstädterin die Auswirkungen klar: Statt zuletzt 26 Cent pro Kilowattstunde müsste sie nun 65,57 Cent bezahlen – das würde zu einer monatlichen Vorauszahlung von 236 statt bislang 112 Euro führen. „Meine Mutter hat fast einen Herzinfarkt bekommen“, sagt Claudia Ostarek. Mit ihrer Hilfe machte die 83-Jährige gerade noch rechtzeitig von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch – und muss nun vorübergehend Strom vom Grundversorger EVO beziehen. „Für mich war die Art, wie die Briefe aufgebaut waren, mit Absicht so verschleiernd – im Sinne des Verbrauchers waren die nämlich nicht. Sonst hätten vermutlich viel mehr schon gekündigt“, sagt Ostarek und ist sicher: „Diese Preiserhöhungen können einige Menschen in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten bringen.“

Seligenstadt: Stromlieferant EAG will „wo immer möglich kulant“ sein

„So unglücklich es auch ist, Kunden über so etwas zu informieren, ist es trotzdem unser Ziel, die Anpassungen und das Sonderkündigungsrecht nicht erst auf der fünften Seite oder im Kleingedruckten zu verstecken“, sagt Erik Hofmann, Geschäftsführer der EAG. „Außerdem versuchen wir, uns wo immer möglich kulant zu zeigen und haben Kunden aus dem Vertrag gelassen, die sich erst kurz nach der Kündigungsfrist gemeldet haben.“

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Grundsätzlich sind vielen Versorgen bezüglich der Preiserhöhungen aktuell die Hände gebunden – sie sprechen schon länger von einer Energiekrise, die durch den Krieg in der Ukraine weiter Fahrt aufnimmt und neben Strom auch Heizöl oder Erdgas betrifft. „Die Marktpreise haben sich in der Spitze teilweise um das Zehnfache erhöht im Vergleich zum Vorjahr – die Entwicklung ist schon seit Monaten so. Das kam aber sehr spät bei den meisten Verbrauchern an“, sagt Hofmann. „Deshalb kamen die Preiserhöhungen für viele natürlich überraschend.“ Die meisten Kunden würden aber verständnisvoll reagieren.

Seligenstadt: Bei Vertragsverlängerung werden Strompreise immer angepasst

Bei der Seligenstädterin stand zudem zum Jahreswechsel eine Vertragsverlängerung an. Da gebe es fast immer eine Preisanpassung – nach oben oder nach unten. Derzeit steigen überall die Preise. „Wir haben sie fristgerecht sechs Wochen vorab über die Anpassung und ihr Sonderkündigungsrecht informiert“, sagt Hofmann. „Innerhalb dieser sechs Wochen hat sich der Markt aber so explosionsartig verteuert, dass unsere Annahme, die wir im November als Markteinschätzung getroffen haben, sehr schnell überholt war – so waren wir wirtschaftlich leider gezwungen, ein und dann ein zweites Mal zu reagieren“

In einer so außergewöhnlichen Marktsituation sei auch das Verhalten der Kunden nicht einschätzbar, unter anderem ob viele kündigen. Das wiederum erschwere weitere Planungen, so der EAG-Geschäftsführer. Das Unternehmen stehe deshalb auch intensiv mit seinem Vertriebspartner, der Sattler Energie GmbH in Seligenstadt, bezüglich Rückmeldungen im Austausch. Bei dem lokalen Ansprechpartner melden sich viele Kunden aus dem Ostkreis oft zuerst.

Sattler Energie Seligenstadt: Panik der Leute nachvollziehbar

„Diese Preisexplosion hatten wir noch nie, das ist irre“, sagt auch Mitarbeiterin Katrin Sattler. Dass allerdings so viele Schreiben an die Kunden seitens der EAG rausgegangen sind, sei unglücklich gewesen, aber „wer unsicher über den Inhalt von solchen Briefen ist, kann sich jederzeit melden und nachfragen“. Sie verstehe allerdings, dass Leute Panik bekommen, „weil man plötzlich Tausende Euro mehr im Jahr zahlen muss. Niemand erhält ja plötzlich doppeltes Gehalt oder mehr Rente. Viele wissen gar nicht, wie sie es zahlen sollen. Das ist traurig.“ (Julia Oppenländer)

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