Kickers Offenbach: Tränen, Trotz und Dreifach-Torschützen

Das letzte Ligaspiel der Saison war beim Fußball-Regionalligisten Kickers Offenbach in den vergangenen Jahren selten ein Langweiler. Ein Rückblick.
Offenbach – Antriebsloser Abschlusskick oder furioser Finalakt? Auch wenn es für die Offenbacher Kickers seit ihrer Zugehörigkeit zur Regionalliga Südwest sportlich am letzten Spieltag nie um etwas ging, gab es doch einige Kuriositäten, zwei Dreifachtorschützen und manchmal große Emotionen. Bevor sich der OFC mit der Partie bei Eintracht Trier (Samstag 14 Uhr) in die Sommerpause verabschiedet, blicken wir zurück.
2013/14
SC Pfullendorf - Kickers Offenbach 2:2. Damals wie heute gastiert der OFC zum Abschluss beim bereits als Absteiger feststehenden Tabellenletzten. Beide Teams treten mit dem letzten Aufgebot (es stehen jeweils nur 14 Akteure auf dem Bogen) an. Die Kickers starten mit Feim Statovci im Tor, dem Trainer Rico Schmitt zum Abschied seinen ersten (und einzigen) Regionalliga-Einsatz schenkt. Er nimmt ein Gegentor auf seine Kappe. Weil Fabian Bäcker zweimal trifft, knacken die Kickers eine Marke, mit der vor der Saison nicht zu rechnen war. „Wir haben uns die 50 Punkte hart erarbeitet“, so Bäcker. Platz acht wertet er nach den Irrungen und Wirrungen des Zwangsabstiegs aus der 3. Liga als gutes Resultat: „Wir sind menschlich und sportlich gewachsen.“
2014/15
Hessen Kassel - Kickers Offenbach 1:0. Vier Tage vor dem Aufstiegs-Hinspiel beim 1.FC Magdeburg gönnt Trainer Rico Schmitt fast allen Stammkräften eine Pause. Im Tor steht Lucas Menz, zudem dürfen unter anderem Baris Yakut und Mohamed Tahiri ran. „Die Jungs, die gespielt haben, haben sich trotz Niederlage gut präsentiert. Ohne sie in der zweiten Reihe wären wir in der Liga nie so weit gekommen“, sagt Mittelstürmer Markus Müller. Schmitt ergänzt: „Ich hatte keine allzu hohen Erwartungen. Nach vorne fehlte uns die Durchschlagskraft.“ Der Fokus lag zudem schon auf Magdeburg. „Das wird die Hölle“, sagt der Trainer. Wurde es auch.
2015/16
1. FC Saarbrücken - Kickers Offenbach 3:0. Die Kickers haben mal wieder finanzielle Probleme. Vor der letzten Saisonpartie stehen nur fünf Akteure für die kommende Runde unter Vertrag. Einige Spieler belastet die ungewisse Zukunft. „Es war schwer, die Motivation hoch zu halten“, sagt Verteidiger Stefano Maier. Das merkt man. Der OFC spielt schwach, verliert auch in der Höhe verdient. Dazu passt, dass Maier nach einer Notbremse an Kevin Behrens (inzwischen Erstliga-Profi bei Union Berlin) Rot sieht. „Das ist richtig scheiße“, meint er und übt scharfe Selbstkritik: „Ich war einen Tick zu spät, das hatte sich in der Trainingswoche angedeutet, die ein wenig Larifari war.“
2016/17
VfB Stuttgart II - Kickers Offenbach 2:0. Verkehrte Welt in Stuttgart. Die Kickers-Spieler (nur 16 stehen noch auf dem Bogen) sitzen teilweise schon im Bus, als sich das Team noch mal auf den Weg ins Stadion macht. Noch immer feiern dort Fans ihre Mannschaft – trotz 0:2-Pleite bei der VfB-Reserve. „Wahnsinn“, zeigt sich Mittelmann Serkan Göcer begeistert. „Die sind positiv verrückt und haben diese Saison eine enorme Leistung gebracht.“ Die Spieler auch. Trotz des insolvenz-bedingten Abzugs von neun Punkten steht der Klassenerhalt schon vor der Partie in Stuttgart fest. Dort gibt Aaron Frey sein Startelf-Debüt. Pascal Breier trifft für die Gastgeber doppelt.
