„Entwicklung geht weiter“ bei Frauen der HSG Rodgau

Ergün Sahin, Trainer der Drittliga-Handballerinnen der HSG Rodgau Nieder-Roden, ist mit dem bisherigen Rundenverlauf sehr zufrieden und hat auch allen Grund dazu. Wir haben mit ihm vor dem Start in die Restsaison gesprochen.
Nieder-Roden – Seit Oktober 2021 trainiert Ergün Sahin die Drittliga-Handballerinnen der HSG Rodgau Nieder-Roden. Der A-Lizenz-Trainer steht mit seinem Team aktuell auf dem fünften Platz der Staffel Süd-West. Im Interview spricht er über Herausforderungen und Ziele des Drittligisten, der am Samstag (18.30 Uhr) mit der Partie bei der TSG Eddersheim in die zweite Saisonhälfte einsteigt.
Sie sind aktuell in Ihrer zweiten Saison in Rodgau als Trainer tätig. Wie zufrieden schauen Sie auf die vergangenen rund eineinhalb Jahre zurück?
Sehr zufrieden. Ich blicke gerne zurück und vor allem darauf, wie herzlich ich von Mannschaft und Verein aufgenommen wurde. Für mich sehr wichtig ist die Verzahnung mit der sportlichen Leitung, Betreuerstab und Physiobereich, das alles klappte sehr schnell schon sehr gut. Da bin ich jedem Einzelnen im Team sehr dankbar für die investierte Zeit, was alle auf sich nehmen für die jeweiligen Spielerinnen. Sportlich haben wir unglaubliche, positive Schritte nach vorne gemacht. Auch wenn uns Verletzungen und Krankheiten auf unserem Weg in der dramatischen Saison 2020/21 im Wege standen, haben wir gemeinsam diese schwierige Zeit souverän gemeistert. Nicht zu vergessen sind die Heim- und Auswärtsspiele mit der unfassbar tollen „roten Kulisse“. Ein herzliches Dankeschön an alle Fans, die eine unglaubliche Stimmung entstehen lassen und jede Minute hinter ihrer Mannschaft stehen.
Was zeichnet die Mannschaft aus?
Es steckt unglaublich viel Potenzial in ihr. Nach dem Klassenerhalt hatten alle anschließend nur eine kurze Pause zur Vorbereitungsphase auf die aktuelle Saison und trotzdem zogen alle mehr als nur sehr gut mit. Diese Mannschaft hatte letztes Jahr einen Altersdurchschnitt von etwa 23 Jahren, jetzt ist sie noch einmal durch Jule Krüger (18), Jil Riecke (18) und Marharyta Tomashevska (17) verjüngt worden. Wir haben in allen Bereichen fleißig gearbeitet und jede einzelne Spielerin hat sich nochmals ein bis zwei Schritte spezifisch weiterentwickelt. Was wir in dieser kurzen Zeit gesät haben, ernten wir jetzt und das ist hervorragend. Ich kann sagen, dass wir auf dem richtigen Kurs sind und noch nicht unsere volle Fahrt erreicht haben.
Nach elf Spielen steht die HSG bei 14:8 Punkten. Es waren auch einige enge Spiele dabei, die erst in den letzten Sekunden gewonnen wurden. Wie zufrieden sind Sie rein mit der Punkteausbeute?
Wenn man ehrlich ist, ist man nie zufrieden und trotz allem bin ich stolz auf meine Mannschaft. Die 14:8 Punkte zum Zeitpunkt des Jahreswechsels hätte zu Beginn der Saison keiner erwartet. Natürlich tun solche Spiele wie in Pforzheim oder Mainz weh, weil man weiß, dass man die Chance hatte, etwas mitzunehmen. Auch gegen die Favoriten Freiburg und Bensheim/Auerbach haben wir daheim überzeugt, auch wenn die Spiele verloren gingen. Das waren enge Spiele und wenn wir unsere Qualität 60 Minuten lang durchziehen, bin ich mir sicher, dass wir immer die Chance haben, auch solche Gegner besiegen zu können. Genau das spiegelt sich in den knappen Spielen wieder, in denen kleine Dinge ausschlaggebend waren. Wir hatten einige Spiele, die wir vergangene Saison noch aus der Hand gegeben hätten. Da hat sich meine Mannschaft bewährt, in solchen dramatischen Spielen ihre Erfahrung abzurufen und kollektiv Moral zu beweisen. Klar ist auch, dass so was immer auch anders laufen kann. Deshalb wollen wir in den kommenden Spielen Kontinuität zeigen und abgezockter werden.
Und wie zufrieden sind Sie mit der spielerischen Leistung sowie Entwicklung?
