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OFC: U19-Kapitän sieht in USA „bessere Perspektiven“

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Von: Christian Düncher

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Wird künftig nicht mehr im OFC-Trikot auflaufen: Linus Dahl wechselt im Sommer von der U19 der Offenbacher Kickers in die US-College-Liga zu den „Patriots“, dem Team der George Mason University.
Wird künftig nicht mehr im OFC-Trikot auflaufen: Linus Dahl wechselt im Sommer von der U19 der Offenbacher Kickers in die US-College-Liga zu den „Patriots“, dem Team der George Mason University. © Hübner

Linus Dahl gehört bei Kickers Offenbach quasi zum Inventar. In ein paar Monaten ist für ihn jedoch Schluss - nach dann fast acht Jahren. Der Kapitän des U19-Bundsligateams wechselt in die US-College-Liga, um Fußball und Studium zu vereinen. Das sei hierzulande nicht möglich, wenn man mindestens bei einem ambitionierten Regionalliga-Klub spielen will, meint er.

Offenbach – Die Entscheidung ist ihm keineswegs leichtgefallen, sie war jedoch wohldurchdacht. „Mein Herz hing lange am OFC, ich werde die Zeit nie vergessen“, sagt Linus Dahl, der bereits seit der U13 für die Offenbacher Kickers spielt. Im Sommer wird er jedoch ein neues Kapitel aufschlagen. Der Kapitän des U19-Bundesliga-Teams geht von Bord, um sein Glück in den USA zu suchen.

Genauer gesagt in der dortigen College-Liga - bei den „Patriots“, dem Team der George Mason University vor den Toren der Hauptstadt Washington D.C.

Es ist nicht Abenteuerlust oder der bloße Wunsch, mal etwas Neues auszuprobieren, die ihn dazu bewogen, in etwas weniger als vier Monaten die Reise über den großen Teich anzutreten, sondern die feste Überzeugung, dort bessere Aussichten zu haben. Und zwar nicht nur sportlich. Es geht dem 18-Jährigen vielmehr ums Gesamtpaket aus Fußball und Studium. Beides zusammen sei hierzulande „nicht möglich“, wenn man mindestens bei einem ambitionierten Regionalliga-Klub spielen will, meint Dahl. „In den USA gibt es bessere Perspektiven“, sagt er und stellt klar: „Ja, das ist durchaus eine Kritik.“ Am deutschen System, in dem sich in den vergangenen Jahren einiges zum Negativen verschoben habe.

Waren Anfang der 90er Jahre in der damals drittklassigen Oberliga Fußball und Beruf beziehungsweise Studium gut vereinbar, fängt Profi-Fußball inzwischen in der 4. Liga an. Das hat Folgen, auch für nachrückende Talente.

„Hierzulande setzen kaum Trainer auf einen Sechser oder Achter wie mich, der aus der Jugend kommt“, so Dahl. Trotz U23-Regel sei es für Talente schwer, im höheren Aktiven-Bereich auf Anhieb regelmäßig Spielpraxis zu erhalten. So bestehe die Gefahr, dass man erst mehrere Spielzeiten weitestgehend auf der Bank verbringe, bevor einem klar wird, dass der Wunsch vom großen Profifußball ein Traum bleibt. „Die zwei, drei Jahre, die ich hier eventuell vergeude, vergeude ich dort nicht“, sagt der Mittelfeldmann mit Blick auf seinen Wechsel in die USA, wo er parallel „auf hohem Niveau Fußball spielen und in drei Jahren meinen Bachelor-Abschluss machen kann“, erklärt der Abiturient, der seine Hochschulreife mit einem Schnitt von 1,7 gemacht hat und an der George Mason University zunächst ein allgemeines Semester absolvieren und erst danach sein Hauptfach (voraussichtlich BWL) wählen wird.

Beim OFC hatte er in der vergangenen Saison zwar unter seinem ehemaligen U19-Trainer Steven Kessler („Linus ist ein Mentalitätsmonster und zugleich im Spielaufbau einer der besten Akteure im Leistungszentrum“) etwas Profi-Luft geschnuppert und war unter anderem im Kreispokal für die erste Mannschaft zum Einsatz gekommen. Selbst die Aussicht auf einen Profi-Vertrag hätte ihn jedoch nicht mehr umgestimmt: „Die Perspektive in den USA ist einfach zu groß.“

Dass es für ihn aufgrund der langen Corona-Pause ohnehin nicht leicht geworden wäre, hierzulande nach Abschluss der Jugendzeit einen Verein im Aktiven-Bereich zu finden, ist Dahl bewusst, war aber nicht der Grund für den Wechsel. Für seinen 2002er-Jahrgang sei der Markt sogar „noch schwieriger“ als für die 2001er, deren letzte Jugend-Saison immerhin 20 Spieltage umfasst hatte. Der Gedanke, es in der College-Liga zu versuchen, sei bei ihm jedoch bereits im Herbst 2019 gereift. „Ich bin von zu Hause aus so erzogen worden, keine Wege auszuschließen“, sagt der Spross einer Akademiker-Familie.

Sein Vater Holger spielte einst für den FSV Frankfurt in der 2. Liga, gab aber stets dem Jura-Studium den Vorzug und trug die Entscheidung mit. „Er hätte das gerne selbst erlebt“, berichtet der Sohn, der sich „auf klassischem Weg“ um ein Stipendium bemühte. Über Martin Zaluk, der deutsche Talente an College-Mannschaften vermittelt (wie Dahls Ex-Mitspieler Fritz Oestreicher und Giuseppe Signorelli), nahm er Kontakt auf und entschied sich bewusst für die George Mason University.

Elmar Bolowich, der deutsche Coach der „Patriots“, sei im Collegebereich „eine Trainerlegende“, schwärmt Dahl. „Er stellte ein Team mit vielen Spielern aus deutschen Leistungszentren zusammen. Ziel ist es, in zwei, drei Jahren Meister zu werden.“ Einmal habe Bolowich schon die National Championship gewonnen und über 45 Spieler in die Profi-Liga MLS gebracht. Daher sei er dort genau richtig, meint der Königsteiner: „Ich will einen akademischen Abschluss machen, um mich später finanziell absichern zu können, aber zugleich die Chance erhalten, es im Profi-Fußball zu probieren.“

Von Christian Düncher

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