Ausgeschiedener Nico Kurz sitzt in London fest

Das Ostheimer Darts-Wintermärchen ist seit Montag ausgeträumt, aber das deutsche Darts-Wintermärchen geht noch etwas weiter. Nico Kurz verlor in der zweiten WM-Runde im ersten deutschen Duell der WM-Geschichte gegen den Saarländer Gabriel Clemens mit 1:3 Sätzen – und sitzt nun wegen Corona in London fest.
London – Für den 23-Jährigen heißt es nun: Geduld beweisen. Denn Deutschland stellte aufgrund der neu entdeckten und mutierten Coronavirus-Variante seit Montag sämtlichen Reiseverkehr aus Großbritannien zunächst bis zum 31. Dezember ein. Das Fährterminal im englischen Dover ist geschlossen, der Eurotunnel ebenfalls gesperrt.
Kurz, der mit zwei Freunden im Auto nach London gefahren war, meinte: „Wir müssen warten und hoffen, dass der Eurotunnel vor Heiligabend wieder freigegeben wird. Bis dahin müssen wir im Hotel bleiben.“
Kurz drückt jetzt dem Gegner die Daumen
Und er wird dem Gegner, der ihn besiegte, die Daumen drücken. „Im ersten Moment ist man nach der Niederlage natürlich etwas enttäuscht. Aber es geht weiter und die WM geht auch weiter. Ein Deutscher ist noch im Rennen und jetzt drücken wir alle Gaga die Daumen“, sagte Kurz nach seiner Niederlage ohne Neid oder Missgunst.
Der 23-jährige Hesse und der 37-jährige Saarländer kennen sich schon lange und sind gut befreundet. In den ersten zwei Sätzen im Londoner Alexandra Palace lief bei beiden nicht viel zusammen. „Das ist schon etwas anderes, wenn man gegen einen Freund bei der WM spielt. Wir waren beide nervös, das hat man gesehen. Im Vorfeld einer solchen Partie möchte man in Interviews natürlich nicht gerne über diese Nervosität sprechen“, so Kurz.
Nervös vor dem Spiel
Nervosität, die man dem gelernten Industriemechaniker vor allem im ersten Satz anmerkte. Kurz hatte nur noch 25 Punkte Rest und hätte mit drei Pfeilen den ersten Satz für sich entscheiden können. Doch Kurz traf mit dem ersten Pfeil anstatt in die 9 (für Doppel-8-Rest) nur in die 14 und hatte somit noch elf Punkte. Den zweiten Pfeil wollte er in die 3 (für Doppel-4-Rest) werfen, traf aber die 19 und überwarf sich. Clemens nutzte diesen Patzer und holte sich den ersten Satz. „Ich hatte in dieser Situation Glück. Ich weiß, wie stark Nico spielen kann und dass ihm so etwas normalerweise nicht passiert“, so Clemens nach dem Spiel.
Im zweiten Satz zeigte Kurz, was er drauf hat. Er verlor zwar das erste Spiel des dritten Satzes, doch dann folgten ein 160er-, ein 123er- und ein 161er-Finish und er schaffte den Satzausgleich.
Es sollte der letzte Satzgewinn des Ostheimers bei der diesjährigen WM bleiben. Danach drehte der Saarländer auf und wurde immer stärker.
Kurz ist aktuell die Nummer 128 der Welt, Clemens die 31. Während der 23-Jährige den Darts-Sport immer noch als Hobby betreibt, ist der 37-Jährige seit drei Jahren Profi und hat deutlich mehr Erfahrung auf den großen Bühnen der Szene.
Clemens schnappte sich den dritten Satz und verwandelte im vierten Satz seinen sechsten Matchdart zum 3:1-Sieg.
Erstes deutsches WM-Duell
Ein Millionenpublikum verfolgte in Deutschland das erste deutsche Duell bei einer Darts-Weltmeisterschaft am TV und im Internet (siehe Infobox). Sogar die Engländer waren fasziniert von der Partie. „Das war ein unglaubliches Spiel von den beiden. Es war brillant und sehr spannend. Das war Werbung für Darts in Deutschland“, sagte der ehemalige englische Weltklasse-Spieler und jetzige TV-Experte Wayne Mardle.
Nico Kurz war nach der Partie schnell wieder gefasst: „Am Ende hat Gaga besser gespielt und auch verdient gewonnen.“
Clemens lobte seinen Gegner: „Ich weiß ganz genau, dass es auch hätte anders ausgehen, wenn Nico noch mal aufgedreht hätte. Er ist ganz nah an den besten Spielern dran und ich hoffe, wir werden ihn in Zukunft öfter auf der Bühne sehen.“
Während sich Clemens mit dem Einzug in die dritte Runde 27 500 Euro sicherte, darf Kurz immerhin 16 500 Euro mit nach Hause nehmen.
Clemens spielt nun am 28. Dezember in der dritten Runde gegen den amtierenden Weltmeister Peter Wright.
Bis dahin ist er ebenso wie Kurz im Corona-Hotspot London gefangen.
Für den Ostheimer war seine zweite Weltmeisterschaft wieder ein großes Abenteuer. Bis er wieder nach Hause darf, kann er im Trainingsraum des Hotels weiter trainieren. Im Januar findet die Qualifikation zur Profitour in England statt. Nico Kurz wird mitspielen und vielleicht gelingt ihm ja der Sprung in die Profikarriere schneller, als er denkt.
Von Heiko Lehmann