Der Kälte zum Trotz: Möve Großauheim eröffnet beim Anrudern die neue Saison

Es dauert seine Zeit, bis die fünf Ruderboote der „Möven“ im Wasser sind. Zuerst müssen sich die Großauheimer Ruderer einig werden, in welcher Konstellation sie fahren wollen an diesem Sonntagmorgen. Denn beim Anrudern - dem Auftakt in die neue Saison der Ruderer im Frühling - geht es nicht darum, in seiner Leistungsklasse zu rudern, sondern dass alle zusammenkommen, sich austauschen und in neuen Besetzungen voneinander lernen können.
Hanau – Als Mia Eisenschmidt zusammen mit drei Vereinskameradinnen ihr Boot in den Main gleiten lässt, stellt sie fest, wie klar das Wasser ist. Sie könne bis auf den Grund sehen. Es läge daran, dass die Mühlheimer Schleuse gesperrt sei und so der Schiffsverkehr gestoppt wird. Doch eigentlich möchte sie gar keine so gute Sicht haben, sagt sie, denn tiefes Wasser mache ihr ein bisschen Angst. Trotzdem freut sie sich, aufs Wasser zu kommen. Zum bis dahin letzten Mal ist sie beim Abrudern im vergangenen Herbst ins Boot gestiegen.
Mia Eisenschmidt kommt aus einer Ruderfamilie
Und auch jetzt hält sie das klare Wasser nicht ab. Im Gegenteil ist es die Natur, die bei ihr sehr stark zur Begeisterung für das Rudern beiträgt: „Wir haben hier wirklich ein echt tolles Stück Main bekommen. Ich mag, dass Rudern ein Teamsport ist und sich zusammen in der Natur zu bewegen, hat etwas Meditatives“, sagt die 18-Jährige. Es ist nicht ihr erstes Anrudern. Seit 2019 ist sie beim Ruderclub Möve, doch sie rudert schon viel länger. „Ich komme aus einer Ruderfamilie“, erzählt die Schülerin, die auf der Hohen Landesschule auf ihr Abitur hinarbeitet. Als Kind habe sie Rudern als Leistungssport betrieben. Gewechselt ist sie zusammen mit ihrer Mutter von der Hanauer Rudergesellschaft, nachdem sie eine Pause vom Rudern gemacht und sich gegen den Leistungsdruck entschieden hatte: „Ich fand den Verein schon immer süßer. Hier spüre ich keinen Leistungsdruck, sondern ich kann Rudern als schönen Freizeitsport machen.“ Ihre Erfahrungen gibt sie mittlerweile, nachdem sie ihren Trainerschein gemacht hat, auch als Trainerin an die circa 20 bis 25 Kinder und Jugendliche des Vereins weiter.

Zwei Vierer-Boote haben die Jugendlichen beim Anrudern gefüllt. Sie scheuen sich nicht vor den Minusgraden, die am Morgen geherrscht haben. Auch wenn die Sonne auf dem Main glitzert, liegen noch Schneereste an den Stellen, wo die Strahlen noch nicht hingekommen sind. Die Erwachsenen sind mit zwei Achtern und einem Zweier auf dem Wasser. Sobald sich alle sortiert und gesammelt haben, entfernen sich die Boote schnell vom Anleger und verschwinden hinter der nächsten Biegung. Andere Mitglieder der Möve kommen vorbei und gucken nach den Booten. Sie erzählen sich lachend, dass es für sie selbst noch zu kalt ist, um die Saison einzuleiten. So kalt sei es beim Anrudern auch noch nie gewesen.
Die Kälte schreckt aber nicht jeden ab. Nach etwas mehr als einer Stunde kommen Goran Gavrilovic und Karina Teuber zurück an Land. Sie sind zufrieden. Für Gavrilovic, der seit über 20 Jahren den Verein kennt und seit 35 Jahren rudert, ist es Routine. Der gebürtige Serbe ist schon für verschiedene Vereine bei Regatten erfolgreich angetreten, hat Titel gewonnen und ist in seiner Altersklasse aktueller Weltmeister. Für seine Partnerin ist es erst das zweite Mal im Ruderboot gewesen. „Es war toll, hat Spaß gemacht“, sagt Teuber. Gavrilovic, der auch als Trainer im Verein tätig ist, muss zugeben, dass die beiden außerhalb des Bootes bisher noch besser harmonieren als beim Rudern, lobt seine Partnerin aber trotzdem: „Für das zweite Mal war es sehr gut.“

Dem Paar ist es nicht darum gegangen, Leistungen zu erzielen. Es soll Spaß machen. „Es ist nicht wichtig, dass alles heute perfekt klappt. Wichtig ist das Zusammensein“, sagt Gavrilovic. Es sei - auch nach der langen Corona-Zeit - wichtig, präsent zu sein im Verein und die Gemeinschaft zu stärken. Dabei lassen sich die beiden auch nicht von Kälte und Wind stören. Beim Rudern sei es auch gar nicht kalt gewesen. „Wenn man sich bewegt, spürt man die Kälte nicht“, sagt Teuber. (Von Theresa Ricke)