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Verwerfungen und Mehrkosten bei der Planung des Westring-Baugebiets

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Von: Michael Hofmann

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ZWO-Wasserwerk Lange Schneise in Seligenstadt: Altverträge aus dem Jahr 1975 nicht gekündigt.
ZWO-Wasserwerk Lange Schneise in Seligenstadt: Altverträge aus dem Jahr 1975 nicht gekündigt. © Wronski

Der schwelende, noch ungelöste Konflikt um die Versorgung des 21 Hektar großen Neubaugebiets „Südwestlich des Westrings“ mit Trinkwasser könnte zu Verwerfungen sowie üppigen Mehrkosten für die Stadt Seligenstadt führen. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Zweckverband Wasserversorgung in Stadt und Kreis Offenbach (ZWO).

Seligenstadt – Bekanntlich hatte der Zweckverband Wasserversorgung in Stadt und Kreis Offenbach (ZWO) im Zuge der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (TÖB) bereits Ende 2020 und Anfang 2021 angegeben, eine von der Stadt Seligenstadt gewünschte Anhebung der Liefermengen sei nicht gesichert, solange das Regierungspräsidium Darmstadt (RP) die beantragte Erhöhung der Wasserrechte und/oder Zusagen der Nachbarverbände zu einer erhöhten Lieferbereitschaft nicht genehmige. Der ZWO erläuterte damals, dass bei Erschließung des Baugebietes dieses natürlich an die Wasserversorgung angeschlossen werde, verwies aber auf eine dann weiter sinkende Versorgungssicherheit, gerade in Spitzenzeiten.

Daraufhin hatte Landtagsvizepräsident Frank Lortz (CDU) interveniert und betont, in Seligenstadt, wo keinerlei Grundwasserprobleme bestünden, aber auch in anderen Kommunen im Kreis, seien ganze Baugebiete nicht mehr realisierbar, weil die Gefahr bestehe, dass die Anforderungen des Bebauungsplans an die entsprechende Wasserversorgung nicht erfüllt werden können. Vergeblich, so Lortz weiter, habe der ZWO weitere Wasserrechte beim Regierungspräsidium Darmstadt beantragt, werde aber nur „hingehalten“. Er richtete einen nachdrücklichen Appell an das RP, neue/höhere Wasserrechte zu vergeben (wir berichteten).

Der ZWO, so Bürgermeister Daniell Bastian (FDP) dieser Tage, habe betroffenen Kommunen inzwischen Neuverträge angeboten, die aber auf wenig Gegenliebe gestoßen seien. Gleichwohl habe der ZWO die Altverträge nicht aufgekündigt.

Wasserliefervertrag für Seligenstadt aus dem Jahr 1975

Der Wasserliefervertrag Stadt Seligenstadt/ZWO stammt aus dem Jahr 1975, ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, der mangels Kündigung noch mindestens bis Februar 2030 läuft. Die einst vertraglich vereinbarte Liefermenge beträgt 2,28 Millionen Kubikmeter, die aktuelle jährliche Abnahmemenge liegt knapp über einer Million. Die erforderliche zusätzliche Wassermenge für den Westring-Abschnitt A liegt bei etwa 76 000 Kubikmetern, für den späteren Abschnitt bei B 39 000.

Dem gegenüber steht freilich eine (noch gültige) ZWO-Stellungnahme zum Bebauungsplan vom Januar 2022: „Die Erhöhung der Wasserliefermengen um die von der Stadt geforderten Mengen ist auf der Grundlage der dem ZWO zur Verfügung stehenden Wasserrechte nicht möglich.“ Zwar benötige Seligenstadt im Westring keine exorbitante Mengen, doch sei dies im Versorgungsgebiet ja nicht das einzige Baugebiet mit Trinkwasserbedarf, beschreibt Bastian das ZWO-Dilemma. Er stehe deshalb weiter in Kontakt mit dem Zweckverband.

Zur Stärkung des Fernwasserverbundes und damit zur Erhöhung der Wasserbezugsmenge, so der Zweckverband dieser Tage auf Anfrage, sei er „in konkreten Gesprächen mit der Hessenwasser GmbH & Co.KG, den Stadtwerken Hanau und dem Zweckverband Gruppenwasserwerk (ZVG) Dieburg.“

Für die Stadt Seligenstadt, so Rathauschef Daniell Bastian, böten sich zwei Handlungsoptionen: die Bebauungsplan-Stellungnahme des ZWO in der Abwägung der Träger öffentlicher Belange nicht zu behandeln, oder einen Abwägungsbeschluss trotz negativer ZWO-Stellungnahme herbeizuführen. Letzteres wiederum sei „juristisches Neuland“, mit dem sich nun Fachleute befassen (Risiko der Normenkontrollklage).