Da haben wir große Fortschritte gemacht. Mittlerweile spielen wir mit mehr Ruhe, Geduld, Übersicht und vor allem abgeklärter. Auch im Tempospiel haben wir uns weiterentwickelt. Bei hohem Tempo den Ball mit einer Hand zu fangen und ohne zu tippen weiter abzuspielen, gelingt uns mittlerweile ohne Probleme. Das ist von der Behandlungsweise absolutes Topniveau und bestätigt unsere gute Arbeit. Ob in der Abwehr oder im Angriff, wir sind kollektiv zusammengewachsen. Trotzdem wollen und können wir uns nicht darauf ausruhen. Die Entwicklung geht weiter und wir wollen unsere Ziele nicht aus dem Fokus verlieren.
Ihr Team ist sehr jung. Wie viel Spaß macht das mit so einer Mannschaft zu arbeiten? Und andererseits: Wie viel Lehrgeld muss man dann auch zahlen?
Es macht mir unheimlich viel Spaß mit diesen wertvollen Menschen zu arbeiten und jede einzelne Spielerin hat einen Platz in meiner linken Brust. Es freut mich sehr, wie jede einzelne Spielerin – ob jung oder alt – sich stetig weiterentwickelt. Natürlich zahlen sie auch mal Lehrgeld. Gerade, wenn es um individuelle Dinge geht, erwarte ich sehr viel von meinen Spielerinnen, wobei der Ton auch mal härter ausfällt, was vor allem die jungen Spielerinnen lernen müssen. Der Erfolg kommt leider nicht mit einem Fingerschnippen. Die Mannschaft trainiert dreimal in der Sporthalle plus einmal zusätzlich in der Woche im Fitnessstudio. Wenn wir ein freies Spielwochenende haben, versuchen wir ein Testspiel zu absolvieren, damit wir im Wettkampfmodus bleiben. Das ist ein erforderlicher Rahmen, den wir brauchen und ausgezeichnet umsetzen.
Worauf legen Sie im Training Wert?
Es gehört viel Spaß dazu. Aber mir ist auch wichtig, in jeder Trainingseinheit das Blickfeld zu erweitern. Geduld zu haben, darauf zu vertrauen, dass alles zum richtigen Zeitpunkt kommt, ist das Schwierigste im Leben sowie auch im Handball. Aber ich glaube an das Können meiner Spielerinnen und das Vertrauen an diese Mannschaft wird auch nie verloren gehen. Mich hat es überwältigt, wie viele unterschiedliche und starke Spielertypen hier vertreten sind. Daher werden wir auch weiterhin einige Erfolge und Überraschungen an den Tag legen können, davon bin ich überzeugt.
Ihr Team startet erst jetzt wieder in den Ligabetrieb. Auf was haben Sie in der Vorbereitung besonderen Wert gelegt?
Wir hatten eine längere Pause als alle anderen Teams und das ist auch nicht schlimm. Das gab uns die Zeit, um Verletzungen auszukurieren und bestimmte Bereiche zu verfeinern. Mir war es wichtig, dass wir mit Spaß, Leidenschaft und Enthusiasmus an jedes Training und Testspiel herangegangen sind. Wir nutzten diese Zeit, um uns physisch sowie auch mental auf die kommenden Aufgaben vorzubereiten.
Wo steckt Ihrer Meinung nach noch das meiste Entwicklungspotenzial?
Wir wollen im Angriff unseren Ball schneller zirkulieren lassen, in Stresssituationen die bestmögliche Entscheidung für Torchancen erkennen und mit Kaltschnäuzigkeit abschließen. Auch das Rückzugsverhalten haben wir aktuell im Training im Fokus. In der Abwehr wollen wir leistungsfähiger das Spiel lesen und sofort handeln, sodass wir schnellstmöglich wieder in Ballbesitz kommen und dann direkt zum Tempospiel umschalten können. Wenn wir das schaffen, werden wir auch vorne effizienter sein und mehr klare Torchancen haben.
Was erwarten Sie sich von dem ersten Duell im neuen Jahr 2023 gegen Eddersheim? Gegen den Tabellenachten hat Ihre Mannschaft bereits in diesem Jahr bei einem Vorbereitungsturnier zweimal gewonnen.
Das Testturnier in Größenlüder/Hainzell dürfen und wollen wir nicht überbewerten. Es waren einwandfreie Testspiele, daraus wollen wir ein Fazit ziehen und uns das nötige Selbstbewusstsein holen. Auch wenn wir gegen Eddersheim zweimal positiv überzeugten, ist das nicht die Garantie, dass wir es in Eddersheim einfach gemacht bekommen.
Welche Erwartungen haben Sie an die Restsaison und gibt es ein konkretes Ziel?
Meine Erwartungen sind, dass wir das, was wir uns im Training und in den Spielen erarbeitet haben, eins zu eins und zu 100 Prozent umsetzen und wir wieder an unsere Leistung wie im letzten Pflichtspiel in Wittlich anknüpfen. Dann erreichen wir unsere gesteckten Ziele Schritt für Schritt.
Das Gespräch führte
Niklas Mamat