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Cornelia Hargesheimer: Unternehmenstheater ist künstlerische Arbeit als Bewusstseinsschulung auf breiter Ebene.
Cornelia Hargesheimer: Unternehmenstheater ist künstlerische Arbeit als Bewusstseinsschulung auf breiter Ebene. © Hampe

Seligenstadt - Eine andere Rolle ausprobieren, Außergewöhnliches zulassen: Narrenfreiheit macht für viele den Reiz der tollen Tage aus. Von Sabine Müller

Cornelia Hargesheimer, Projektleiterin des kreativen Dienstleistungsunternehmens „theater@work“ mit Adresse in der Seligenstädter Altstadt, zeigt, dass Rollenspiel über die fünfte Jahreszeit hinaus ungeahnte Fähigkeiten zutage fördern und neues Potenzial freisetzen kann. Ihr Angebot - Unternehmenstheater - ist künstlerische Arbeit als Bewusstseinsschulung auf breiter Ebene, vor allem im Beruf.

Sie ist eine Regisseurin, bietet Schauspielunterricht und -coaching an, ist Verhaltenstrainerin, systemische Beraterin und derzeit in Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie. „Viele sehr komplexe Geschichten“, sagt Cornelia Hargesheimer, „aber immer in Verbindung mit Theater.“ Ihre Referenzliste weist Kunden aus Wirtschaft und Verwaltung, Kirchen und Kreditinstituten aus. „Besonders Führungskräfte der Mittelschicht glauben, dass wir unser Leben unter Kontrolle haben“, sagt Cornelia Hargesheimer. Stattdessen agierten wir zu mehr als 80 Prozent über non-verbale Kommunikation. Einer gesetzlichen Krankenkasse aus Baden-Württemberg ist dies bekannt: Drei Jahre lang wurde Hargesheimer dort für Kommunikationstraining gebucht. Von 2001 bis 2006 leitete sie Theaterworkshops mit Auszubildenden einer Drogeriemarktkette. Sie sollten Schlüsselkompetenzen erwerben und ihre Persönlichkeitsentwicklung vorantreiben. Texte, Musik, Kostüme, Bühne: Alles wurde selbst gemacht. Für einen renommierten Automobilkonzern hat sie Mitarbeiter fit gemacht für die großen Messen in Genf und Frankfurt. In einem Kreditinstitut musste sie 18 Beschäftigte aus verschiedenen Ländern durch Kreativität zusammenführen.

Arbeitswelt Veränderungen unterworfen

Unsere Arbeitswelt sei ständig großen Veränderungen unterworfen, sagt Cornelia Hargesheimer. Doch flexibel, schnelllebig und global zu handeln sei nicht alles, der Faktor Mensch dürfe nicht vernachlässigt werden. „Vertrauen wird immer wichtiger, im Umgang von Führungskraft und Mitarbeiter oder bei Geschäftsabschlüssen per Skype.“

Die Bühnenkunst spielte schon in jungen Jahren eine Rolle in ihrem Leben: Ihr Studium der Theaterwissenschaften schloss die gebürtige Fuldaerin, die in Frankfurt-Sachsenhausen aufgewachsen ist, 1984 in München ab. Ein wesentlicher Teil ihrer Ausbildung war das Schauspielstudium in Florenz. Ihr sei klar gewesen, „dass ich in die Praxis will“, es brauchte aber noch einige Inszenierungen, bis Cornelia Hargesheimer merkte, dass weniger die Schauspielerin, vielmehr die Regisseurin in ihr steckt. Heute arbeitet sie mit professionellen und ungelernten Akteuren und verwandelt Büros, Hotels und Bürgerhäuser in Theaterstätten.

Dazu war ein Selbstfindungsprozess notwendig. „Wir hatten ein richtiges Künstlerleben“, erinnert sich die Sechzigjährige. Ihr Mann ist bildender Künstler und Kunstlehrer, sie wollte Theater machen und die beiden Kinder beim Aufwachsen begleiten. Das klappte nicht immer, manchmal mussten sie für den Broterwerb zum Beispiel Jobs im Büro und als Busfahrer annehmen. Ein Freund habe sie damals auf Unternehmenstheater hingewiesen, der Kongress „Business goes Theatre“ im Jahr 1996 in Hof gab weiteren Aufschluss. Gemeinsam mit ihrem Mann gründete Cornelia Hargesheimer ihre erste Firma KLAK (Kreativität, Leichtigkeit, Assoziation, Kommunikation) - heute „theater@work“. Die erste Hürde im Unternehmen: Ihr Honorar bestimmen. „Da habe ich erstmals meinen eigenen Selbstwert in wahre Münze umsetzen müssen.“

Ziel beim Theaterprojekt „Impuls 50PLUS“

Dies war auch ein Ziel beim Theaterprojekt „Impuls 50PLUS“ der Pro Arbeit - Kreis Offenbach ab dem Jahr 2010. Dabei arbeitete die Regisseurin mit Langzeitarbeitslosen, um deren persönliche Ressourcen zu stärken und damit ihre Chancen auf Integration in Arbeit zu verbessern. Hargesheimers Anspruch war bescheidener. Als ersten Erfolg wertete sie schon, dass fast alle immer kamen und auf der Bühne auch ihr Lachen wieder fanden. Letztlich haben die Teilnehmenden in Form einer Übungsfirma selbständige Theaterstücke entwickelt und sogar vor Publikum erfolgreich aufgeführt. Mit allem was dazugehört: von der Intendanz und Regie über Text, Requisiten, Kostüme, Bühnenbild, Musik bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit. ORGtheater nennt Cornelia Hargesheimer die von ihr entwickelte Methode des simulierten Theaters, bei dem die Akteure auf „artfremdem“ Feld ihren Berufsalltag und vor allem sich selbst durch Rollenwechsel ganz neu entdecken und lösungsorientierte Handlungsansätze finden. Schöner Nebeneffekt für die Regisseurin: „Die Menschen bringen Theaterarbeit eine viel größere Wertschätzung entgegen als vorher.“

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