„Geweihtes Bildhäuschen“

Seligenstadt - Mehr als 200 Arbeitsstunden hatte der Dieburger Steinmetz und Bildhauer Richard Löbig für die Replik des Wappenbildes an der Seligenstädter Wendelinuskapelle benötigt.
Dieser Tage enthüllte Pfarrer Stefand Selzer im Verlaufe einer Andacht das Exponat am Kapellenplatz. Wie das Original, so kommt auch der Rohling aus der Region Miltenberg. Miltenberger Sandstein ist bekannt für seine feinen Maserungen und wurde seinerzeit nicht zuletzt deshalb in der Barockbildhauerei als Gestaltungselement verwendet. „Die gesamte Aktion ist mit mehr als 15.000 Euro veranschlagt“, ist von Fritz Haas, dem Vorsitzenden des Förderkreises Historisches Seligenstadt, zu erfahren. „Die Ordensbruderschaft vom Steyffel Löffel hat sich bereit erklärt die Kosten für die Wappenkopie in Höhen von mehr 5 000 Euro zu übernehmen. Die Restsumme geht zu Lasten des Förderkreises.“

Das alte Wappen hat in den letzten Jahrzehnten stark unter Unwelt - und Witterungseinflüsse gelitten. In der Steinmetz-Werkstatt von Löbig wurde es gefestigt und die fehlenden Konturen ersetzt. Auf Vorschlag des Förderkreises soll es im geschützten Eingangsbereich des Pfarrzentrums einen neuen Platz finden. Heimatforscher Thomas Laube hat recherchiert und interessante Details zum Bau der Kapelle und ein Bild, das um 1890 entstanden ist, gefunden. Die Informationen stammen aus dem Nachlass von Karl Rettinger. Neben Zeitungsartikeln, die sich mit dem Augsburger Löffel beschäftigten, kam dort auch ein bislang unbekannter Entwurf des Kunstmalers Heinrich Rettinger aus dem Jahr 1882 für einen Neubau der Wendelinuskapelle zum Vorschein. Allerdings wurde der Plan nicht verwirklicht.
Die heutige Wendelinuskapelle wurde unter Verwendung eines Barockportals der Abteikirche von 1772 im Jahr 1885 neu errichtet. Das Portal zierte früher den Haupteingang der Basilika. Die neue Kapelle steht in entgegengesetzter Richtung zur kleineren Vorgängerkirche. Bei dieser waren, so eine Bleistiftzeichnung des Darstädter Landschaftsmalers Heinrich Zernin nach einer Vorlage von Heinrich Hoffmann aus dem Jahr 1883, der Eingang und das von Holzsäulen getragene Vordach nach Westen ausgerichtete. „Ob es sich beim Kapellenstandort um eine uralte Kultstätte handelt, wie der frühere Heimatforscher Dr. Ludwig Seibert vermutet, bleibt unbeantwortet. Allerdings war der Kapellenplatz eine wichtige Wegabzweigung (...) Schon im 16. Jahrhundert befand sich dort ein dem heiligen Wendelinus geweihtes Bildhäuschen“, so Thomas Laube.
mho