2017/18
TSV Schott Mainz - Kickers Offenbach 1:5. Der OFC lässt es zum Abschluss noch mal krachen, feiert auch dank eines Dreierpacks von Florian Treske den höchsten Saisonsieg. Fünf Punkte fehlen zur Teilnahme an den Aufstiegsspielen. Die Anhänger reagieren mit Trotz: „Scheißegal in welcher Liga, immer wieder OFC“. Zudem feiern sie den scheidenden Coach Oli Reck. Der reagiert auf die Frage, ob das für ihn eine Genugtuung sei, in der ihm eigenen Art: „Die Leute, die das hier genau beobachten, wissen, was sie mir und meinen Entscheidungen zu verdanken haben. Mehr gibt es nicht zu sagen.“
2018/19
Kickers Offenbach - FC Homburg 0:0. Vor der Partie fließen Tränen – bei Daniel Endres, der sein 223. und letztes Pflichtspiel für den OFC absolvier. Mit einem Jahr Pause stand er seit 1994 bei den Kickers unter Vertrag. Vor dem Anpfiff wird er offiziell verabschiedet, nach der Partie würdigen die Fans mit Plakaten und Spruchbändern die Leistung des Torwarts, der in der 2. und 3. Liga, aber auch in den nicht selten tristen Regionalliga-Zeiten stets den Kickers die Treue gehalten hatte. „Es war ein sehr schweres Spiel für mich“, räumte er nach dem an sportlichen Höhepunkten armen Duell des Vierten mit dem Dritten ein.
2019/20
SV Elversberg - Kickers Offenbach 0:2. Der 23. Spieltag ist – was zu diesem Zeitpunkt noch niemand weiß – schon der letzte. Die Saison wird corona-bedingt vorzeitig beendet. Die im Mittelfeld dümpelnden Kickers verabschieden sich mit einer Überraschung, siegen beim Tabellenzweiten, der vor der Partie 20 Punkte mehr auf seinem Konto hatte. Torhüter Dominik Draband hält den OFC mit einem parierten Elfmeter im Spiel (26.). Dann trumpft Marco Schikora auf. Der gelernte Außenverteidiger wird für den verletzten Tim Dierßen im zentralen Mittelfeld eingewechselt und erzielt einen Doppelpack (65., 90.+3).
2020/21
Kickers Offenbach - 1.FSV Mainz 05 II 1:0. Erstmals nach mehr als acht Monaten ertönt wieder ein Massen-Torschrei auf dem Bieberer Berg. Sebastian Zieleniecki erzielt den entscheidenden Treffer und versetzt die 3000 Dauerkarten-Inhaber, die das Privileg haben, nach einer langen Phase der corona-bedingten Geisterspiele, die Begegnung live im Stadion erleben zu dürfen, in ein Gefühl kollektiver Glückseligkeit. „Das war erst der Anfang - Gemeinsam nach oben“, steht auf einem Plakat. „Es war ungewohnt, aber auch richtig geil, wieder vor Fans zu spielen. Wir hatten fast vergessen, wie sich das anfühlt - auch wenn es ‚nur’ 3000 waren“, sagt Trainer Sreto Ristic. „Wir freuen uns auf jeden Fall schon auf nächste Saison.“

2021/22
Kickers Offenbach - FSV Frankfurt 4:0. Rund drei Wochen nach dem Sieg im Hessenpokal-Halbfinale verpasst der OFC dem FSV die nächste 0:4-Klatsche. Denis Huseinbasic (inzwischen 1.FC Köln) erzielt in seinem letzten Punktspiel für die Kickers seinen ersten Dreierpack. Aber bei der Pressekonferenz „brennt die Luft“, wie FSV-Präsident Michael Görner feststellt. Sreto Ristic, Trainer des OFC, redet sich in Rage, fordert unter anderem ein Umdenken und nimmt sein Team in Schutz, obwohl „das große Ziel nicht erreicht“ wurde: Was es „in einem schweren Jahr“ geleistet habe, sei „unter den Umständen aller Ehren wert“. Zu diesem Zeitpunkt steht schon fest, das sich die Clubführung von Ristic und Geschäfsführer Thomas Sobotzik trennen wird. Daran hindert auch der Hessenpokal-Triumph nichts.
Von Christian Düncher
Kein neuer Vertrag für Richter / Folgt er nun Ristic nach Halle?
Darüber, mit welchen Spielern nicht mehr geplant wird, wollen die Offenbacher Kickers offiziell erst nach der letzten Partie in Trier (Samstag, 14 Uhr) informieren. Zumindest eine Entscheidung ist aber schon durchgesickert. So wurde unseren Informationen zufolge Torhüter David Richter mitgeteilt, dass er kein Angebot zur Verlängerung des auslaufenden Vertrages erhalten wird. Der 24-Jährige war 2021 von Union Fürstenwalde gekommen und nach der Verletzung von Stephan Flauder zur Nummer eins aufgestiegen. In der aktuellen Saison kassierte er bei 26 Einsätzen 28 Gegentore, sieben Mal spielte er zu null. Zuletzt fiel der 1,96 Meter große Torwart, der bei den Fans sehr beliebt war, wegen einer Sprunggelenksverletzung aus. Damit steht für kommende Saison in Maximilian Engl bisher nur ein Schlussmann unter Vertrag. Gerüchten zufolge könnte Richter nun seinem ehemaligen OFC-Trainer Sreto Ristic zum Drittligisten Hallescher FC folgen, der bereits zuvor Interesse an einer Verpflichtung bekundet haben soll. (cd)