BSC Offenbach für 2. Liga eine Nummer zu groß

Nach der Hinrunde liegt der BSC Offenbach in der 2. Rugby-Bundesliga West erwartungsgemäß klar auf Aufstiegskurs. Ex-Nationalspieler Robert Haase ist „optimistisch, sofern uns Corona kein Bein stellt“. Allerdings wird ein wichtigere Akteur lange fehlen.
Offenbach – Mehr Dominanz geht nicht: Nach fünf Saisonspielen, in denen der BSC Offenbach das Maximum von 25 Zählern holte, führt der ehemalige Erstligist die Tabelle der 2. Rugby-Bundesliga West bereits mit fünf Zählern Vorsprung an. Im Schnitt gewann die Mannschaft vom Eichwald ihre Begegnungen mit 78:13.
Zur Halbzeit der Saison ist somit bereits klar, was vor Beginn der Runde befürchtet worden war: Die ambitionierten Offenbacher, die ihrem ohnehin starken Profikader noch mal eine gehörige Portion Qualität hinzugefügt hatten, sind für diese Liga eine Nummer zu groß.
Das Zwischenfazit von Robert Haase fällt dennoch verhalten aus. Man sei „zufrieden“ mit der Hinrunde, sagt der Vize-Kapitän. Von einer perfekten ersten Saisonhälfte kann seiner Meinung nach jedoch keine Rede sein. Denn: „Wir haben auf keinen Fall unser volles Potenzial ausgeschöpft. In zwei, drei Spielen haben wir nicht komplett abgeliefert.“ Haase meint damit vor allem das Derby beim SC Frankfurt 1880 II (41:31) sowie die Partie beim RSV Köln (41:5 nach 12:0-Pausenstand).
Hauptgrund ist laut Haase, dass das Team in der 2. Liga zu selten richtig gefordert wird. „Sobald im Spiel ein wenig Druck da ist, fallen wir etwas aus unserem System herraus“, sagt er. „Ich denke jedoch, dass wir aus diesen Spielen gelernt haben. Uns kommt zudem zugute, dass inzwischen der Großteil der Mannschaft zweimal pro Woche gemeinsam in Offenbach trainiert, sodass man an diesen Punkten arbeiten und es im nächsten Spiel besser machen kann. Das war in den letzten Jahren nicht der Fall, weil wir auf Spieler angewiesen waren, die nur zu den Spielen kamen.“
Vor der Saison hat der BSC Offenbach beispielsweise den Anteil der Akteure reduziert, die aus Frankreich zu den Begegnungen angereist waren. Stattdessen wurde unter anderem der mexikanische Nationalspieler Gonzalo Pons Fleitas verpflichtet und in Mömbris untergebracht, wo BSC-Sponsor CoreTechnologie seinen Hauptsitz hat. Auch andere vor der Saison geholte Akteure haben internationale Erfahrung: Onisimo Seremaia war bereits für Deutschland im Einsatz, Kickspezialist Smilko Debrenliev ist bulgarischer Nationalspieler und Chris Holmes (unter anderem einst RK Heusenstamm) gewann mit dem SC Frankfurt 1880 die Deutsche Meisterschaft. Viel individuelle Klasse also. Das Zusammenspiel kann und muss besser werden.
Haase will das jedoch nicht überbewerten. Unterm Strich habe man jedes Spiel mit Bonuspunkt (für mehr als drei gelegte Versuche) gewonnen, „sodass wir dem weiteren Saisonverlauf optimistisch entgegenblicken können“. Zumal die Einstellung trotz einiger Zeitstrafen und sogar einer Roten Karte stimme. Als Beleg führt er das Derby in Frankfurt an: „Obwohl unsere Leistung dort unterdurchschnittlich war, gelang es uns dank einer starken kämpferischen Leistung, das Spiel für uns zu entscheiden.“ Das sei keine Selbstverständlichkeit. „Bei einem Team, das seit beinahe drei Jahren fast jede Begegnung in einem offiziellen Wettbewerb ungefährdet gewonnen hat, ist es extrem wichtig, dass auch das funktioniert“, so der 26-Jährige.
Auch aus diesem Grund sehe er der restlichen Runde inklusive der Play-offs zur 1. Liga „sehr, sehr zuversichtlich entgegen“, sagt Haase. „Für mich haben wir absolut Erstliga-Qualität, sodass uns eigentlich kein Team davon abbringen sollte, aufzusteigen, sofern wir am jeweiligen Tag unsere Leistung auf dem Rasen abrufen.“ Der Ex-Siebener-Nationalspieler kann es beurteilen, er war im Oberhaus bereits für die RG Heidelberg aktiv.
Als ärgsten Konkurrenten in den Play-offs hat Haase den RC Rottweil ausgemacht, der die Tabelle in der Süd-Gruppe anführt. Zwar nicht mit maximaler Punktzahl wie der BSC im Westen, jedoch ebenfalls souverän. Der Vorsprung auf den Zweiten StuSta München beträgt schon sieben Zähler. Aber auch das macht dem BSC keine Angst. „Die gesamte Mannschaft ist sehr optimistisch, dass der Aufstieg gelingt, sofern uns Corona kein Bein stellt.“ Wie sich das anfühlt, haben die Offenbacher schon leidvoll erfahren. 2020 stürmten sie ebenfalls schier unaufhaltsam der 1. Liga entgegen. Damals wurde jedoch pandemie-bedingt entschieden, die Saison abzubrechen sowie den Aufstieg auszusetzen. (Von Christian Düncher)
Notoperation bei Spielertrainer Cameron-Dow
Wynston Cameron-Dow, der Spielertrainer des BSC Offenbach, muss lange pausieren. Er hat sich in Lissabon auf der ersten Station der „Tens Championship“ (Turnierserie mit zehn Spielern pro Team) schwer verletzt. Was nach einem Schlag auf die Wade zunächst wie „ein normales Hämatom“ aussah, stellte sich sieben Tage später als Blutgerinsel heraus („Mein ganzes Bein war blau“), das per Notoperation entfernt werden musste. Der 32-Jährige wird sich in der zweiten Hälfte der Saison wohl aufs Coachen konzentrieren müssen. Die „Tens Championship“ behält er dennoch in guter Erinnerung: „Das ist ein großartiges Event mit hoher Qualität.“ Gegen internationale Stars wie Cecil Afrika (Südafrika) und Harry McNulty (Irland) zu spielen, sei eine „unglaubliche Erfahrung“ gewesen. (cd)