ZWO erstellt umfassendes Kommunales Wasserkonzept mit Bedarfsprognose bis 2050

Mit der Erstellung eines umfassenden Kommunalen Wasserkonzepts hat der ZWO nach eigenen Angaben im September 2022 in Zusammenarbeit mit den angeschlossenen Kommunen und einem Ingenieurbüro begonnen. Das vom Umweltministerium geförderte Projekt soll Bestand und Nutzung aller Wässer bilanzieren. „Neben der Wassergewinnung für die Trinkwasserversorgung soll auch die Grundwassernutzung durch Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe analysiert werden. Ziel ist es, alle Grundwasserentnahmen im Versorgungsgebiet zu identifizieren und quantifizieren“, so der ZWO-Vorstand in einer Stellungnahme, in der freilich nicht mehr von der Ausweitung von Wasserrechten die Rede ist.

Potenziale und Konflikte bei der Nutzung des Grundwassers sollen analysiert werden. Im Rahmen des Konzepts wird eine Bedarfsprognose bis 2050 erstellt, die dem ZWO und den einzelnen Kommunen einen Blick in die Zukunft der Wasserversorgung erlaubt. „Ein weiterer elementarer Baustein der Wasserkonzepte wird die Analyse zur Trinkwassersubstitution sein. Es werden ,Stellen‘ identifiziert, die für eine Nutzung von Brauchwasser infrage kommen.“

Diesen Weg, so Bastian, könne der Magistrat den Stadtverordneten gegenüber „nicht als vertretbar bezeichnen.“ Also bleibe nur der Verhandlungsweg mit dem ZWO. Der wiederum will, „wegen der sich in Klärung befindlichen Sachverhalte derzeit keine sachdienlichen Auskünfte erteilen.“

Doch so viel verrät der ZWO-Vorstand schon: „Insbesondere städtebauliche Maßnahmen müssen bei der Bauleitplanung und der Umsetzung von Bauplänen noch bessere Alternativen zur Nutzung des Trinkwassers enthalten. Schließlich wird jede Kommune einen Maßnahmenkatalog zum Wassersparen und rationellen Umgang mit Wasser bekommen.“

Seligenstädter Bauleitplanverfahren verzögert sich

Gleichwohl fängt die durch die Verzögerung des Bauleitplanverfahrens und damit auch der Umlegung entstandene Hängepartie an, die Stadt Seligenstadt Geld zu kosten. Immerhin habe die Stadt über die Entwicklungsgesellschaft Terramag treuhänderisch Grundstücke aufkaufen lassen, erlebe aber nun, dass keine Mittel zurückfließen.

Dies sei angesichts steigender Zinsen ein teures Unterfangen. Immerhin habe die Stadt, um ein im Baugebiet liegendes Gärtnereigelände zu erwerben, die Kreditlinie von zehn auf 15 Millionen Euro erhöht. Damit seien zwar nun 60 Prozent der Grundstücke im Besitz der Stadt. Doch bezifferte Bastian die bei etwa vier Prozent Zinsen auflaufenden Kosten auf 400 000 bis 500 000 Euro jährlich.

Irritiert zeigt sich Landtagsvize Frank Lortz von der noch immer nicht geklärten Wasserlieferungsproblematik. Er habe Ende vergangenen Jahres auf ein beabsichtigtes Treffen mit Vertretern aus dem Umweltministerium, dem RP Darmstadt, dem ZWO und Vertretern des Kreises Offenbach in dieser Angelegenheit verzichtet, weil sowohl die Stadt Seligenstadt als auch der ZWO-Verband zwischenzeitlich angekündigt hätten, das Problem sei lösbar, womöglich über Wasserzulieferung vom Nachbarzweckverband Dieburg. Nachdem ihn kein „Hilferuf“ erreicht habe, so Frank Lortz weiter, sei er davon ausgegangen, dass das Problem gelöst sei. (Von Michael Hofmann)

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