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Seniorin aus Seligenstadt im Visier von WhatsApp-Betrügern: „Ich bin gerade richtig aufgewühlt“

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Von: Julia Oppenländer

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Betrugsversuche: Auch bei WhatsApp kommt es immer wieder dazu.
Betrugsversuche: Auch bei WhatsApp kommt es immer wieder dazu. © dpa

Eine Seligenstädterin gerät ins Visier von WhatsApp-Betrügern, die eine Notlage vortäuschen und sie um Geld bitten. Die Seniorin schöpft rechtzeitig Verdacht.

Seligenstadt – „Ich bin gerade richtig aufgewühlt“, sagt die Seniorin aus Seligenstadt (Name der Redaktion bekannt). In der Hand liegt ihr Handy, der Schock über das, was passiert ist, ist ihr anzusehen. Dann beginnt sie zu erzählen, was sie in den 24 Stunden zuvor erlebt hat.

Weil ihre Nichte in Belgien wohnt, hält die Seligenstädterin normalerweise über den Chat-Dienst WhatsApp Kontakt mit ihr. Doch ihre Nichte beschloss vor einiger Zeit, sich bei WhatsApp abzumelden. Inzwischen hat sie die App allerdings wieder auf ihrem Handy, wie sie ihrer Tante vor Kurzem erzählt. Anfang der Woche erhält die Seniorin nun morgens eine Nachricht von einer ihr zunächst unbekannten Nummer: „Mama. Ich habe mein Handy verloren, benutze mein altes und habe eine neue Nummer. Du kannst meine alte löschen und diese speichern.“

Die Seniorin geht davon aus, dass es sich um ihre wieder beim Chat-Dienst angemeldete Nichte handelt, ärgert sich im Nachhinein aber darüber, dass ihr die „Mama“ gar nicht aufgefallen ist. „Dabei hätte mich ja das schon stutzig machen müssen.“ Im Glauben, sie schreibe mit ihrer Nichte, schickt sie Katzenfotos, schreibt der Person am anderen Ende kurz und gibt an, sich in den nächsten Tagen wieder zu melden.

Doch schon am selben Abend erhält sie eine weitere Nachricht ihrer vermeintlichen Nichte: „Ich habe ein kleines Problem. Könnt ihr mir helfen? Ich muss einige Rechnungen für mein Smartphone und einige Geräte für meinen Job bezahlen, aber mein Bankkonto ist für 24 Stunden gesperrt, weil sich meine Telefonnummer aus Sicherheitsgründen geändert hat. Könnten Sie es bis übermorgen bezahlen? Ich habe diesen Betrag auf meinen Ersparnissen, damit ich es Ihnen zurückzahlen kann. Es tut mir leid, Sie damit zu stören.“

„Ab diesem Moment bin ich aber wirklich stutzig geworden“, sagt die Seligenstädterin. Denn ihre Nichte spreche sie natürlich niemals mit dem förmlichen „Sie“ an. Sofort ruft sie in Belgien an, um persönlich nachzuhaken.

Auch die Nichte fällt aus allen Wolken. Von ihrem WhatsApp-Konto, dieses Mal ist es das richtige mit belgischer Vorwahl, stellt sie sofort klar: Die Nachricht „Ich habe mein Handy verloren...“ sei nicht von ihr. „Und nein, ich habe die Katzenfotos nicht erhalten.“ Außerdem mache sie sich ernsthaft Sorgen, dass jemand ihr WhatsApp-Konto missbraucht. Um sich bei dem Unternehmen beschweren zu können oder selbst in Belgien zur Polizei gehen zu können, brauche sie Beweise und bittet deshalb ihre Tante, ihr Fotos von dem Chat mit den Betrügern weiterzuleiten.

Die Seligenstädterin versucht, dem Wunsch ihrer Nichte schnellstmöglich nachzukommen. „Den Kontakt zu den Betrügern habe ich natürlich auch sofort abgebrochen“, sagt sie und ist froh, den Betrugsversuch rechtzeitig erkannt zu haben. „Man liest ja immer wieder davon, aber dass einem das wirklich selbst passiert, glaubt man ja dann doch nicht.“ Sie will deshalb andere warnen: „Wenn man sich bei so etwas unsicher ist, lieber die Person noch mal persönlich anrufen.“

In dem Fall der Seligenstädterin ist der Schaden überschaubar. „Sie hat vorbildlich gehandelt“, lobt auch Felix Geis, Sprecher der Polizei Südosthessen. Den Beamten ist die Betrugsmasche per WhatsApp bekannt – er mache aber nur einen geringen Anteil an den insgesamt gemeldeten Betrugsdelikten aus, so Geis. „Zum Großteil bleibt es bei einem Versuch.“

Allerdings gibt es laut Polizei seit zwei Jahren einen starken Anstieg bei den Fällen mit sogenannten Schockanrufen. Zielgruppe sind bei allen Varianten vorwiegend ältere Menschen. Die Täter führen dabei ihre Opfer – unter Vortäuschen einer Notlage – gezielt auf die emotionale Ebene und nutzen dabei den Hilfeleistungsdrang der Geschädigten finanziell aus. Trotz vieler Warnhinweise komme es immer wieder zu vollendeten Taten, bei denen die Opfer teilweise hohe Geldbeträge überweisen oder aushändigen.

Deshalb versuche die Polizei auch, die Angehörigen zu sensibilisieren und über die sozialen Medien oder die HessenWarn-App zu erreichen. „Beides hat den Vorteil, dass wir damit sehr schnell agieren und insbesondere bei noch laufenden Betrugsmaschen in Echtzeit informieren können, wo und wie die Betrüger gerade auftreten“, sagt Felix Geis. (Von Julia Oppenländer)

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