Weltkonditor des Jahres: Florian Löwer ist Titel-Anwärter

Florian Löwer ist Anwärter für den Titel „Weltkonditor des Jahres“. Eine seiner drei „Der süße Löwer“-Filialen betreibt er in Seligenstadt.
Seligenstadt – Die Kamera streift Früchte-Tartelettes und Himbeer-Vanille-Torte. Das Auge springt von Biskuit- zu Mürbeteig, von Mousse zu Sahne, von Gelee zu Schokolade. „Viel Zucker, viel Fett, nicht allzu gesund...“ Diese Worte spricht der Konditormeister selbst. Schnitt in die Arbeitsküche zu Florian Löwer. Der Hösbacher, der mit einer seiner drei „Der süße Löwer“-Filialen auch in Seligenstadt beheimatet ist, dreht ein Bewerbungsvideo. Und fährt – zur Erleichterung des Zuschauers – fort: „Wenn man so ´was isst, dann sollte es doch wirklich richtig lecker sein!“ Ein Anspruch, den der 42-Jährige mit seinem Feingebäck erfüllen möchte, nicht zuletzt mithilfe natürlicher, fairer, regionaler Produkte. Und mit ausgefallenen Kreationen wie den Zitronen-Basilikum-Törtchen, die er vor der Kamera mit Baiser-Spritzbeutel und Gasbrenner vollendet.
Das dreieinhalb Minuten lange Video könnte dem bereits vielfach prämierten Zuckerbäcker den Titel „Weltkonditor des Jahres“, vergeben von der internationalen Union der Bäcker und Konditoren (UICB), einbringen. Sein Können muss Florian Löwer dafür nicht mehr unter Beweis stellen, die Auszeichnung ist nicht an einen Wettbewerb gekoppelt. Löwer ist froh drum. 2006 wurde er Dritter bei der Weltmeisterschaft der Konditoren. Ein halbes Jahr hatte er hierfür jede freie Minute neben der Arbeit geübt, einen Monat ausschließlich dem Training gewidmet. „Die Zeit hätte ich heute nicht mehr“, sagt er. 2007 folgte die Gründung der Konditoreien in Hösbach und Aschaffenburg, seither nimmt Löwer nicht mehr aktiv an Wettbewerben teil. Allerdings ist er Mitglied der CondiCreativClubs, der die Deutsche Meisterschaft der Konditoren ausrichtet, und bildet selbst den Nachwuchs aus. „Das ist in gewisser Weise wie ein kleiner Wettbewerb, bei dem man mitfiebert.“
Süßer Löwer in Seligenstadt: Florian Löwer von Mitgliedsverbänden nominiert
Nominiert werden die Weltkonditor-Titelanwärter von den nationalen Mitgliedsverbänden der UICB – 38 an der Zahl, sagt Löwer. „Aber nicht alle Länder, etwa kleine wie Zypern, stellen einen Kandidaten.“ Dass der Deutsche Konditorenbund an ihn gedacht habe, ehre ihn. Man kenne sich von früheren Wettbewerben; mit etwa 3000 Konditoren deutschlandweit bewege man sich in einem kleinen Kreis. „So eine Nominierung erhält man nicht alle Tage, das ist eine einmalige Chance – und das ohne zusätzlichen Aufwand“, sagt Löwer.

Dem Präsidenten habe er gesagt, es gebe doch mindestens 20 Konditoren mit Wettbewerbsauftritten und innovativen Produkten, die für den Titel besser geeignet seien. Allerdings erfüllten die nicht die notwendigen Kriterien: Der Bewerber muss neben Ausbildung und Selbstständigkeit internationale Wettbewerbserfahrung mitbringen, Nachweise über Veröffentlichungen, Marketing- und innovative Tätigkeiten vorlegen. Und da sticht der Spross einer Gärtnerfamilie und Kräuter-Konditorkünstler Florian Löwer (Kochbuch: „Süßes aus der Kräuterküche“) eben viele andere aus.
„Auch das Thema Nachhaltigkeit könnte etwas sein, das uns abhebt“, sagt der 42-Jährige. Er ist bereit, für Lebensmittel faire Preise zu zahlen, sei es für die importierte Schokolade oder die regionalen Molkereiprodukte aus dem Odenwald. Als kleiner Handwerksbetrieb könne man die Milch von Landwirten aus dem Umkreis beziehen: „Diese Qualität kann die Industrie nicht leisten.“ Und: „Bei uns gibt es immer irgendwas Neues, Ausgefallenes, sei es mit Kräutern, Rosen oder Gewürzen.“
Florian Löwer arbeitet auch an veganen Produkten
Löwer und sein Team arbeiten momentan an veganen Mousse-Törtchen. „Das wird in Zukunft ein großes Thema für uns sein, die Nachfrage steigt definitiv“, sagt er. Seit fünf Jahren gibt es in den Löwer-Filialen vegane Tartes aus Mürbeteig, seit drei Jahren auch Torten: Karamellcreme mit gebratenen Aprikosen, Rhababercreme mit Erdbeeren. Dauerbrenner ist die Mandelcreme mit Schokosplittern. Gelegenheit, Vorurteile gegenüber veganen Produkten endlich abzulegen. „Hochzeitspaaren stelle ich bei den Torten auch immer etwas Veganes zur Auswahl, ohne etwas dazu zu sagen. Und es entscheiden sich doch recht viele dafür.“
Während manche Produkte einfacher umzusetzen sind, erfordern andere wie das vegane Mousse mit luftig-leichter Konsistenz viel Tüftelei in der Backstube. „Eiweiß und Sahne lassen sich aufgrund der Proteine schaumig schlagen. Also brauche ich ein pflanzliches Protein. Viele nehmen Aquafaba, Kichererbsenwasser, aber das ist sehr geschmacksintensiv. Deswegen verwenden wir Kartoffelprotein“, erklärt Löwer. Als Bindemittel dient das rein pflanzliche Pektin, das in der veganen Küche als Ersatz für Gelatine verwendet wird.
Entscheidung zur Auszeichnung fällt Anfang September
Ins Sortiment kann Löwer die Törtchen noch nicht aufnehmen: Das Mousse ist zu weich und zerschmilzt zu leicht. „Es braucht Fette, die bei Körpertemperatur schmelzen und das Produkt gleichzeitig stabil genug halten. Halbwegs haben wir das hinbekommen mit einer Mischung aus Kokosfett und Kakaobutter, aber da muss man viel Zeit investieren und ausprobieren“, sagt Löwer.
Sollte er den Titel „Weltkonditor 2022“ erhalten, muss die Rezeptur stimmen: Der Sieger bereitet für die nächste Jahresversammlung des Konditorenverbandes zum Beispiel ein Schaustück, Dessertteller oder Pralinen vor. Verkündet wird das Ergebnis Anfang September. Ob es neben dem glanzvollen Titel auch ein Preisgeld zu gewinnen gibt? „Nein. Eine Kette zum Umhängen“, sagt Löwer und muss lachen.